Wer hat am Ende mehr in der Tasche?

Der große Netto-Vergleich: Bürgergeld oder arbeiten gehen? Drei Menschen machen den Check

von Sascha Winkel, Mareike Luft, Esther Kusch, Anne Saha und Sina Meyer

Lohnt sich arbeiten überhaupt noch?
Seit Einführung des Bürgergelds kocht die Diskussion immer wieder hoch. Drei Menschen ziehen jetzt bei RTL ihre finanziellen Hosen runter, lassen ihre Ansprüche checken und stellen sich genau diese Frage. Die Ergebnisse mögen einige überraschen…
RTL.de ist jetzt auch bei WhatsApp - HIER direkt ausprobieren!

VIDEO: Vom Bürgergeld noch was zurücklegen? Angelina Nitschke verrät die Spar-Tricks

Bürgergeld vs. Einkommen: Ist das gerecht?

Sandy Cieslik (41), Bäckereiverkäuferin und Sechsfach-Mama, Aileen Fuß (30) derzeit arbeitssuchend und Lars Hellnik, gelernter Friseur, der nun gerne als Zugbegleiter arbeiten möchte, lassen sich auf das spannende Experiment ein.

Anfang 2023 endete eine Ära: Hartz IV wurde abgeschafft, das Bürgergeld nach hitzigen politischen Diskussionen geboren. Es gab einige Veränderungen. Unter anderem wurden die Regelsätze erhöht. Alleinstehende erhalten seitdem 502 Euro statt 449 Euro Hartz IV, also 50 Euro mehr gegenüber dem Hartz-IV-Regelsatz. Empfänger von Bürgergeld dürfen außerdem mehr Geld, das sogenannte Schonvermögen, auf der hohen Kante haben als es Hartz-IV-Bezieher durften. Erst nach 24 Monaten Bürgergeldbezug sollen Vermögen und Angemessenheit der Wohnung überprüft werden können. Die Details können Sie hier nochmal genau nachlesen.

Das Bürgergeld enthält außerdem Zahlungen für Miete und Heizung. Zudem werden Beiträge und Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung übernommen. Um das alles müssen sich Menschen, die arbeiten gehen, selber kümmern. Die Neiddebatte war eröffnet. Vor allem diejenigen, die wenig verdienen, fragen sich: Lohnt es sich überhaupt, morgens aufzustehen und hart zu arbeiten? Und ist es gerecht?

Lese-Tipp: Bürgergeld 2024 steigt: Wieviel Geld Bezieher dann bekommen.

Wir machen den Check und rechnen vor:

Der Vergleich für Sandy Cieslik zwischen Bürgergeld und ihrem Gehalt.
Der Vergleich für Sandy Cieslik zwischen Bürgergeld und ihrem Gehalt.
RTL, RTL, RTL

Beispiel 1: Sandy Cieslik arbeitet Vollzeit in der Bäckerei, hat sechs Kinder.

Für sie und ihre Kinder würde sie einen ungefähren Regelsatz von 2.249 Euro bekommen, berechnet ein Online-Rechner. Oben drauf kommt noch die Miete von 1.343 Euro. Das macht unterm Strich eine Summe von 3.592 Euro. Klingt nicht wenig. Doch mit ihrem Vollzeitjob als Bäckereiverkäuferin kommt Sandy auf 4.252 Euro, hat also 660 Euro mehr in der Tasche. Dennoch bleibt am Ende des Monats kein Cent über.

Doch allein das Geld ist es nicht, warum Sandy Cieslik jeden Tag aufsteht und zur Arbeit geht. Sie will Vorbild sein: „Ich möchte meinen Kindern eigentlich das zeigen, was mir gelernt worden ist von meinen Eltern. Man muss arbeiten gehen oder man muss was dafür tun, damit man ein besseres Leben hat. Man kann es schaffen.“

Lese-Tipp: 250 Euro zusätzlich zum Kindergeld – haben Sie Anspruch auf den Kinderzuschlag?

Aileen Fuß: „Es lohnt sich definitiv zu arbeiten"

Aileen Fuß im Gespräch mit Michaela Hofmann von der Caritas.
Aileen Fuß im Gespräch mit Michaela Hofmann von der Caritas.
RTL, RTL, RTL

Beispiel 2: Aileen Fuß sucht gerade einen neuen Job als Büroangestellte.

Gemeinsam mit Michaela Hofmann, Referentin für Allgemeine Sozialberatung bei der Caritas, rechnet sie ihren Bürgergeld-Bedarf aus. Aileen Fuß würde den Regelsatz, also 502 Euro bekommen. Unterkunft und Heizung wird außerdem bezahlt. Die Expertin von der Caritas schätzt den ungefähren Wohnungs-Anspruch in einer Stadt wie Köln auf 651 Euro plus 70 Euro Heizung. Unterm Strich kommt Aileen somit auf 1.223 Euro Bürgergeld.

