Künftige Regierung plant radikale VerschärfungBürgergeld ade? Was jetzt auf uns zukommt

von Titus Lang und Johanna Kroke

Wer Arbeit ablehnt, dem werden alle Leistungen gestrichen!
Sanktionen für Menschen, die zumutbare Arbeit verweigern, gibt es zwar schon. Doch das geht CDU und SPD nicht weit genug. Die künftige Regierung will den Druck auf Leistungsbezieher deutlich erhöhen: Wer arbeiten kann, soll auch arbeiten!

Sozialverbände kritisieren: Verweigerung kein Massenproblem!

Sandra und Marcel Kieselbach schauen mit Sorge auf die geplante Verschärfung. Sie ist gelernte Köchin, er Krankenpfleger – heute bekommen beide Bürgergeld, zuvor Hartz IV. Wegen gesundheitlicher Probleme kann Marcel schon seit 19 Jahren nicht arbeiten. Was die Politik jetzt vor hat, gefällt ihm gar nicht: „Ich fühle mich als faul dahin gestellt“, erklärt er, „weil sonst bräuchte es diese Verschärfungen nicht.” Denn Sanktionen gebe es bereits im Bürgergeld und es gab sie zuvor bei Hartz IV. Die Arbeitsvermittler können sie aussprechen, wenn Bürgergeldbeziehende nicht an Maßnahmen teilnehmen.

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Auch Sozialverbände kritisieren die neuen Pläne zum Bürgergeld scharf. „Man soll nicht so tun, als ob jetzt das Massenproblem ist, dass Bürgergeld Beziehende sich gegen alles verweigern”, sagt Katja Kipping, Geschäftsführerin des paritätischen Gesamtverbandes. Oft sei das Gegenteil der Fall. „Die Leute suchen verzweifelt einen guten Job und bekommen keinen.”

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Union und SPD planen harte Wende

Tatsächlich sind aber die verhängten Sanktionen deutlich zurückgegangen. Das wollen Union und SPD ändern. Wer mehrfach zumutbare Arbeit ablehnt, dem sollen künftig alle Leistungen gestrichen werden. Denn laut Arbeitsmarktexperten werden immer weniger Menschen aus Bürgergeld in Arbeit vermittelt. Das Bürgergeld reduziere demnach den Anreiz, zu arbeiten.

Union und SPD wollen deshalb mit schärferen Regeln eine Wende hin zur Grundsicherung schlagen. Konkret heißt das:

  • Die Jobvermittlung soll Vorrang vor Fortbildungmaßnahmen bekommen.

  • Ohne Schonfrist sollen Leistungsempfänger sofort ran an ihr Erspartes.

  • Wer hohe Mietkosten hat, muss sofort umziehen.

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Arbeiten statt Fortbilden

Wenn die Regierungsbildung nicht noch auf den letzten Metern scheitert, steht eine harte Wende beim Bürgergeld an. Ob die neuen Regeln dann aber tatsächlich ankommen, liege am Ende bei den Mitarbeitern der Bundesagentur für Arbeit, ordnet RTL-Reporter und Kolumnist Nikolaus Blome ein. Dort liegt der Schwerpunkt bisher auf der Qualifizierung von Arbeitslosen.

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Genug Stellen gebe es, meint auch Marcel Kieselbach. Doch für die kämen er und viele andere gar nicht infrage: „Da werden einfach Fachkräfte gesucht. Und wenn man die Qualifikation aber nicht hat, bin ich da auch nicht dafür geeignet.” Es ist unklar, ob er damit unter den schärferen Regeln durchkommen würde. Bisher wurde Kieselbach noch nie wegen Jobverweigerung sanktioniert. Er hofft, dass es dabei bleibt und dass sich für ihn nicht so viel ändert.