RTL-Luftfahrtexperte Ralf Benkö zum Flugzeugabsturz in Washington

Warum haben die Warnsysteme nicht angeschlagen?

Wie konnte es zu dieser Katastrophe kommen?
Dass ein Hubschrauber mit einer Passagiermaschine kollidiert, ist für den RTL-Luftfahrtexperten Ralf Benkö eigentlich „schwer vorstellbar.“ Doch das Unglück von Washington zeige, dass es trotz technischer Hilfsmittel ein „Restrisiko“ gebe. Benkö erklärt, warum das Kollisionswarnsystem TCAS den Absturz nicht verhinderte.

„Klarheit können nur die Ermittlungen bringen“

Der Experte geht davon aus, dass „eine Verkettung vieler Faktoren“ für den Absturz verantwortlich ist. Denkbar auch, dass „jemand ein Kommando eines Fluglotsen falsch versteht“ - dann gehe es um Sekunden. Benkö macht aber zugleich deutlich, dass so kurz nach einem Unglück vieles Spekulation sei. „Klarheit können nur die Ermittlungen bringen.“

Lese-Tipp: Passagiermaschine stürzt nach Kollision mit Militär-Hubschrauber in Washington ab

Auch der Luftfahrt-Profi Heinrich Großbongardt nennt es eine „kaum vorstellbare Konstellation, dass ein Hubschrauber so kurz vor der Landung den Weg eines Passagierflugzeugs queren kann.“ Er verweist darauf, dass es in den USA seit längerem Berichte darüber gebe, dass die Flugsicherung überfordert und die Mitarbeiter überarbeitet seien.

Möglicherweise sei es auch „schlichtweg durch einen Kommunikationsfehler“ zu der Situation gekommen. Zu bedenken sei auch, dass zur fraglichen Zeit „nahezu im Minutentakt“ Flugzeuge auf dem Airport landeten.

Video: Hat das Warnsystem im Cockpit nicht funktioniert?

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Warnsystem TCAS erst ab gewissen Flughöhen voll aktiv

RTL-Experte Benkö erläutert, warum das Kollisionswarnsystem TCAS in geringen Höhen wie bei der Landung nur eingeschränkt zu nutzen ist. „Kurz vor der Landung könnten plötzliche, automatische Ausweichbefehle an die Piloten - in geringer Höhe - selbst möglicherweise eine Gefahr darstellen“, sagt er. Beispielsweise, wenn man an einen Fehlalarm denkt. „Das Kollisionswarnsystem an Bord wird deshalb normalerweise erst ab gewissen Flughöhen voll aktiv“, so Benkö.

Lese-Tipp: Ehemann wartet am Flughafen auf seine Frau : „Ich bete nur, dass jemand sie gerade aus dem Fluss zieht“

Blick auf ein TCAS-Kollisionswarnsystem (M) im Cockpit einer 737-800 der Air Berlin am 11.7.2002 im Flug über der Schweiz.
TCAS-Kollisionswarnsystem (M) in einem Flugzeug-Cockpit (Symbolfoto)
dpa / Achim Scheidemann

Beim aktuellen Fall in Washington liege die Verantwortung unter anderem beim Fluglotsen, der Maschinen Kurse vorgeben sollte, die sie auch beim Anflug in sicherem Abstand halten. „Es wird hier eine der Fragen sein, ob es so kurz vor der Landebahn ausreichend war, wenn sich bisherige Informationen zu Funksprüchen bestätigen, die Helikopter-Piloten aufzufordern, der anfliegenden Verkehrsmaschine auf Sicht auszuweichen“, sagt er. „Das ist sicher einer der Bereiche, in denen jetzt genau ermittelt wird, mit Blick auf mögliche Fehler der Helikopterpiloten und Lotsen.“

Lese-Tipp: Zehnter Jahrestag der Germanwings-Katastrophe – Chronik eines beispiellosen Verbrechens

Bei der Kollision des Passagierflugzeugs beim Landeanflug auf den Reagan-Flughafen mit einem Militärhubschrauber waren beide Maschinen in den Fluss Potomac gestürzt. Es wird befürchtet, dass alle 64 Menschen an Bord des Flugzeugs sowie die dreiköpfige Hubschrauber-Besatzung ums Leben gekommen sind. (uvo)