Prozess um mehr als 30 Jahre alten Cold Case beginntWer hat Pferdemädchen Sabine ermordet?
Seit 31 Jahren quält Sabines Eltern die Ungewissheit.
Die Kripo hat nicht aufgehört, nach dem Mörder der 13-Jährigen zu suchen. 1993 wird die Leiche des Teenagers in einem Gülleschacht gefunden. Über 30 Jahre hat es gedauert, bis der Cold Case vor ein Gericht kommt. Die Staatsanwaltschaft Würzburg glaubt, einen Täter überführen zu können.
Überführt DNA den Täter?
Jetzt muss Richter Dr. Thomas Schuster am Landgericht Würzburg entscheiden, ob er den Tatverdächtigen Torsten E. (47) freispricht oder wegen Mordes verurteilt. Ein Mammut-Prozess. 60 Verhandlungstage sind eingeplant, um zu klären, ob es der damals 17-jährige Kfz-Mechaniker-Azubi war, der Sabine misshandelt, getötet und in einem Gülleschacht des Reiterhofs versteckt hat.
Neu analysierte DNA-Spuren, die mit moderner Technik ausgewertet wurden, belasten Torsten E. schwer. Am Slip des Mädchens und auch am Tatort konnten Rechtsmediziner genetische Spuren von E. nachweisen. Als die Anklage verlesen wird, schüttelt er mehrfach seinen Kopf. E. äußert sich zu Prozessbeginn nicht zu den Vorwürfen gegen ihn. Laut seinem Rechtsanwalt, Hans-Jochen Schrepfer, beteuert der Mann seine Unschuld. Er hoffe, dass dieser Prozess mit einem Freispruch für ihn endet, denn er habe Sabine nicht getötet.
Video: Doppelmörder geschnappt - Cold Case nach 30 Jahren gelöst
Richter appelliert an Angeklagten
Richter Thomas Schuster appellierte an den Angeklagten, zur Aufklärung der Tat beizutragen. „Es gibt Spuren, die es für sehr, sehr, sehr unwahrscheinliche erachten lassen, dass sie mit der Sache gar nichts zu tun haben“, sagte er. Der Familie von Sabine B. sei es sicher wichtiger zu wissen, was vorgefallen ist, als dass er im Gefängnis lande.
Jan Paulsen, Anwalt von Sabines Eltern sagt, seine Mandanten sind seit dem Tod ihrer Tochter in einer psychischen Ausnahmesituation. Sie leben seit über 30 Jahren in der Ungewissheit. Auch ihre Schwester leide sehr unter dem Verlust. Der Prozess wühle die Familie erneut auf. Offen ist, ob der Täter wirklich überführt werden könne.
Viele Fragen sind bis heute offen
Auf viele Fragen gibt es immer noch keine Antworten. Denn es gab noch mehr Verdächtige. Am 15. Dezember 1993 wurde Pferdemädchen Sabine B. in einem Reitstall in dem kleinen Ort Wiesenfeld (Landkreis Main-Spessart) ermordet.
Sabine war in ihrer Freizeit oft auf dem Hof. Sie liebte die Pferde und half, die Tiere dort zu versorgen.
An diesem Dezembertag war sie am frühen Abend zusammen mit einem Freund auf dem Heimweg, als sie gemerkt hat, dass sie ihr Fahrrad vergessen hat. Sie sei umgekehrt, um es zu holen.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sie zurück auf dem Hof auf ihren Mörder traf. War es Torsten E.? Hat der Teenager Sabine zu Tode gequält? Es gibt Zeugen, die etwa um 18:15 Uhr laute Hilfe-Schreie gehört haben wollen.
Sabine kam an diesem Abend nicht nach Hause. Kurz nach Mitternacht meldete sich ihre Mutter bei der Polizei. Familie, Freunde und viele Polizisten suchten zwei Tage nach dem Mädchen. Am 17.12.1993 wurde ihre Leiche von der Polizei in einem Gülleschacht des Pferdestalls gefunden. In einem zweiten lagen ihre Kleider.
Staatsanwaltschaft geht von sexuellem Missbrauch aus
Spuren, die die Ermittler gefunden haben, deuten auf einen schrecklichen Todeskampf auf dem Tennenboden, dem Obergeschoß des Stalls, hin. Sabine soll so heftig auf den Boden geschubst worden sein, dass sie ein Schädel-Hirn-Traum erlitt. Außerdem soll sie gewürgt worden sein. In ihrem Mund fanden die Ermittler Strohreste. Nahezu an ihrem ganzen Körper gab es Spuren von teilweise brutalen Misshandlungen.
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Die Staatsanwaltschaft geht auch von sexuellem Missbrauch aus. „Der Angeklagte fasste spontan den Entschluss, die Geschädigte sexuell anzugehen und lockte diese vermutlich unter einem Vorwand auf den sogenannten Tennenboden des Stalls“ sagte Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach zu Prozessbeginn. Dem heute 47-Jährigen sei es „um die Befriedigung seines Geschlechtstriebs um jeden Preis gegangen.“
Rekonstruktion der Tat
Die Kripo ließ nichts unversucht, den Tod von Sabine aufzuklären. Im Jahr 2021 stellten die Ermittler den möglichen Tatablauf nach. Die Beamten fanden heraus, dass eine einzelne Person den Gülle Schacht geöffnet haben könnte. Der Tatort wurde mit einem 3D-Laser vermessen. Zudem wurde der Hilfeschrei von Sabine mit einem Sonar-Gerät nachgestellt, den eine Zeugin hunderte Meter entfernt gehört haben will.
1993 geriet ein damals 15-jähriger Junge unter Verdacht. Er musste sich ein Jahr später wegen Totschlags vor dem Landgericht Würzburg verantworten und wurde freigesprochen. Die Beweise fehlten. 1999 starb er bei einem Autounfall. Auch der Erbe des Pferdehofs war verdächtig. Auch hier fehlten Beweise. Die Ermittlungen wurden eingestellt. Der Mann starb 2022. Kurz darauf brannte die Scheune, in der Sabine starb, nieder.
Bei diesem Prozess schweigen Sabines Angehörigen
Der dritte Verdächtige war der jetzt angeklagte Reiterfreund von Sabine. Das liegt auch an Aussagen seiner Schwester. Diese hatte ihren Bruder beschuldigt, er habe auch sie missbraucht. Einen konkreten Beweis für den Missbrauch kann die Schwester nach RTL Informationen aber derzeit nicht liefern.
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Es soll auch Menschen in Wiesenfeld gegeben haben, die selbst versuchen wollten, den Fall zu lösen und den heute Angeklagten zu überführen. Sabines Familie stand 1993 nach dem Tod der Tochter in der Öffentlichkeit. Bei diesem Prozess schweigen ihre Angehörigen. Weil der Angeklagte zur Tatzeit Jugendlicher war, findet das Verfahren ohne Öffentlichkeit statt - auch wenn der Mann mittlerweile erwachsen ist. Für Jugendliche beträgt bei Mord das Höchstmaß der Jugendstrafe zehn Jahre. (mit dpa)






























































