Sechsmal auf Jugendlichen gefeuert
16-Jähriger in Dortmund erschossen: Anklage gegen fünf Polizisten!
Tödliche Polizei-Schüsse aus einer Maschinenpistole auf einen 16-Jährigen: Jetzt erhebt die Staatsanwaltschaft in dem Fall aus Dortmund Anklage gegen fünf Polizisten. Zwölf Polizeibeamte waren vor Ort und hatten es nicht geschafft, den Teenager zuvor zur Ruhe zu bringen.
Fünf Polizisten müssen vor Gericht - einer muss sich wegen Totschlag verantworten
Die Staatsanwaltschaft Dortmund erhebt Anklage wegen Totschlags gegen einen Polizisten, der den 16-Jährigen Geflüchteten mit einer Maschinenpistole erschossen hat. Vier weitere Beamte werden demnach ebenfalls angeklagt. Der Bochumer Rechtsanwalt Michael Emde, der einen der fünf beschuldigten Polizisten vertritt, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag den Eingang der Anklage.
Wegen des Einsatzes von Pfefferspray und Tasern hatte die Staatsanwaltschaft zuvor bereits ihre Ermittlungen auf weitere Beamte ausgeweitet. Im Fall des Schützen prüfte die Staatsanwaltschaft bereits ab September 2022, ob die Ermittlungen gegen ihn auf Totschlag ausgeweitet werden.
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Geflüchteter Junge aus dem Senegal suchte in Deutschland Sicherheit - und starb durch Polizei-Schüsse
Nach dem umstrittenen Polizeieinsatz am 8. August waren gegen den Polizisten zunächst Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Körperverletzung mit Todesfolge im Amt aufgenommen worden.
Die Polizei war an dem Tag zum Innenhof einer Jugendhilfeeinrichtung im Dortmunder Norden gerufen worden, in dem sich der 16-Jährige ein 15 bis 20 Zentimeter langes Messer an den Bauch hielt. Der Einsatz lief zunächst als Suizidversuch. Die Beamten sprachen den Jugendlichen nach derzeitigem Ermittlungsstand in mehreren Sprachen an. Der unbegleitete minderjährige Junge aus dem Senegal war als Geflüchteter erst im April nach Deutschland gekommen und soll nicht gut Deutsch gesprochen haben. Schließlich kamen Pfefferspray und zwei Taser zum Einsatz, von denen einer traf.
Ersten Erkenntnissen zufolge lief der 16-Jährige mit dem Messer auf die Beamten zu. Einer der Polizisten schoss mit seiner Maschinenpistole sechs Mal. Der von mehreren Schüssen getroffene Jugendliche starb später im Krankenhaus.
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Polizeieinsatz in Dortmund endet tödlich: Diese Punkte sorgen für Kritik
Mehrere Punkte des Einsatzes sorgten bereits kurz danach für Kritik. Dabei ging es etwa um die Tatsache, dass die Bodycams der Polizisten nicht eingeschaltet waren. Die Begründung: Das Filmen „höchstpersönlicher Lebenssachverhalte“ bei einem Suizideinsatz ist nicht erlaubt. Und als die Situation kippte, wurde die Lage für die Beamten laut deren Angaben so stressig, dass keiner der zwölf Beamten an die Bodycam dachte.
Auch dass mehrere Schüsse aus einer Maschinenpistole auf einen offenbar suizidalen Jugendlichen gefeuert wurden, sorgte für Bestürzung. In NRW gehören seit Juli 2018 zwei MP5 in jedem Funkstreifenwagen zur Ausrüstung. Fragen warf außerdem auf, dass der 16-Jährige kurz vor seinem Tod in einer Psychiatrie gewesen war.
Teils wurde auch der Vorwurf der Polizeigewalt laut, wobei insbesondere die Tatsache betont wurde, dass die Polizei einen schwarzen Jugendlichen erschoss. In Dortmund gab es Demonstrationen des linken Spektrums und der afrikanischen Community. Laut Staatsanwaltschaft gab es aber keine Hinweise, dass die Hautfarbe bei dem Einsatz eine Rolle gespielt hätte. (swi/kra, mit dpa)