Zum Vergleich: In ihrem Job als Büroangestellte würde sie rund 1.000 Euro netto mehr auf dem Konto haben.

Lese-Tipp: 100 beliebte Berufe im Gehalts-Check: Was verdient man als Pflegerin, Elektroinstallateur oder Programmierer?

„Also wenn ich das jetzt von meiner persönlichen Situation betrachte, dann bleibt mir mit dem Bürgergeld gar keine Möglichkeit, meine Fixkosten noch zu decken. Also die Miete wäre abgedeckt, Versicherungen und dann war's das schon quasi. Geld für Lebensmittel oder großen Luxus bleibt da nicht mehr. Und wenn man dann noch diverse Kredite, Autokredite oder irgendwas abzuzahlen hat...“ Für Aileen Fuß ist daher klar: „Mir hat das jetzt wieder aufgezeigt, dass es schon eine extreme Differenz ist und dass es sich definitiv lohnt zu arbeiten. Ich habe einen sehr guten Verdienst gehabt, wenn ich jetzt weniger verdiene, muss man neu rechnen“, so die Arbeitssuchende.

Lars Hellnigk: „Zu wenig für meinen Lebensalltag"

Lars Hellnigk ist gelernter Friseur und möchte zukünftig als Zugbegleiter arbeiten.
Lars Hellnigk ist gelernter Friseur und möchte zukünftig als Zugbegleiter arbeiten.
RTL, RTL, RTL

Beispiel 3: Lars Hellnigk ist gelernter Friseur, möchte aber nun als Zugbegleiter arbeiten.

Auch mit ihm rechnet Michaela Hofmann von der Caritas durch. Ähnlich wie Aileen Fuß hat er einen Anspruch auf 1.223 Euro Bürgergeld, inklusive Wohnung und Heizung. Als Zugbegleiter würde er bis zu 800 Euro netto mehr verdienen.

Zum Bürgergeld sagt er: „Es ist auf jeden Fall genug, um über die Runden zu kommen, aber mir definitiv zu wenig für meinen Lebensalltag.“ Und somit ist auch für Lars Hellnigk klar: Für ihn kommt das Bürgergeld-Modell nicht infrage.

Caritas-Mitarbeiterin Hofmann: Es braucht eine ganz andere Debatte!

Und das kann Michaela Hofmann nur begrüßen, und zwar nicht nur, weil am Ende mehr im Portemonnaie landet: „Zum anderen ist man auch eingebunden in Arbeit, hat Kollegen.“ Und durch die Steuerfreibeträge habe man immer 350 Euro mehr als nur durch das Bürgergeld, so Hofmann. Sie ist davon überzeugt, dass es eigentlich eine ganz andere Diskussion braucht: „Die Mieten müssen runter. Und dann muss man gucken: Was wird denn überhaupt an Gehältern gezahlt? Wie hoch ist der Mindestlohn? Kann man damit eigentlich die ganzen steigenden Kosten decken?“

Lese-Tipp: Mindestlohn wird angehoben: Ab wann Sie wie viel mehr auf dem Konto haben

Sandy Cieslik, Aileen Fuß und Lars Hellnigk haben ihre Entscheidung getroffen: Sie verzichten bewusst aufs Bürgergeld und gehen stattdessen zur Arbeit.

Lese-Tipp: Sie gehen arbeiten, aber am Ende reichts kaum? Vielleicht könnte Ihnen Wohngeld zustehen. Hier gehts zu Rechenbeispielen und einem Wohngeldrechner.

Politik & Wirtschaftsnews, Service und Interviews finden Sie hier in der Videoplaylist

Playlist 50 Videos

Spannende Dokus und mehr

Sie lieben spannende Dokumentationen und Hintergrund-Reportagen? Dann sind Sie auf RTL+ genau richtig:

Die Lage in Israel eskaliert. Aber wie begann dieser Konflikt eigentlich? Eine informative Doku finden Sie jetzt auf RTL+.

Außerdem noch spannende Dokus zu diesen Themen:

Sehen Sie die Geschichte von Alexej Nawalny vom Giftanschlag bis zur Verhaftung in „Nawalny“.

Oder: Die Umstände des mysteriösen Tods von Politiker Uwe Barschel werfen auch heute noch Fragen auf. Sehen Sie auf RTL+ die vierteilige Doku-Serie „Barschel – Der rätselhafte Tod eines Spitzenpolitikers“.

Wie läuft es hinter den Kulissen von BILD? Antworten dazu gibt es in der spannenden Doku „Die Bild-Geschichte: Die geheimen Archive von Ex-Chef Kai Diekmann.“ Er hat Politiker kennengelernt, Skandale veröffentlicht und Kampagnen organisiert. Die Doku wirft einen kritischen Blick auf seine BILD-Vergangenheit.