Experten befürchten trojanisches PferdBonitätsnachweis digital und kostenlos: Was kann die "neue App" der Schufa?

von Laura Böhnert

Schufa-Bonität direkt in einer App prüfen – und das kostenlos! Was nach Fortschritt klingt, steht aber auch in der Kritik: Denn für die Umsetzung sind Daten nötig – und zwar Einblicke in das eigene Konto. Die Meinungen gehen auseinander: Liefert die Schufa hier ein hilfreiches Angebot oder eine versteckte Datenfalle? Das müssen Sie jetzt wissen!

Mit der App schnell Schufa checken - ohne kostenpflichtigen Antrag

Eine eigene Schufa-App wird es nicht geben, viel mehr soll der Schufa-Basisscore in die App „Bonify Finanzmanager“ integriert werden. Die Finanzplattform gehört bereits seit 2022 zur Schufa, ab 2024 sollen registirerte Verbraucher nun auch von der schnellen Bonitätspüfung profitieren.

Das ginge nicht nur schneller, sondern wäre auch kostenfrei, denn man spart sich den konstenpflichtigen und offizielllen Antrag bei der Gemeinschaft.

Aufgabe der Schufa ist es, eine Einschätzung in die Kreditwürdigkeit der Verbraucherinnen und Verbraucher zu liefern, sei es beim neuen Handy-Vetrag, der Finanzierung eines Autos oder dem Aufnehmen eines Kredits bei der Bank.

Welche Vorteile bietet das neue Angebot?

Schnell und digital ist die Devise: Bisher musste man einen offiziellen Antrag einreichen, um seine Bonität bei der Schufa zu erfragen. Bei „Bonify“ soll das nun außerdem kostenfrei sein. Zusätzlich will die Schufa Verbraucherinnen und Verbraucher künftig informieren, wenn es in deren Daten einen negativen Eintrag gibt. Userinnen und User der App würden also eine Veränderung ihrer Bonität direkt mitbekommen und könnten bei falschen Einträgen tätig werden.

Bis Jahresende soll die kostenlose Datenabfrage verfügbar sein. Um sie zu nutzen, muss man sich jedoch bei der Bonify-App registrieren – und den Einblick in die eigenen Kontodaten gewähren. Ein Punkt, für den es viel Kritik hagelt.

Lese-Tipp: Schufa: Wichtige Änderung bei Speicherdauer – Das ändert sich für Sie

Schufa-Chefin Tanja Birkholz versuchte bereits Entwarnung zu geben: „Wenn überhaupt, wird es ums Einkommen gehen. Ob jemand Geld an Greenpeace spendet oder sich für eine Partei engagiert, ist für die Bonitätsbewertung irrelevant“, sagte sie der „Zeit“. Ebenfalls müsse dem Kontoeinblick ausdrücklich zugestimmt werden.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Angst vor Datenfalle: Experten befürchten ein "trojanisches Pferd"

Experten sehen die neuen Funktionen weiterhin kritisch: „Mit Einblick in die Kontodaten würde die Schufa noch mächtiger werden, als sie es ohnehin schon ist“, kritisierte Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende. Die Schufa würde somit nur noch mehr über die Menschen wissen: „In unseren Augen eine deutliche Fehlentwicklung für unsere Gesellschaft“, gibt auch Michael Möller zu bedenken.

Er ist Referent der Bürgerbewegung und hat eine klare Meinung zu der vermeintlichen Innovation der digitalen Bonitätsprüfung: „Aus unserer Sicht ist Bonify ein trojanisches Pferd: Die Schufa versucht, Verbraucherinnen und Verbrauchern mit eventuell sinnvollen Funktionen die App unterzujubeln – um ihnen dann Angebote zur Verbesserung ihres Scores zu machen, etwa durch einen Kontoeinblick.“

Mehr Transparenz: Experten wünschen sich tiefere Einblicke in das Vorgehen der Schufa

Wie genau der tatsächliche Bonitätsscore letztendlich errechnet wird, ist nicht öffentlich zugänglich. „Läge das Berechnungsmodell völlig offen, könnte der Score manipuliert werden“, heißt es von Seiten der Schufa. Die Formel sei jedoch der zuständigen Datenschutzbehörde bekannt und werde somit regelmäßig kontrolliert.

