Lorenz (21) von Beamten erschossenJetzt steht fest: Schuss-Polizisten in Oldenburg wurden NICHT mit Messer bedroht

22.04.2025, Niedersachsen, Oldenburg: Zahlreiche Blumen und Kerzen stehen in der Innenstadt an einer Hauswand in der Achternstraße, in der am frühen Sonntagmorgen ein Mensch von Schüssen aus einer Polizeiwaffe tödlich verletzt wurde. Der 21-Jährige hatte zuvor vor einer Diskothek Reizgas versprüht und mehrere Menschen leicht verletzt. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Am Ort der tödlichen Schüsse haben Passanten Blumen niedergelegt.
Hauke-Christian Dittrich/dpa
von Sarina Sprengelmeyer, Charlott Struck, Nele Hasselbusch, Kathrin Gräbener und Carmen Gocht

Lorenz wird durch vier Schüsse der Polizei getötet.
Erst hieß es, er habe ein Messer dabei gehabt. Jetzt stellt sich heraus: Dafür gibt es keinerlei Beweise. Der tödliche Polizeieinsatz gegen den 21-Jährigen in Oldenburg wirft immer mehr Fragen auf. Warum schoss der Beamte auf den jungen Mann? Hatte er wirklich keine andere Möglichkeit? Und hätte Lorenz überlebt, wenn er weiß gewesen wäre?

Drei Kugeln treffen ihn von hinten

Es ist kurz vor drei Uhr morgens, Ostersonntag (20. April). Lorenz soll vor einer Disco in Oldenburg mit Reizgas gesprüht haben, weil er von den Türstehern abgewiesen worden sein soll. Danach flieht er durch die Innenstadt – verfolgt von Passanten, dann von Polizisten. Laut Polizei sollen die Verfolger abgebrochen haben – weil der 21-Jährige mit einem Messer gedroht habe. Kurz darauf sei Lorenz in einer Nebenstraße auf die nächste Streife getroffen. Wieder soll er Reizgas versprüht haben – ein Beamter wird verletzt. Dann feuert ein 27-jähriger Polizist vier Mal. Drei Kugeln treffen Lorenz von hinten: in die Hüfte, in den Oberkörper, in den Hinterkopf. Er stirbt im Krankenhaus.

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Jetzt sagt die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage von RTL: „Es gibt bisher keinen Anhaltspunkt darauf, dass er den Polizisten mit einem Messer gedroht hat.” Für viele ist das ein Schock. Am Tatort brennen Kerzen, liegen Blumen Freunde und Bekannte sprechen von Mord. Für Freitag ist eine Demo angekündigt.

Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Totschlags

Der Beamte, der geschossen hat, ist suspendiert. Gegen ihn läuft ein Verfahren wegen Totschlags. Noch ist unklar, ob er in Notwehr gehandelt hat – oder ob es ein tödlicher Fehler war. Das betont auch Ex-LKA-Ermittler Klaus Nachtigall im Gespräch mit RTL: „Für den Kollegen sieht es eng aus.” Eine Haftstrafe sei möglich, meint er. Die Ermittlungen könnten klären, ob die Beamten tatsächlich in Gefahr waren – oder ob der Polizist unangemessen reagierte. Nachtigall verweist auch auf eine Häufung tödlicher Polizeieinsätze in den letzten Monaten, wie bei dem Beamten Rouven Laur aus Mannheim im vergangenen Juni. „Man muss sich fragen: Agiert die Polizei plötzlich robuster?”

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Ministerium: „Schrecklich für alle Beteiligten”

Im niedersächsischen Innenministerium sorgt der Fall für Entsetzen. „Kein Beamter, keine Beamtin möchte in eine Situation kommen, wo sie die Schusswaffe gebrauchen muss. Grundsätzlich ist es immer schrecklich und schlimm, wenn ein Mensch in Folge eines Polizeieinsatzes zu Tode kommt. Niemand möchte das”, betont Sprecher Oliver Grimm gegenüber RTL. „Es ist jetzt wichtig, dass die Ereignisse der Nacht vollständig aufgeklärt werden. Wir haben ein großes Vertrauen in die ermittelnden Behörden.”

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Der Fall heizt die Diskussionen um Polizeigewalt und Rassismus erneut an. Denn Lorenz war eine Person of Color. Einige Initiativen sprechen von strukturellem Rassismus, andere mahnen zur Ruhe. Klar ist: Die Fragen werden drängender.