Komplett gaga oder etwas, auf das wir uns in Zukunft einstellen müssen?Charakter und Optik auf Bestellung: Unternehmen entwickelt Designer-Baby-Maschine
Ist es ein realistischer Blick in die Zukunft – oder einfach nur absurd? Die erste künstliche „Gebäreinrichtung“ der Welt, EctoLife, soll Kinderwünsche auf einfache Art und Weise erfüllen. Noch besser: Die werdenden Eltern sollen im Voraus bestimmte Eigenschaften ihres noch ungeborenen Kindes auswählen dürfen. Größe, Alter und Intelligenz quasi à la carte bestellen? Das Elite-Paket macht es möglich.
Embryo im Voraus genetisch verändern? Das soll in Zukunft möglich sein!

Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihren Embryo – sprich Ihr zukünftiges Kind – genetisch so verändern, dass er bestimmte Charaktereingenschaften, die Sie sich wünschen, mit sich bringt. Hat man eine Auswahl getroffen, wie groß das Kind werden oder welche Hautfarbe es haben soll, wird der Embryo in eine künstliche Gebärmutter eingepflanzt, wo er in Ruhe heranwachsen kann und voilà – fertig ist das bestellte Designer-Baby. Herzlichen Glückwunsch, Ihr „gezüchtetes“ Kind ist da.
In einer Erklärung des Unternehmens heißt es dazu: „Wenn Sie möchten, dass sich Ihr Baby von anderen abhebt und eine bessere Zukunft hat, bietet Ihnen unser Elite-Paket die Möglichkeit, den Embryo genetisch zu verändern, bevor er in die künstliche Gebärmutter eingepflanzt wird. Dank des Gen-Editierwerkzeugs CRISPR-Cas 9 können Sie jedes beliebige Merkmal Ihres Babys durch eine breite Palette von über 300 Genen bearbeiten. Mit dem Elite-Paket können Sie die Augenfarbe, die Haarfarbe, den Hautton, die körperliche Stärke, die Größe und die Intelligenz Ihres Babys durch Genmanipulation verändern“, so berichtet das Nachrichtenunternehmen „Newsflare“.
Was dystopisch und nach Science-Fiction-Film klingt, ist laut des Unternehmens Ectolife aber gar nicht mehr so unwahrscheinlich. In ihrem Schreiben und einem neuen Clip, der auf YouTube bereits etliche Male geklickt wurde, wird erklärt, wie unter anderem ein solches Auswählen in Zukunft aussehen könnte.
Medizinischer und technologischer Fortschritt: Bringt EctoLife auch Vorteile mit sich?
Das System EctoLife, das laut „Newsflare“ auf 50 Jahre interdisziplinärer Forschung basiert, hat es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht, einen maßgeblichen Beitrag zur Reproduktionsmedizin leisten zu wollen. Schon längst sind Möglichkeiten wie In-vitro-Fertilisation für Frauen, die einen unerfüllten Kinderwunsch hegen, oder Brutkästen, die das Leben und eine gesunde Entwicklung von Frühchen gewährleisten soll, keine Seltenheit mehr. Doch das, was der Molekularbiologe Hashem Al-Ghaili mit EctoLife vorstellt, hört sich trotz allem irgendwie absurd an.
In einer Anlage, die aus erneuerbaren Energien besteht, sollen in Zukunft bis zu 30.000 Menschen in künstlichen Gebärmuttern heranreifen können.
Eine gute Nachricht: Ein solch künstliches Heranreifen würde auch bedeuten, dass genetisch vererbbare Krankheiten umgangen werden können. Ein weiteres Ziel des Unternehmens: Auch Frauen, denen zum Beispiel aufgrund einer Krebserkrankung der Uterus operativ entfernt werden musste, sollen mit Hilfe von EctoLife eine Chance auf eigenen Nachwuchs bekommen.
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Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht schätzt das Verfahren ein
Aber wie wahrscheinlich ist das Verfahren und die Vision von Hashem Al-Ghaili und seinem Team?Ist es wirklich Zukunftsmusik oder doch eher Science-Fiction?
Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht hat eine klare Meinung zu Molekularbiologe Hashem Al-Ghailis neustem Projekt: „Das Ganze ist kurios“, sagt er im Interview mit RTL. Außerdem glaubt Specht, dass Al-Ghaili ein guter Selbstdarsteller sei, der gerne ganz groß rauskommen wolle. „Er ist clever, er hat einen klugen Kopf, er sieht gut aus. Er ist sprachgewandt. Er hatte immer schon das Talent Dinge gut darstellen zu können“, so Specht. Und weiter: „Was er bisher gemacht hat, war alles sehr seriös. Aber das hier ist ja ein komplettes Werbevideo.“ Dabei gibt Specht zu bedenken, dass man auch hinterfragen müsse, wo das Geld für das Video herkomme. Wer das bezahlt habe und wer dahinterstecke.
Zudem hat der Allgemeinmediziner noch eine ganz andere Vermutung. „Vielleicht ist es auch ein Experiment von ihm oder von der Institution, in Kombination mit mehreren Stellen, zum Beispiel so einer Filmhochschule. Es würde mich auch nicht wundern, wenn das irgendwann als Studienarbeit rauskommt.“
Dass es bereits Ideen für einen „künstlichen Uterus“ gebe, sei laut Specht klar. Von der Umsetzung sei man jedoch noch weit entfernt, sodass man noch kein „kommerzielles Angebot, wie es ja hier zu sein scheint“, machen könne.
Das Fazit von Dr. Specht lautet:
„Das ist eine Zukunftsvision, die in Hochglanz dargestellt worden ist, ethisch extrem problematisch natürlich und technisch in der Umsetzung gibt es Details davon, aber noch lange nicht so, dass es tatsächlich komplett umsetzbar wäre. Aber nicht ausgeschlossen, dass es eines Tages natürlich mal umsetzbar wäre“, schließt der Mediziner.
Im Werbevideo klingt das allerdings anders.
Ihre Meinung ist gefragt!
Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.
Revolution oder Entmenschlichung?
Oder aber man lässt Argumente wie die eigene Gesundheit außen vor und entscheidet: Mit den Anstrengungen, Schmerzen und Risiken einer Schwangerschaft und Geburt möchte ich schlichtweg nichts zu tun haben! Trifft man diese Auswahl, dann wird das Baby einfach „bestellt“, in einer Brutstation „gezüchtet“ und in ihrer Kapsel von einer Künstlichen Intelligenz mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt. Die werdenden Eltern können per App auf dem Laufenden gehalten werden und sich so dem Baby nah fühlen.
Der Geburtsvorgang geschieht dann per Knopfdruck, eine „sichere, schmerzfreie Alternative, mit der Sie Ihr Baby ohne Stress zur Welt bringen können. Der Entbindungsprozess ist reibungslos, bequem und kann mit nur einem Knopfdruck durchgeführt werden. Nach Ablassen des Fruchtwassers aus der künstlichen Gebärmutter, können Sie Ihr Baby ganz einfach aus der Wachstumskapsel nehmen.“
Im Video: Welche Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung gibt es?
Ethisch schwieriges Thema
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Noch sei es, so Hashem Al-Ghaili, aber noch gar nicht so weit: „Wenn die ethischen Beschränkungen gelockert werden, rechne ich mit 10 bis 15 Jahren, bevor EctoLife überall zum Einsatz kommt. Hinzu kommen fünf Jahre, in denen wir die Öffentlichkeit sensibilisieren und aufklären müssen, um die Menschen für diese Technologie zu sensibilisieren. Unser Ziel ist es, Ihnen einen intelligenten Nachwuchs zu schenken, der Ihre klugen Entscheidungen widerspiegelt.“
Haben wir es bei EctoLife mit einer Revolution zu tun – oder mit Entmenschlichung? Die User, die fleißig unter dem YouTube-Video kommentieren, sind alles andere als begeistert. Die Idee solcher Brutkapseln wirft ethische Fragen auf. Darf der Mensch überhaupt so weit in die Natur eingreifen? Wo ziehen wir die Grenze? (kko)