Leon (†6) ertrank in Kitzbüheler Ache - Vater vor Gericht
„Ich hatte kein Motiv, meinem Sohn das anzutun”
Er weint beim Prozessauftakt und beteuert seine Unschuld!
Florian A. soll seinen Sohn Leon getötet haben. Der 39-Jährige weist vor dem Innsbrucker Landgericht jede Schuld von sich. Er bleibt dabei, dass Leons Tod ein tragischer Unfall gewesen sei.
So wirkt der Angeklagte auf die Prozessbeobachter
Wie wirkt der Angeklagte am ersten Tag des mit Spannung erwarteten Prozesses? Alles in allem macht er einen eher ruhigen und gefassten Eindruck. Zum Tränenausbruch kommt es beim Prozessauftakt am 17. Juli bei seiner Schilderung der Nacht, in der Leon ertrank.
Laut seiner Aussage sei er bei einem nächtlichen Spaziergang mit seinem Kind überfallen und bewusstlos geschlagen worden. Während seiner Ohnmacht müsse Leon aus dem Kinderwagen geklettert, in den nahe gelegenen Fluss Ache gestürzt und ertrunken sein. Die Staatsanwaltschaft hält diese Version für vollkommen unglaubwürdig. Es gäbe keine Gutachten und keine Indizien, die A.‘s Aussage stützten.

Florian A. beansprucht mit großer Detailfreude seiner Aussage die Konzentration seiner Zuhörer. Er redet schnell, wie aufgedreht. Teilweise wirkt es so, als würde er sich um Kopf und Kragen reden. Als er wieder einmal sehr ausschweifend schildert, wo und wann er in der fraglichen Nacht was und warum gemacht habe, unterbricht der Richter den Angeklagten. Er möge bitte nur die Chronologie schildern, mahnt der Richter.
„Ich habe meinen Sohn geliebt, so wie meine ganze Familie“
A. schildert ausführlich die Probleme, die seine Familie im Alltag mit Leon und seiner Krankheit hatte. Ruhig und besonnen signalisiert der Richter Verständnis für die Ausführungen, weist Florian A. aber darauf hin, dass die Menge an Details zu viel Zeit kosten würden und für den Fall nicht wichtig seien. Breiten Raum nimmt dabei Leons Behinderung ein. Der Junge litt an dem äußerst seltenen Syngap-Syndrom. Er konnte nicht sprechen, hatte Epilepsie, Autismus und war geistig behindert. Hatte teilweise 70, 80 Anfälle am Tag, wachte nachts ständig auf, schildert der Angeklagte am zweiten Prozesstag.
A. erklärt, wie er mit Leon kommuniziert hat, weil der Junge nicht sprechen konnte. Wie wichtig Symbole und non-verbale Kommunikation waren. Dass er zum Beispiel „auf den Oberschenkel klopfen“ musste, was „nochmal“ bedeutet habe. Es sei schwierig gewesen, Leon durch Fremde betreuen zu lassen. „Vielen war es zu viel oder sie waren nur kurz da”, erzählt er.
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Schwierigkeiten als mögliches Motiv?
Während seiner Schilderungen lächelt der Angeklagte häufig, beim Zuhören entsteht der Eindruck, als sei es eine Mischung aus Unsicherheit und dem Zurückdenken an nette Situationen, an die schönen Zeiten mit seinem Sohn. Eindringlich beschreibt er aber auch die Schwierigkeiten. Es wird deutlich, wie herausfordernd das Leben mit Leons Krankheit für die Familie gewesen sein muss.
Für den Staatsanwalt sind die Umstände ein mögliches Motiv. Der Vater wollte den Jungen und seine Familie vielleicht erlösen, mutmaßt er. Zudem habe er kurz zuvor erfahren, dass die Suche nach einem Kindergartenplatz gescheitert sei. Allerdings räumte er ein, dass Florian A. wohl ein liebevoller Vater gewesen sei. Der Angeklagte selbst sagt: „Es gibt kein Motiv. Ich hatte kein Motiv, meinem Sohn das anzutun. Ich habe meinen Sohn geliebt, so wie meine ganze Familie.“ A. und seine Frau haben noch eine Tochter.
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Drei Prozesstage geplant - Urteil am 1. August
Der Tod des kleinen Jungen hatte weit über Österreich hinaus Aufmerksamkeit hervorgerufen. Die Ermittler waren zunächst von einem Raubüberfall ausgegangen. Später wendete sich das Blatt und der Vater wurde ein halbes Jahr nach dem Vorfall festgenommen.
Der Prozess ist auf drei Tage angesetzt. Anders als in Deutschland sind in Österreich Prozesstage mit einer Dauer von 9 bis 20 Uhr keine Seltenheit. Eine Schlüsselrolle bei dem Prozess spielen die acht Geschworenen. Sie sind juristische Laien, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden. Die Geschworenen bestimmen allein über Schuld oder Unschuld des Verdächtigen. Das Urteil soll am 1. August fallen.
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