Drei Eltern, ein Baby: USA diskutieren Gen-Experimente am Menschen

In den USA wird eine neue Technik diskutiert, mit der ein Embryo aus den Genen von drei Eltern erschaffen werden kann. Die Methode könnte Frauen helfen, die an einem gravierenden Gen-Defekt wie zum Beispiel Organschäden, Epilepsie oder Blindheit leiden und Angst davor haben, diese Krankheit an ihr Baby zu vererben. Doch die Technik mit dem Namen 'Drei-Eltern IVF (in-vitro-Fertilisation, dt. 'Befruchtung im Glas')' stößt auf heftigen Gegenwind. Kritiker führen vor allem ethische Bedenken an. Der Schritt zum 'Designer-Baby' sei nicht mehr fern.
Zwei Tage lang soll das Meeting der Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelzulassungsbehörde (FDA) mit Wissenschaftlern und prominenten Kritikern dauern. Das Thema: brisant. Mit der neuen Technik wird es ermöglicht, aus dem Gen-Material dreier Personen einen Embryo zu kreieren. Gibt die FDA grünes Licht, wäre der Weg für Versuche am Menschen frei. Ein hoch umstrittenes und ethisch brisantes Pflaster.
Unter den Wissenschaftlern, die in der Anhörung sitzen, ist auch der US-Zellbiologe Shoukhrat Mitalipov von der Universität Oregon. Er hat als erster Forscher menschliches Leben geklont und gilt als Pionier der 'Drei-Eltern IVF'. Mitalipov produzierte mit der umstrittenen Methode bereits fünf gesunde Affen. Dabei entnahmen er und sein Team krankes Genmaterial aus dem Ei eines Muttertieres und ersetzten es durch gesunde Mitochondrien einer anderen Affendame. Das Ei wurde anschließend befruchtet und eingepflanzt. Erfolgreich. Jetzt will Mitalipov die Methode auch am Menschen testen. Ein Experiment, das auf heftigen Widerstand stößt.
Sicherheit der Methode wäre erst nach Jahrzehnten gewährleistet
Kritiker fordern die FDA auf, solche Versuche am Menschen zu blockieren. Die medizinischen, ethischen und sozialen Folgen seien nicht absehbar. "Wir reden hier über radikale Experimente mit der Zukunft unserer Kinder", zitiert 'abc News' Marcy Darnovsk, Chefin vom Institut für Genetik und Gesellschaft, das sich gegen das Verfahren stark macht. "Eine Entscheidung von so schwerer Tragweite darf nicht hinter den meist verschlossenen Türen der FDA getroffen werden." Es wäre das erste Mal, dass die Behörde eine Gen-Technik billigen würde, die einen dermaßen eklatanten Einfluss auf die Nachkommen habe.
Auch Experten auf dem Gebiet mahnen, dass Forscher die Auswirkungen der Methode über lange Zeit verfolgen müssen, um sicherzustellen, dass sie keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach sich zieht. "Das Experiment wird erst Jahrzehnte später zu Ende sein", sagte Keith Latham von der Universität Michigan laut den 'abc News' bei einer Präsentation. "So lange würde es dauern, um die Gesundheit der Kinder zu prüfen, die mit Hilfe des Verfahrens gezeugt wurden."
Kritiker befürchten zudem, dass es von da an nur noch ein kleiner Schritt zum Designer-Baby wäre, bei dem Eltern Eigenschaften wie Augen- und Haarfarbe, Größe und Intelligenz bestimmen können.
Befürworter der Methode halten dagegen. “Es geht nicht darum, Designer-Babys zu erschaffen. Wir versuchen nur, furchtbare Krankheiten zu stoppen", argumentiert Susan Solomon, Chefin der New Yorker Stammzellen-Stiftung, die an einem ähnlichen Verfahren wie dem von Shoukhrat Mitalipov arbeitet. Solomon sehe vor allem den großen Nutzen, den die Technik für Frauen mit Gendefekt haben könnte. "Ich glaube nicht, dass wir uns von der Angst vor dem Unbekannten lenken lassen sollten", so Solomon laut der 'Washington Post'.
Einige Berater der FDA äußerten dem Blatt zufolge am Dienstag bereits Bedenken zu möglichen Schäden der Embryos, die durch die Prozedur entstehen könnten. "Es gibt große Sorge um das Wohlergehen der Kinder", fasste Evan Y. Synder, Vorsitzender des Ausschusses, die Vorbehalte zusammen. Es gebe nach Ansicht des Komitees zu diesem Zeitpunkt zu wenige Daten aus in-vitro- oder Tierversuchen, um den Schritt zu Experimenten am Menschen zu gehen. Trotzdem betonte Synder auch das große Potential der neuen Technik. Die Forschung auf diesem Gebiet sei "unglaublich fesselnd und in vielerlei Hinsicht aussichtsreich".
Normalerweise folgt die FDA der Meinung ihrer Berater. Sollte es auch dieses Mal so kommen, dürften die Forscher ihre Methode weiterhin nur an Tieren testen. Wie die 'Washington Post' berichtet, stoppte die FDA schon einmal Gen-Versuche am Menschen. 2001 hatten Forscher an schätzungsweise 30 Kindern eine ähnliche Methode getestet, bei der ebenfalls DNA von drei Eltern kombiniert wurde. Die Idee eines 'Drei-Eltern-Babys' war jedoch so kontrovers, dass die Behörde die Wissenschaftler damals anwies, nur noch an Tieren zu testen.