Verteidigungsministerin Lambrecht tritt zurück
Politiker-Skandale: Wer musste gehen und wer ist im Amt geblieben?
Für Christine Lambrecht wurde der Druck zu groß. Dienstgrade, Pumps und Silvester-Video brachten das Fass der politischen „Lambrecht-Skandale“ zum Überlaufen. Die Ministerin zog Konsequenzen und kündigte am Montag (18. Januar) ihren Rücktritt an. Lambrecht ist aber nicht die Erste, die vorzeitig von einem politischen Amt zurückgetreten ist. Plagiatsfälle und andere politische Skandale haben auch andere Politiker zum Rücktritt bewegt. Doch es gibt auch die, die trotz schwerwiegender politischer Skandale im Amt geblieben oder sogar aufgestiegen sind.
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Anne Spiegel
Der letzte Rücktritt vor Lambrecht ist noch gar nicht so lange her. Im April 2022 hatte Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen) ihren Rücktritt verkündet.
Der Hintergrund: Spiegel hatte als rheinland-pfälzische Umweltministerin zehn Tage nach der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Juli 2021 einen vierwöchigen Urlaub in Frankreich gemacht. Sie behauptete zunächst, sie habe auch im Urlaub an den wichtigen Kabinettssitzungen teilgenommen, räumte aber später ein, dass dies gelogen war.
Auf einer emotionalen Pressekonferenz bat Spiegel unter Tränen um Entschuldigung und verkündet später ihren Rücktritt: „Ich habe mich heute aufgrund des politischen Drucks entschieden, das Amt der Bundesfamilienministerin zur Verfügung zu stellen.“ Die Opposition im Bundestag hatte sie zuvor scharf für ihr Handeln kritisiert
Franziska Giffey
Eine weitere Politikerin, die ihren Ministerposten frühzeitig aufgegeben hat, ist Franziska Giffey (SPD). Am 20. Mai 2021 trat Giffey als damalige Familienministerin im Kabinett von Angela Merkel zurück. Seit dem 21. Dezember 2021 ist Giffey Regierende Bürgermeisterin von Berlin.
Der Hintergrund: Erstmals wurde Giffey 2019 mit Plagiatsvorwürfen in ihrer Doktorarbeit konfrontiert. Die Freie Universität Berlin sprach eine Rüge aus. Doch im Mai 2021 gab es neue Vorwürfe. Die Universität signalisierte die Aberkennung des Titels. Giffey trat zurück – zwei Wochen später verlor sie ihren Titel. Ihre Nachfolgerin wurde übrigens die damalige Justizministerin Christine Lambrecht.
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Olaf Scholz
Ja, auch unser jetziger Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stand im Mittelpunkt einiger politischer Skandale – allerdings noch vor seiner Zeit als Bundeskanzler.
Der Hintergrund: Dazu gehören unter anderem der Wirecard-Skandal, mit dem Scholz 2020 als Bundesfinanzminister zu tun hatte, die Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel 2017 in Hamburg und der „CumEx“-Skandal, mit denen Scholz als Regierender Bürgermeister von Hamburg zu tun hatte.
Doch alle diese Skandale schadeten Scholz nicht. Er bleibt in all seinen Ämtern und wurde schließlich 2021 zum Bundeskanzler gewählt.
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Umfrage: Sollten mehr Politiker Konsequenzen aus politischen Skandalen ziehen?
Anmerkung der Redaktion: Ergebnisse unserer Opinary-Umfrage sind nicht repräsentativ.
Jens Spahn
Auch Jens Spahn (CDU) ist im Amt geblieben – dabei gab es einigen Ärger wegen eines „Masken-Skandals“.
Der Hintergrund: Spahns Gesundheitsministerium soll in den Anfängen der Corona-Pandemie 2020 unbrauchbare Masken im Wert von einer Milliarde Euro gekauft haben. Diese wurden allerdings nicht aussortiert, sondern stattdessen Obdachlosen und Hartz-IV-Empfängern angeboten. Die Opposition forderte Spahns Rücktritt als Gesundheitsminister. Spahn wurde auch insgesamt wegen seines Corona-Managements während der Pandemie kritisiert. Im Amt geblieben ist er trotzdem.
