Tochter stirbt bei Ahrtal-Flut – Eltern verwirklichen ihren Wunsch
„Die Patisserie war immer ein Traum von Johanna”
Ein Andenken an ihre Johanna!
Mit einer besonderen Patisserie in Hamburg erinnert ein Paar an seine Tochter Johanna, die 2021 bei der Flutkatastrophe im Ahrtal starb. Den Plan der leidenschaftlichen Bäckerin und Konditorin haben Ralph und Inka Orth postum verwirklicht. Seit Anfang 2024 betreiben sie die „Pâtisserie Johanna“ in der Hafencity.
Eltern lassen Johannas Traum wahr werden
„Die Patisserie war immer ein Traum von Johanna. Johanna wollte schon sehr, sehr früh diesen Beruf lernen“, sagt Vater Ralph Orth. Und sie plante eine eigene Patisserie zu gründen. Im April 2021 hatte die gelernte Konditorin aus Bad Neuenahr die Meisterschule beendet. Für ihren zukünftigen Laden hatte sie schon einen Business-Plan erstellt und ein Logo entwerfen lassen.
Doch dann kommt alles anders: Die damals 22-jährige Johanna ertrinkt bei der Flutkatastrophe im Ahrtal in ihrer Erdgeschosswohnung. Mit ihr sterben in dieser Nacht 134 weitere Menschen. Dass damals niemand ihre Tochter und die Anwohner rechtzeitig warnte und evakuierte, ist für die Eltern bis heute sehr schwer zu ertragen. Doch aus der Trauer wächst ein Entschluss voller Liebe: Sie wollen Johannas Traum für sie verwirklichen.

Eine Extra-Praline ist Johanna gewidmet
„Ich bin eines Morgens wach geworden und habe gesagt, ich muss das lernen, was Johanna geliebt hat. Ich muss wissen, wie man Pralinen macht, wie man diese wunderbaren Törtchen macht.”, erzählt Inka Orth. In einer Patisserieschule in Ulm lernt sie den Konditormeister Marcel Reinhardt kennen und entschließt sich, gemeinsam mit ihm und ihrem Mann eine Patisserie in Hamburg zu eröffnen. Hier gibt es jetzt Törtchen, Macarons, Gebäck und Quiche - und auch ein Online-Shop gehört dazu. Eine „Signature-Praline“ mit Kirsch-Nougat-Füllung und einem Schmetterling ist Johanna gewidmet.
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Das richtige Rezeptur dafür zu finden sei nicht leicht gewesen, sagt Mutter Inka Orth. „Aber irgendwann war sie wirklich so, wie Johanna sie bei ihrer Prüfung gemacht hatte.“
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„Uns tut das sehr gut”
Schon ein Jahr nach der Eröffnung weiß das Ehepaar aus dem Ahrtal, dass es eine gute Entscheidung war. In der Patisserie fühlen sie sich ihrer Tochter ganz nah: An den Wänden hängen Fotos der Verstorbenen. „Wir merken einfach, dass uns das gut tut. Diese Traueranfälle, die man bekommt von Zeit zu Zeit, sind hier eher auszuhalten, weil wir hier sehr nah bei Johanna sind. Wir sind auch fest der Meinung, dass Johanna das von oben alles beobachtet, die Fäden in der Hand hat und die Dinge auch in unserem Sinne auch mitsteuert.“
Durch die Bilder sowie von einem Künstler entworfenen Bronze-Statuen lebe sie weiter. „Für uns bedeutet es, dass wir jeden Tag über Johanna sprechen und sie dadurch auch weiterhin mit der Mittelpunkt der Familie ist.“
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Viele Gäste kämen auch wegen der Geschichte der Tochter - einige von ihnen hätten auch Schicksale erlebt. „Manchmal gibt es Kunden, die einfach reinkommen und sagen: Darf ich Sie mal in den Arm nehmen - das ist voll in Ordnung für uns.“ Denn tröstende Worte gebe es für ihre Trauer oft nicht. (fst/dpa)