Laut Schufa sei die digitale Bonitätsprüfung per App ein weiterer Meilenstein in der Transformation der Schufa und ein wichtiger Schritt in Richtung Transparenz. Experten sehen das anders: „Wenn die Schufa endlich neue Möglichkeiten schafft, den Score einzusehen, hat das noch nichts mit Transparenz zu tun. Es wird weiter nur die Bewertung übermittelt, nicht die Berechnungsmethode“, bemängelt Michael Möller.

Lese-Tipp: Schufa liefert mehr Infos für Verbraucher

Ein Score-Simulator auf der Schufa-Website soll derweilen für eben diese Transparenz sorgen. Er erklärt, anhand welcher Faktoren die Schufa die Bonität berechnet. Beantwortet man die Fragen ehrlich, lande man in den meisten Fällen in der echten Scoreklasse.

Nach der Registrierung: Wie steht es nun um den Datenschutz im neuen App-Modell?

Tanja Birkholz ist es wichtig klarzustellen, dass die Schufa und Bonify zwar als Mutter- und Tochterunternehmen miteinander verwandt seien, beide aber rechtlich unabhängig bleiben – vor allem durch getrennte Datenräume. Wichtig für Verbraucherinnen und Verbraucher: Ohne explizite Einwilligung fließen keine Daten von der Schufa zu Bonify und umgekehrt.

Demnach habe die Schufa keine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit auf die Kontodaten der Nutzerinnen und Nutzer. „Die Bonify-Plattform bietet einen geschützten Raum. Die Daten sind dort allein für die Nutzerin oder den Nutzer zugänglich und werden nicht ohne explizite Zustimmung an Dritte weitergegeben“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Experten hinterfragen die vermeintlich freiwillige Einwilligung zur Dateneinsicht

Die Experten sehen das Vorhaben der Schufa weiterhin kritisch: Die „freiwillige Einwilligung“, die es braucht, um die Kontodaten der Nutzer einsehen zu können, sei für Michael Möller relativ: „Es ist nicht unbedingt für jeden freiwillig, die Kontodaten weiterzugeben, wenn er oder sie sich möglicherweise dazu gezwungen sieht, um eine bewessere Schufa Bewertung zu bekommen.“

Eines dieser Beispiele ist das Datencockpit. Er soll es Nutzerinnen und Nutzern ermöglichen, ihren persönlichen Score zu simulieren. Wie wirken sich Änderungen auf meinen Score aus? Welchen Einfluss hätte es, wenn ich einen weiteren Ratenkredit in Anspruch nehme? Wie verbessert es meinen Score, wenn ich eine oder mehrere Kreditkarten kündige? All diese Fragen könnten beantwortet werden – aber nur mit Einblick in die eigenen Kontodaten. Laut Möller hochsensible Daten: „Aus unserer Sicht geht die Schufa davon nichts an.“

Gegen die Schufa-Pläne zum Kontoeinblick haben Finanzwende und Campact Anfang Juni deshalb eine Petition gestartet. Unter dem Titel „Finger weg von meinem Konto!“ haben bereits 300.000 Menschen unterschrieben.

Spannende Dokus und mehr

Sie lieben spannende Dokumentationen und Hintergrund-Reportagen? Dann sind Sie auf RTL+ genau richtig: Sehen Sie die Geschichte von Alexej Nawalny vom Giftanschlag bis zur Verhaftung in „Nawalny“.

Oder: Die Umstände des mysteriösen Tods von Politiker Uwe Barschel werfen auch heute noch Fragen auf. Sehen Sie auf RTL+ die vierteilige Doku-Serie „Barschel – Der rätselhafte Tod eines Spitzenpolitikers“.

Wie läuft es hinter den Kulissen von BILD? Antworten dazu gibt es in der spannenden Doku „Die Bild-Geschichte: Die geheimen Archive von Ex-Chef Kai Diekmann.“ Er hat Politiker kennengelernt, Skandale veröffentlicht und Kampagnen organisiert. Die Doku wirft einen kritischen Blick auf seine BILD-Vergangenheit.