Nach über 30 Jahren auf der Flucht
Daniela Klette vor Gericht − jetzt spricht die Ex-RAF-Terroristin!

Jahrelang war sie untergetaucht, jetzt steht sie vor Gericht.
Daniela Klette, Ex-RAF-Terroristin, muss sich wegen versuchten Mordes, schweren Raubes und illegalen Waffenbesitzes verantworten. Doch dieser Prozess ist mehr als nur ein Strafverfahren – er könnte Licht in ein Kapitel deutscher Geschichte bringen, das bis heute Fragen offenlässt.
Daniela Klette: „Absicht der Justiz, mich zu schwächen“
Das Oberlandesgericht in Celle gleicht am Dienstagmorgen (25. März) einer Festung. Die Ankunft von Daniela Klette ist genau durchgeplant: Ein grauer Transporter, eskortiert von schwer bewaffneten Polizisten, rollt durch die abgesperrten Straßen. Ein Tunnel führt direkt in den fensterlosen Staatsschutzsaal, in dem die 66-Jährige die Vorwürfe gegen sich anhört. Handydetektoren verhindern jede Form der Kommunikation. Die Sicherheitsvorkehrungen sind beispiellos – ein deutliches Zeichen für die Brisanz dieses Prozesses.

Als Klette den Saal betritt, wirkt sie keineswegs eingeschüchtert: Locker zusammengebundene Haare, schwarzer Pullover, dunkelblaue Jeans. Sie plaudert und lacht mit ihren drei Anwälten, wirkt lebendig und aufgeweckt. Handschellen trägt sie nicht, doch sie sitzt in einem Glaskasten hinter Panzerglas. Ihre Verteidigung kritisiert den Umgang mit ihr als „öffentliche Vorverurteilung”, spricht von einer „Dämonisierung” Klettes und fordert die Einstellung des Verfahrens. Zudem gäbe es „Mängel in der Indizienkette.” Dann ergreift die angeklagte Ex-RAF-Terroristin selbst das Wort.

Dass Daniela Klette sich persönlich äußern könnte, damit haben wohl nur die wenigstens gerechnet. Kurz vorher berät sie sich noch mit ihren Anwälten, setzt eine schwarze Sonnenbrille auf. Mit leicht leiernder Stimme verliest sie anschließend einen kurzen Text, fordert ebenfalls die Einstellung des Prozesses gegen sie. Klette blickt dann auf ihre Zeit auf der Flucht zurück: „Wir haben uns dem Zugriff durch den Staat jahrelang erfolgreich entzogen.” Ihre Zeit im Untergrund habe sie in ihrem Glauben bestärkt, dass es eine bessere Welt gebe.
Über die derzeitigen Haftbedingungen beschwert sich die 66-Jährige, beklagt „wirre und hysterische Sicherheitsmaßnahmen“. Auch eine Forderung trägt sie vor: Die sofortige Einstellung der „hetzerischen Fahndung” nach den noch flüchtigen Ex-RAF-Mitgliedern Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg. Der Prozess gegen sie selbst werde ihrer Überzeugung nach mit Kalkül geführt, sei politisch motiviert. Dann schließt sie mit den Worten: „Was soll ich hier also erwarten?”
Eine erdrückende Beweislage
Waffen, Munition, DNA-Spuren in Klettes Berliner Wohnung in Berlin – die Ermittler präsentieren eine Reihe an Indizien, die Daniela Klette mit einer Raubserie zwischen 1999 und 2016 in Verbindung bringen sollen. Sie soll gemeinsam mit den Ex-RAF-Mitgliedern Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg insgesamt 14 Überfälle begangen haben. Sie sollen Tatorte wochenlang ausgespäht, mit falschen Identitäten Fahrzeuge gemietet und sich mit Perücken und falschen Schnurrbärten verkleidet haben.
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„Die Staatsanwaltschaft hätte keine Anklage erhoben, wenn die Beweislage nicht eindeutig wäre”, sagt RTL-Reporterin Sarina Sprengelmeyer vor Ort in Celle. Zudem gibt es Videoaufnahmen und Zeugenaussagen, die Klette belasten. Zwar betonen die Ermittler, dass die Überfälle nicht politisch motiviert gewesen seien, doch das Trio war schwer bewaffnet und soll bereit gewesen sein, Gewalt einzusetzen. Laut Anklage sollen sie dabei 2,7 Millionen Euro erbeutet haben – Geld für ein Leben im Untergrund.
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Die Bedeutung für Deutschland
Der Prozess ist auf mindestens 56 Verhandlungstage angesetzt. Und er könnte mehr ans Licht bringen als nur die Raubüberfälle: Die Bundesanwaltschaft ermittelt weiter wegen mutmaßlicher Beteiligung an RAF-Anschlägen. Die Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksextremistische Terrororganisation, die in den 1970er bis 1990er Jahren in Deutschland zahlreiche Anschläge, Entführungen und Morde verübte – unter anderem an Politikern, Wirtschaftsvertretern und Polizisten. Ihr Ziel war der bewaffnete Kampf gegen das „kapitalistische System”. Besonders die dritte Generation der RAF, der auch Klette zugerechnet wird, bleibt bis heute ein Rätsel: Viele Taten sind ungeklärt, die Täter bis heute unbekannt.
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Deswegen dürfte das Verfahren nicht nur juristische, sondern auch gesellschaftliche Konsequenzen haben. Während Unterstützer vor dem Gericht demonstrieren, hoffen Opfer und Ermittler auf Gerechtigkeit. Dieser Prozess ist nicht nur ein juristisches Verfahren, sondern auch eine Abrechnung mit der Vergangenheit. Es geht um mehr als Daniela Klette – es geht um die Aufarbeitung von Jahrzehnten linken Terrors in Deutschland.