Armin Laschet
Um ein ähnliches Thema ging es auch bei CDU-Kollege, Kanzlerkandidat und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.
Der Hintergrund: Laschet hatte während der Corona-Pandemie einen Maskendeal in Höhe von rund 45 Millionen Euro mit der Modefirma „van Laack“ abgeschlossen. Später wurde Laschet Vetternwirtschaft vorgeworfen, denn den Kontakt zur Millionen-Deal-Firma hatte Laschets Sohn hergestellt.
Trotz viel Kritik, vor allem vonseiten der SPD, blieb Laschet im Amt und trat später sogar als Kanzlerkandidat der CDU bei der Bundestagswahl an.
Karl-Theodor zu Guttenberg
Ein Politiker, der Konsequenzen aus einem politischen Skandal gezogen hat, war CSU-Mann Karl-Theodor zu Guttenberg. Zu Guttenberg hatte Aussicht auf eine rosige Zukunft und wurde von einigen sogar als möglicher Nachfolger von Angela Merkel gehandelt.
Der Hintergrund: 2011 bescherte ihm eine Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit einen politischen Skandal. Teile seiner Doktorarbeit hatte der CSU-Politiker wohl abgeschrieben und nicht als Zitat kenntlich gemacht. Die Konsequenz: Zu Guttenberg verlor seinen Doktortitel und trat im Anschluss Anfang März 2011 als damaliger Verteidigungsminister von seinem Amt zurück.
Annegret Kramp-Karrenbauer
Konsequenzen aus einem politischen Skandal zog auch die ehemalige Verteidigungsministerin und CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer.
Der Hintergrund: In Thüringen wurde 2020 der FDP-Landtagsabgeordnete Thomas Kemmerich mit den gemeinsamen Stimmen von AfD und CDU zum Ministerpräsidenten gewählt. Die Zusammenarbeit von AfD und CDU sorgte nicht nur in der eigenen Partei für Unmut. Viele sahen die gemeinsame Wahl von CDU und der rechtspopulistischen AfD als Tabubruch. Als Vorsitzende der CDU zog Kramp-Karrenbauer die Konsequenz. Sie gab den Parteivorsitz und damit auch ihre Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur zur Nachfolge von Angela Merkel auf.
Andreas Scheuer
Um den ehemaligen CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer gab es gleich mehrere Skandale. Kaum ein anderer Politiker im Ministeramt stand so sehr in der Kritik wie Scheuer. Zurückgetreten ist er deshalb nicht.
Der Hintergrund: Im Juni 2019 wurde eins der wichtigsten Projekte von Scheuer – die PKW-Maut – vom Europäischen Gerichtshof für rechtswidrig erklärt und gestoppt. Das Problem: Scheuer hatte zu diesem Zeitpunkt bereits alle Verträge mit den beteiligten Firmen unterzeichnet. Die Betreiber forderten im Nachgang 560 Millionen Schadensersatz von der Bundesregierung. Wie viel die Betreiber vom Staat – das heißt auch auf Kosten der Steuerzahler – bekommen, ist noch nicht klar. Im Juni vergangenen Jahres wurde bekannt, dass vermutlich allein die Prozesskosten die Bundesregierung rund 21,5 Millionen Euro kosten werden.
Ursula von der Leyen
Auch die Karriere der jetzigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat einen politischen Skandal überlebt.
Der Hintergrund: In der so genannten Berateraffäre ging es 2020 um von der Leyens Rolle als Verteidigungsministerin. Der Vorwurf: die Vergabe rechtswidrige Auftragsverfahren an externe Berater der Bundesregierung in Millionenhöhe und mögliche Vetternwirtschaft. Von der Leyen stand damals scharf in der Kritik, trat allerdings nicht von ihrem Posten zurück. (khe)
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