Es ist ein erschreckendes Beispiel aus dem vergangenen Jahr: Auf der Plattform Telegram tauschten sich tausende Nutzer in Gruppen darüber aus, wie sie Frauen betäuben und vergewaltigen können. Einige boten ihre Partnerinnen anderen Usern zum Missbrauch an - die Bilder und Videos der Vergewaltigungen teilten die Täter dann in den Gruppen untereinander. Journalistinnen und Journalisten des NDR-Formats "Strg_f" entlarvten damals das Vergewaltiger-Netzwerk. Niedersachsens Justizministerin will gegen solche Täter vorgehen.
"Frau Wahlmann, sie wollen den Besitz von Vergewaltigungsvideos unter Strafe stellen. Wie kann es denn überhaupt sein, dass es bislang nicht strafbar ist, solche Videos zu besitzen?"
"Ja, das finde ich auch völlig unfassbar. Ich habe davon Kenntnis genommen. Sie kennen ja den Fall Pelicot aus Frankreich und einen ähnlichen Fall gibt es auch in Niedersachsen. Da hat ein Mann seine Frau über 15 Jahre hinweg fast an jedem Wochenende oder jedenfalls regelmäßig betäubt und vergewaltigt aufs Übelste und das dann ins Internet gestellt und die Polizei ist ihm auf die Spur gekommen durch das Ausheben eines solchen Netzwerkes und hat dann über die IP Adresse rausgefunden, wer das ist. Hat bei dem Mann zu Hause durchsucht und erst in dem Moment hat die Frau wahrgenommen oder wurde darüber informiert was mit ihr passiert ist."
Der reine Besitz von Vergewaltigungsvideos ist bislang nicht unbedingt strafbar, eine Lücke im Gesetz die die Justizministerin schließen will.
"Da dachte ich mir, das kann doch überhaupt nicht sein , dass das nicht strafbar ist. Überprüft es bitte noch mal genauer. Und dabei ist rausgekommen , dass tatsächlich der Besitz nicht strafbar ist und auch das Weiterverbreiten nicht unter allen Umständen strafbar ist. Nur, wenn man es an ein offenes Netzwerk weiterverbreitet, also an eine unbestimmte Vielzahl von Personen. Dann ist es strafbar. Wenn man aber in einer geschlossenen Chatgruppe zum Beispiel das verbreitet an Personen, die einem namentlich bekannt sind oder von der Nummer her bekannt sind, dann ist es nicht strafbar. Und das finde ich wirklich unfassbar. Und das muss geändert werden."
"Jetzt wollen Sie auf der nächsten Justizministerkonferenz einen Antrag hierzu vorschlagen. Was stellen Sie sich da vor? Was soll da genau drinstehen?"
"Also ich möchte, dass auch der Besitz und die Verbreitung von Vergewaltigungsvideos unter Strafe gestellt wird. Und das soll angeknüpft werden an den Tatbestand der Kinderpornografie. Da ist es ja strafbar. Das sieht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Und das stelle ich mir eben auch bei Vergewaltigungsvideos vor. Da hat man dann einen relativ breiten Spielraum. Man hat ja auch Fälle, in denen es vielleicht einmal vorgekommen ist, der Täter nicht vorbestraft. Und andere Fälle, in denen es massenweise konsumiert wurde. Da wird man dann höher gehen vom Strafrahmen her."
Für wie realistisch halten Sie es denn , dass dieser Antrag Erfolg haben wird ? Das Bundesjustizministerium hat da oder sieht da ja bislang eher keinen Handlungsbedarf."
"Ich halte das für sehr realistisch, dass der Antrag Erfolg haben wird. Wir haben nämlich eine Vorabstimmung gemacht mit den Abteilungsleitern der Strafrechtsabteilungen, und da ist das 16 zu null ausgegangen. Das heißt, alle Bundesländer haben zugestimmt, und ich habe auch mit meinen Kolleginnen und Kollegen schon gesprochen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass alle dafür sein werden."
Das Weiterverschicken der Videos in Chatgruppen fördere außerdem die Begehung weiterer Taten, da sich die Mitglieder gegenseitig oft motivierten und austauschten, so die Ministerin. Damit soll jetzt Schluss sein. Klar sei aber auch: Eine mögliche Gesetzesänderung sei nur ein Schritt in die richtige Richtung, um Frauen besser vor Gewalt zu schützen.