Schwester klagt: „Bis heute weder eine Entschuldigung noch Reue“
Ante P. stirbt bei Polizeieinsatz - Milde Strafen für Polizisten

Zwei Polizisten sollten den Tod des psychisch kranken Mannes verschuldet haben!
Die Beamten müssen sich wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen und Körperverletzung im Amt vor Gericht verantworten. Jetzt ist das Urteil gesprochen: Es gibt nur eine Geldstrafe und Freispruch für die Polizisten!
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Ante wäre ohne Polizeieinsatz nicht gestorben
Das Schwurgericht des Landgerichts Mannheim hat am Freitag (1. März) den Angeklagten Z. vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen freigesprochen. Den Angeklagten J. hat das Gericht der Körperverletzung im Amt schuldig gesprochen. Er muss eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 50 Euro zahlen, also insgesamt 6.000 Euro.
Die Kammer kommt zu dem Entschluss, dass der Polizeieinsatz als solcher, mit Ausnahme der vier Faustschläge durch J. gerechtfertigt gewesen ist. Außerdem sei die konkrete Todesursache nicht klar, heißt es in der Mitteilung. Trotzdem steht fest, dass Ante ohne den Polizeieinsatz nicht gestorben wäre, sagt der Richter. Weiter bezeichnet der Vorsitzende den Tod von Ante als „tragisch“.
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„Mit Eintritt der Rechtskraft der Urteile werden beim Polizeipräsidium Mannheim auch die Disziplinarverfahren gegen die beiden Polizeibeamten weitergeführt“, schreibt die Polizei in einer ergänzenden Mitteilung.
Ante P.'s Schwester ist zum Prozessbeginn „sehr traurig und steht unter Schock“

Ante P. flieht im Mai 2022 aus einer psychiatrischen Klinik und wird von der Polizei gesucht. Als ihn zwei Beamte kontrollieren wollen, wehrt sich der 47-Jährige, fleht: „Ich will einen Richter.“ Das sind seine letzten Worte. Er bricht bei dem Einsatz auf dem Marktplatz zusammen und stirbt später im Krankenhaus.
Der Anwalt von Antes Schwester, Engin Sanli erklärt zum Prozessauftakt für die Frau, die nicht selbst sprechen möchte: „Bis heute haben wir weder eine Entschuldigung noch Reue gesehen und deshalb fällt es unserer Mandantin umso schwieriger, mit diesem Vorfall umzugehen.“ Sie nickt zustimmend, als Sanil im Gespräch mit RTL erklärt: „Sie ist sehr traurig. Sie steht unter Schock.“ Der Bruder seiner Mandantin sei „auf grausame Art verstorben.“
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Fall erinnert an brutalen Tod von George Floyd
Der Vorfall in Mannheim ereignet sich zwei Jahre nach dem Tod des US-Amerikaners George Floyd. Jenem Mann, der im Mai 2020 in den USA von einem Polizisten so lange auf den Boden gedrückt wurde, bis er keine Luft mehr bekam und starb. Seine Worte „I can't breathe“ (Ich bekomme keine Luft) erlangen weltweit traurige Berühmtheit.
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Der Fall von Ante P. erregt zumindest in Deutschland und seiner Heimat Kroatien Aufsehen, löst Proteste und eine politische Debatte aus.
Angeklagter Polizist: „Wenn ich etwas falsch gemacht haben sollte, möchte ich dafür einstehen“

„Vorhersehbar und vermeidbar“ sei P.‘s Tod gewesen, so die Staatsanwaltschaft am ersten Verhandlungstag. Detailreich erinnert sich der ältere der Polizisten an seinen folgenschweren Einsatz.
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Bei dem Einsatz habe er sich vor allem gegen Angriffe des erkrankten und aggressiven Mannes schützen wollen und mit der Faust mehrfach zugeschlagen, sagte er aus. Mit den gesundheitlichen Komplikationen des Mannes habe er nicht gerechnet, teils pöbelnde Schaulustige hätten ihn auch abgelenkt. „Wenn ich etwas falsch gemacht haben sollte, möchte ich dafür einstehen“, sagt er damals weiter.
Mannheim: Videoaufnahmen zeigen brutalen Polizeieinsatz

Die Momente der Mannheimer Kontrolle sind lückenlos auf Videoaufnahmen dokumentiert. Darauf ist sehen, wie P. die Straße überquert, einer der Polizisten ihn ergreift und wie sich der Mann losreißt, bevor er überwältigt wird.
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Der Beamte bringt den Mann gemeinsam mit seinem Kollegen zu Boden, er fixiert den auf dem Bauch liegenden mit dem Knie und versetzt ihm mehrere Faustschläge ins Gesicht. P. blutet aus der Nase und bleibt einige Minuten auf dem Bauch liegen. Eine letzte Bewegung noch, dann regt er sich nicht mehr.
Anwältin glaubte: „Der Prozess wird über die Gutachten entschieden“
Der zweite Polizist, damals wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassung angeklagt, bringt P. seinerzeit nicht in eine Seitenlage. Hätte er das getan, wäre der Tod nach vorläufiger Einschätzung der Rechtsmedizin „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ vermieden worden, heißt es.
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(mit Material von dpa)