Junge starb auf der KlassenfahrtKeine Gerechtigkeit für Vincent (†10)? Seine Eltern sind „am Boden“

von Bastian Schlüter und Sebastian Stöckmann

Seit mehr als vier Jahren kämpfen Vincents Eltern für Gerechtigkeit.
In Verden steht am Mittwoch eine Frau vor Gericht, die für den Tod ihres Sohnes verantwortlich sein soll. Der Zehnjährige war 2019 auf einem Schulausflug von einer Lore überrollt worden und gestorben. Doch der Prozess wird schon am ersten Tag eingestellt, ein Urteil gibt es nicht. Kathleen (43) und Sven D. (47) ringen um Fassung, als sie im Anschluss mit RTL sprechen.
RTL.de ist jetzt auch bei Whatsapp – hier direkt ausprobieren!

Vincents Eltern wollen Antworten auf quälende Fragen

Vincents Eltern
Vincents Eltern ist die Empörung über das Ende des Prozesses deutlich anzumerken.
Crimespot

Vor dem Start der Verhandlung am Mittwoch wirkt Sven D. noch zuversichtlich: „Wir hoffen, dass wir nach viereinhalb Jahren mal einen Schritt weiterkommen in unserem Leben.“ Er und seine Frau Kathleen wirken aufgewühlt und nervös. Was sie sich vom Prozess erhoffen? „Dass geklärt wird, dass dieses Unglück nie hätte passieren dürfen und es nur passiert ist, weil Menschen schlimme, schlimme Fehler gemacht haben“, sagt der 47-Jährige.

Lesetipp: Amokfahrt in Volkmarsen: Angeblicher Ersthelfer soll 40.000 Euro ergaunert haben

Waldpädagogikzentrum Hahnhorst: Junge wird von Lore überrollt und stirbt

Juni 2019: Mit seinen Mitschülern der fünften Klasse bricht Vincent zum Waldpädagogikzentrum Hahnhorst in Niedersachsen auf. Für den Zehnjährigen ist es die erste großen Klassenfahrt; die Kinder sollen bei dem Ausflug den Lebensraum Wald kennenlernen. Am 18. Juni 2019 geschieht das Unglück: Nach einer Frühstückspause im Freien tobt Vincent mit Klassenkameraden auf einer beweglichen Lore auf dem Waldgelände. Das Schienenfahrzeug ist ein Überbleibsel einer Erzbergbau-Grube, die sich früher dort befand. Es wurde später zu einem Spielgerät für Kinder umgebaut.

Plötzlich setzt sich der 400 Kilogramm schwere Wagen auf den Schienen in Bewegung und überrollt den Zehnjährigen. Für Vincent kommt jede Hilfe zu spät.

Lesetipp: Stalker bietet Ex-Freundin zum Sex an – und kommt mit einer Geldstrafe davon

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Tod auf der Klassenfahrt: Prozess soll Schuldfrage klären

Vincents Eltern quält jahrelang die Frage, wer schuld am Tod ihres geliebten Kindes ist. Verschiedene Gutachten und mehrfach abgelehnte Anklagen verzögern den Beginn eines Prozesses immer weiter.

Fast viereinhalb Jahre nach dem Unglück beginnt am Landgericht Verden der Prozess gegen eine Mitarbeiterin (35) des Waldpädagogikzentrums. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, die fahrbereite Lore nicht überprüft und vor nicht dem Gerät gewarnt zu haben. „Kein Kind dieser Welt, was Eltern aus den Händen geben, darf auf einer Klassenfahrt sterben“, sagt Sven D. einige Tage vor Prozessbeginn.

Landgericht Verden: Verfahren gegen Geldbuße eingestellt

Doch wenige Stunden nach Verhandlungsbeginn der Schock: Das Verfahren gegen die 35-Jährige wird gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Aus Sicht des Gerichts handelt es sich um einen tragischen Unfall. „Wir sind am Boden“, erklärt Sven D. nach dem Prozess. „Genau das, wovor wir Angst hatten, ist eingetreten.“ Auch Kathleen D. hatte „bis zuletzt gehofft, dass die Gerechtigkeit siegt“.

Der Schock und die Empörung sind Vincents Eltern deutlich anzumerken. „Diese Farce: viereinhalb Jahre Aufarbeitung, dass es so endet – unvorstellbar“, sagt Sven D. „Wir reden immer von unseren Kindern als wichtigstem Gut. Wie wird das hier aufgewogen gegen ein Kinderleben, das Menschen auf dem Gewissen haben?“

Wie es für ihn und seine Frau weitergeht, weiß der 47-Jährige nicht. Nur so viel: „Ich hoffe, es macht uns nicht kaputt.“