Psychotherapeutin erklärt mögliche Folgen für Aschaffenburg-Opfer
Was macht so eine Wahnsinnstat mit den betroffenen Kindern?
Ein Fremder greift plötzlich im Park mit einem Küchenmesser an, tötet!
Für eine Gruppe Kita-Kinder in Aschaffenburg wird dieser Albtraum am 22. Januar zur Realität. Der kleine Yannis und Kai-Uwe D., ein Passant, der helfen will, sterben. Ein kleines Mädchen, eine Erzieherin und ein weiterer Mann werden verletzt. All das passiert vor den Augen der anderen Kinder. Psychotherapeutin Rüya-Daniela Kocalevent erklärt im RTL-Interview, was das mit den ihnen machen kann.
Kinder könnten nach Messerattacke Angst, Scham und Schuld fühlen
Der Angreifer attackierte eine Gruppe aus dem „Kindernest Grenzenlos“. In der Einrichtung werden Kinder im Alter von eins bis drei vormittags betreut. Die Kleinen, die beim Messerangriff in Aschaffenburg dabei sind, sind also sehr jung. Trotzdem können auch sie den Horror schon bewusst mitbekommen haben, weiß die Expertin. „Kinder im Alter von zwei bis vier Jahren kriegen traumatische Ereignisse mit“, sagt Kocalevent.

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Weil sie noch nicht so gut sprechen können, falle es ihnen aber noch schwer, das Erlebte in Worte zu fassen. „Aber das, was im Gehirn ausgelöst wird an emotionaler Reaktion, ist sehr intensiv“, so die Psychotherapeutin. Kinder könnten nach traumatischen Erlebnissen starke Ängste, aber auch Scham und Schuldgefühle empfinden.
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Auch kleine Kinder können unter posttraumatischen Belastungsstörungen leiden
„Das Trauma bei so jungen Kindern kann man daran erkennen, dass sie unter Schlafstörungen leiden, dass sie viele Albträume haben, Wutausbrüche, manchmal ausgeprägte Trennungsängste oder Vermeidungsverhalten“, weiß Kocalevent. „Die wollen dann nicht mehr in die Kita gehen.“ Manche Kinder würden auch Entwicklungsrückschritte machen. All das könnten Hinweise auf eine posttraumatische Belastungsstörung sein. Symptome könnten aber auch erst später auftauchen – bis zu sechs Monate nach dem Vorfall.

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Kocalevent glaubt, dass die Situation im Park in Aschaffenburg „potenziell traumatisch“ für die Kitakinder gewesen sein könnte. „Das heißt, sie kann einen langfristigen Einfluss haben auf das Verhalten und die Psyche der Kinder, weil eben eine existenziell bedrohliche Situation entweder beobachtet wurde oder eben auch selber so empfunden wurde“, erklärt die Expertin.
Den Eltern der betroffenen Kinder rät sie, unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn sie das Gefühl hätten, die Situation selbst nicht bewältigen zu können. Traumatisierte Kinder hätten ein großes Bedürfnis „nach Sicherheit, Kontrollerleben und Bindung“.
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RTL-Sondersendung: Tödlicher Messerangriff in Aschaffenburg – was muss sich jetzt ändern?
RTL Aktuell sendete am Donnerstag (23. Januar) von 20.15 bis 20.30 Uhr eine Sondersendung zum Messerangriff in Aschaffenburg. Die ganze Folge könnt ihr auf RTL+ streamen. Wir haben den Tag und den Stand der Ermittlungen zusammengefasst. Außerdem wurde zu Politikern und Experten geschaltet, um die Frage zu klären, ob die Behörden (vorhandene) Gesetze konsequenter umsetzen müssten, oder ob die Politik nachjustieren sollte.