Ein komisches Gefühl

Unser Reporter gibt bei Russen-Wahl seine Stimme ab

RTL-Reporter Dimitri Blinski an der russischen Botschaft in Berlin.
RTL-Reporter Dimitri Blinski an der russischen Botschaft in Berlin.
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von Dimitri Blinski

Wie fühlt es sich an, gegen Putin zu stimmen?

In Deutschland lebende Russen können an der Präsidentenwahl in Russland teilnehmen. Auch ich kann am Sonntag (17. März) meine Stimme in der Botschaft in Berlin abgeben. Wie sich das angefühlt hat.

„Ein komisches Gefühl“ in der Botschaft

Nach mehr als zwei Stunden Anstehen in der Berliner Kälte, kann ich endlich durch das Tor mit der Aufschrift „Botschaft der Russischen Föderation“ gehen. Es ist einer dieser ganz seltenen Momente, in dem man die Botschaft durch den Haupteingang betreten darf. Ein komisches Gefühl, schließlich ist das da russisches Gebiet.

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Die deutsche Polizei darf dort nicht rein. Sollte ich als deutscher-russischer Journalist irgendwie negativ auffallen – gibt’s erst mal keine Hilfe. Direkt nach dem Eingang muss ich alle Gegenstände abgeben – kein Smartphone, kein Taschentuch, nicht mal meine Uhr darf ich anlassen. Alles kommt in Boxen und wird weggesperrt. Man will wohl nicht, dass drinnen jemand seinen Wahlzettel fotografiert oder ein Protestvideo dreht.

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Im Video: Putin lässt (sich) wählen

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Sicherheitskontrolle, wie am Flughafen

Dann geht’s durch eine Sicherheitskontrolle, wie am Flughafen. Ein Mann tastet die Frau vor mir ab und fragt: „Na, wann waren Sie das letzte Mal hier?“ Sie sagt ganz verlegen, dass sie das erste Mal da sei. Das kann er nicht verstehen. Mich fragt er mit einem Lächeln, wie ich den „Service“ hier finde.

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Durch die goldene Tür betrete ich zusammen mit einer Gruppe junger Frauen und Männer das Botschaftsgebäude. Die Gruppe habe ich vorher in der Warteschlange kennengelernt. Die meisten von ihnen sind erst seit wenigen Jahren in Deutschland. Sie haben es in Russland einfach nicht mehr ausgehalten – einen neuen Job gesucht und leben jetzt hier. Sie alle sind gegen Putin.

Eine junge Frau und ihr Freund wohnen jetzt in Berlin. Sie sind in Sicherheit hier, aber ihr Leben ist natürlich ganz anders geworden. „Wir können jetzt immer so drei bis vier Monate vorausplanen“, sagt die Frau mir. Mit ihrer Stimme wollen sie alle jetzt zeigen, dass eben nicht für Putin sind. Sie sind sich sicher, irgendjemandem wird das auffallen, auch wenn die Wahl am Ende höchstwahrscheinlich manipuliert wird.

Russischer Botschafter beobachtet Wahl

Mit großer Neugier, aber auch einem mulmigen Gefühl betrete ich eine pompöse Treppe. Es geht hinauf, vorbei an vielen grimmig schauenden Sicherheitsmännern, hoch in einen großen Saal. Das Erste, was mir auffällt: Auf der Bühne sitzt der russische Botschafter in Deutschland – Sergej J. Netschajew höchstpersönlich! Der 71-Jährige schaut mit sehr ernstem Blick auf alle anderen herunter. Er ist verantwortlich dafür, dass hier alles richtig abläuft. Neben ihm sitzen auch noch andere, scheinbar wichtige Menschen.

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Ich setzte mich an einen der 17 Plätze – dort wird mein russischer Pass gecheckt und kontrolliert, ob ich heute schon einmal gewählt habe. Dann muss ich unterschreiben und bekomme den Wahlzettel. Dort stehen vier Namen, Putin an zweiter Stelle. Damit gehe ich in eine Wahlkabine, ziehe den Vorhang zu und gebe meine Stimme ab. Übrigens, nicht für Putin – der Rest ist Wahlgeheimnis.

Danach kommt der Wahlzettel in eine durchsichtige Urne und da nicht jeder sein Papier faltet, kann ich teilweise sogar sehen, bei wem die Menschen ihre Kreuze gemacht haben. Beim Verlassen der Botschaft verabschiede ich mich von der Gruppe, alle wirken erleichtert. Und das bin ich jetzt auch.

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