Deutsche Familie überlebt in 314 Metern Höhe
Noch ein letztes Eis für die Kinder – dann passiert das Horror-Erdbeben in Thailand

Es ist der letzte Tag eines langen Traumurlaubs.
Zwei Monate Thailand. Ein letzter Aussichtspunkt. Doch dann bebt der Boden – und die Welt einer Familie aus Wolfradshof (Mecklenburg-Vorpommern) gerät ins Wanken.
Familie aus Mecklenburg-Vorpommern erlebt Thailand-Erdbeben mitten in Bangkok
Bangkok, 28. März 2025. Es ist der letzte Tag. Zwei Monate Thailand, ein Familienabenteuer zwischen Palmen, Märkten, Stränden. Zum Schluss der Reise steht noch einmal die Millionenmetropole auf dem Programm. Noch ein Eis für die Kinder, noch ein Foto zum Abschied. Noch einmal hoch hinaus. Liesa (34) steht mit ihrer Familie im 74. Stock des King Power Mahanakhon-Gebäudes, 314 Meter hoch.
Die Mutter zweier Kinder hat Höhenangst. Aber sie möchte sie überwinden: „Kurz zuvor hatten wir den Kindern noch ein Eis gekauft, damit sie kurz schlecken und wir Fotos machen können. Ich stand gerade am Fenster – und das war für mich eine Überwindung, weil ich Höhenangst habe. Ich dachte noch: Du stellst dich deiner Angst, du schaffst das.”
Doch dann beginnt der Boden zu wanken.
Erst glaubt sie, es sei ihr Kopf. Vielleicht die Höhe. Vielleicht die Angst, die ihr einen Streich spielt. Aber das Wackeln wird immer stärker. Das Zittern geht durch das Gebäude, durch die Körper, durch die Gedanken. „Ich drehte mich um und realisierte: Wow, der ganze Turm wackelt. Was ist hier los?”
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Hintergrund: Das Beben mit einer Stärke von 7,7 erschüttert am frühen Freitagnachmittag Myanmar, Thailand und große Teile Südostasiens. In Bangkok stürzt ein 30-stöckiger Rohbau ein. Mindestens 17 Menschen sterben, Dutzende werden noch unter Trümmern vermisst. Auch in China, Indien und Vietnam ist das Beben zu spüren. In Myanmar sterben laut Militärjunta mindestens 1644 Menschen.
„Mama, da oben steht Exit” – Tochter Lucia wird bei Erdbeben in Thailand zur Wegweiserin
Plötzlich geht alles ganz schnell. Liesa rennt zu ihren Kindern – Lucia (8) und Lucas (6) sind da. Die Panik trifft sie in einem einzigen Gedanken: „Ich will hier raus!”
Sie laufen zum Fahrstuhl. Doch Liesa hält inne. „In so einer Situation gibt es keinen Fahrstuhl.” Niemand sagt, was passiert. Niemand hat nur annähernd eine Ahnung, was zu tun ist. Plötzlich zeigt Lucia nach oben: „Mama, da oben steht Exit.” Dann trifft Liesa eine Entscheidung. Sie ruft nach ihrem Mann – dann rennen sie.
Turm bebt minutenlang
Mitarbeiter stürmen aus der Küche, nehmen die Treppen. Die Familie folgt. 74 Stockwerke nach unten. Keine Pause, immer in Gedanken, ob die Erde noch einmal bebt. „Ohne zu zögern rannten wir – ganze 74 Stockwerke.”
Erst im 20. Stock geht der Alarm los. Erst dann kommen ihnen Menschen entgegen, manche schreiend, manche stumm. Die Familie bleibt in Bewegung. Liesa: „Ich wusste ja nicht einmal, dass es ein Erdbeben war.”
Lucia (8) rennt wie im Rausch. Lucas (6) will alleine laufen, doch er wird langsamer. Sein Vater trägt ihn schließlich. „Er wollte unbdingt selbst laufen. Aber Martin hat ihn einfach geschnappt und weitergetragen. Lucia war so schnell unterwegs, dass ich kaum hinterherkam.”
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Erdbeben in Thailand: Stunden, die sich in die Seele brennen
Draußen und in Sicherheit werden Wasser und Stühle ausgeteilt. Die Familie zittert, später kullern auch ein paar Tränen. „Lucia hatte das Gefühl, sie würde gleich umkippen”, erinnert sich Liesa. Sie zittert, trinkt Wasser. Später redet sie viel – über alles. Lucas schweigt. „Erst jetzt, zurück in Deutschland, kommt er langsam wieder zur Ruhe.”
Noch ist es nicht zu greifen, was die Familie an diesem Tag durchgemacht hat, was alles auf dem Spiel stand. „Ich weiß nicht, ob ich als Mutter besonders stark war. Aber wir waren alle vier außergewöhnlich stark. Wir haben das gemeinsam durchgestanden, sind füreinander da gewesen, haben uns gehalten, getragen – nicht nur in dem Moment, sondern auch danach.”
Die Familie kuschelt, redet, lässt alles zu. Auch ein Video für ihren Instagram-Kanal zu machen, hilft zu verarbeiten. „Das hat mir persönlich sehr geholfen, das Ganze noch einmal Revue passieren zu lassen. Um einfach zu begreifen: Was ist da eigentlich passiert?” Liesa selbst war in der Situation gar nicht in der Lage zu filmen – das Video, das sie später auf Instagram teilte, wurde von Roland, einem Freund der Familie, aufgenommen. Es half ihr dabei, das Geschehene Stück für Stück zu begreifen.
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Nach Erdbeben in Thailand bleibt diese eine Frage
Zwei Monate reisen sie durch Thailand von Phuket über Khao Sok nach Koh Samui. Die Familie hat die Zeit ihres Lebens. Und ausgerechnet am letzten Tag – genau in der Stunde, in der sie oben sind – beginnt das Beben. Ein Zufall? Ein Zeichen? „Ich frage mich, was der Sinn dahinter ist – warum wir genau in diesem Moment an diesem Ort waren. Darauf habe ich noch keine Antwort.”
Liesa und ihre Familie sind wieder zu Hause – körperlich in Sicherheit, aber innerlich noch nicht ganz zur Ruhe gekommen. Das Erlebte sitzt tief. Die Erleichterung überlebt zu haben, mischt sich mit einer neuen Achtsamkeit für das, was andere Menschen gerade durchmachen. „Wir denken auch an sie und mein Herz blutet für all die schlimmen Dinge, die dort passiert sind”, sagt Liesa.
Es ist ein Erlebnis, das nicht nur Spuren hinterlassen hat – sondern auch den Blick für die Welt verändert.