Aktenzeichen XY zeigt alten Mordfall Tod im Schwesternwohnheim! Wurde Maria Köhler (✝︎19) aus Eifersucht erdrosselt?

Maria Köhler getötet
Maria Köhler wird 1984 in dem Schwesternwohnheim, in dem sie lebt, getötet.
Polizei Unterfranken
von Michaela Johannsen

„Vergessen kann man nie.“
Christine (67) vermisst ihre kleine Schwester Maria Köhler (✝︎19) jeden Tag. Seit 1984! Christine hofft auf Gerechtigkeit. „Ich will, dass er seine Strafe kriegt“, sagt sie über den Mörder ihrer Schwester. „Jede zehn Jahre habe ich bei der Polizei angerufen, weil Mord verjährt ja nie. Aber das hat irgendwie nie was gebracht.” Doch jetzt kommt Bewegung in den Fall aus Aschaffenburg. Die Polizei ermittelt wieder. Und auch in der Sendung „Aktenzeichen XY… Ungelöst” ist der Mord an Schwesternschülerin Maria Köhler Thema.

Neue Ermittlungen in Mordfall: Wo ist Nazmi Gezginci?

Die Kommissare Jörg Albert (48), Mike Schloth (47) und ein großes Ermittler-Team der Kripo Aschaffenburg wollen den Mörder von Maria fassen und hinter Gitter bringen. Sie suchen nicht nach einem unbekannten Killer. Die Polizei ist sich sicher: Marias Ex-Freund Nazmi Gezginci (65) ist auch ihr Mörder. Er soll nach über 40 Jahren endlich überführt werden. Von Anfang an war der Mann aus Antakya im türkisch-syrischen Grenzgebiet im Fokus.

Nazmi Gezginci flüchtet nach Marias Tod ins Ausland
Gegen Maria Köhlers Ex-Freund Nazmi Gezginci liegt seit Jahren ein Haftbefehl vor.
Polizei Unterfranken

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Nazmi Gezginci reist 1978 als Tourist nach Deutschland ein – weil er heiratet, kann er bleiben. Doch die Ehe zerbricht. Ein paar Jahre später lernt er Maria kennen. Das Paar ist eineinhalb Jahre zusammen, bis Maria die Beziehung beendet. Nazmi Gezginci bleibt in Aschaffenburg. Er hat Familienangehörige und Bekannte in der Stadt. Seine Spitznamen sind Ahmet, Nazim oder Yilmaz. Auffällig ist seine Körpergröße von 1,94 m. Schon damals hat er sein Aussehen gern verändert. Heute dürfte sein Äußeres ganz anders sein als 1984. Die Polizei fragt deshalb ganz konkret:

  • Wer weiß, wo sich der Gesuchte nach Juli 1984 aufgehalten hat?

  • Wer kann mitteilen, wo Nazmi Gezginci heute lebt?

  • Wer kann der Kriminalpolizei aktuellere Fotos von ihm zur Verfügung stellen?

Maria Köhler wurde mit einem Schal erdrosselt

Die angehende Krankenschwester Maria Köhler (✝︎19) will nach der Beziehung mit Nazmi ihre Zukunft neu gestalten. Sie ist lebensfroh und frisch verliebt in einen jungen US-Soldaten. Mit ihm verbringt sie das Wochenende vom 28. und 29. Juli 1984. Doch ihr Ex lässt nicht locker. Immer wieder taucht er in ihrer Nähe auf. Maria hat Angst vor ihm, fühlt sich beobachtet und bedroht. Mehrfach fällt Gezginci am Montag auch anderen vor dem Schwesternwohnheim und an der Notaufnahme des damaligen Krankenhauses auf.

Schwesternwohnheim, in dem Maria Köhler lebte
Maria Köhler wird von Koleginnen tot im Schwesternwohnheim gefunden.
Polizei Unterfranken

Kurz vor ihrem Tod trifft Maria eine Kollegin. Sie ist die Letzte, die sie lebend sieht. Die beiden Frauen sind in Eile, denn um 12.30 Uhr ist Dienstbeginn. Im Krankenhaus in Aschaffenburg erscheint Maria nicht. Als sie auch am nächsten Tag nicht zum Dienst kommt, suchen ihre Kolleginnen nach ihr. In Zimmer 506 macht die Schulschwester die schreckliche Entdeckung. Die Polizei rekonstruiert: Am 30. Juli 1984 zwischen 12 und 13 Uhr wird Maria mit ihrem Schal stranguliert.

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Marias Schwester Christine wird die Todesnachricht überbracht: „Es war schrecklich. Ich bin selbst Krankenschwester. Ich habe in dem Krankenhaus gearbeitet, wo Maria gelernt hat, und die haben mich damals rausgeholt, wollten draußen mit mir reden. Die Schulschwester und dann jemand vom Personalrat. Dann haben die mir geschildert, was passiert ist.“

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Zeugen erinnern sich an den Fall in Aschaffenburg

Während für Marias Familie die Welt zusammenbricht, ist Nazmi Gezginci auf der Flucht. Kurz nach dem Mord kauft er einen Koffer. Zufällig trifft er dabei einen Bekannten und behauptet, er müsse aus familiären Gründen dringend in die Türkei. Am nächsten Tag fliegt er mit einem One-Way-Ticket nach Istanbul. Sein Auto stellt er einfach am Flughafen Frankfurt ab.

Nazmi Gezgincis Auto am Flughafen Frankfurt
Nazmi Gezginci ließ sein Auto damals einfach am Flughafen Frankfurt stehen und flog in die Türkei.
Polizei Unterfranken

Trotz internationaler Fahndung ist Nazmi Gezginci bis heute nicht festgenommen worden. Aber: Viele Zeugen von damals leben noch und erinnern sich. Eine Zeugin ist für Ermittler Jörg Albert besonders wichtig: „Es gab um 11.30 Uhr, also anderthalb Stunden vor der Tötung von Maria Köhler einen lautstarken Streit zwischen ihr und Nazmi Gezginci in der Sandgasse in Aschaffenburg. Dieser Streit wurde von einer Zeugin, die sehr resolut aufgetreten ist, beendet. Sie hat ihn damals angesprochen und daraufhin konnte sich dann Maria Köhler entfernen. Und ja, die Zeugin hat sich im Nachgang bei der Polizei gemeldet und auch den ganzen Vorgang dann beschrieben.“

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Die Ermittler haben noch mehr gegen Gezginci in der Hand. Es gibt eine DNA-Spur am Tatort. Jörg Albert: „Ja, wir haben nochmals neue DNA Untersuchungen in Auftrag gegeben. Wir haben auch die Phänotypisierung eingesetzt, wo spezielle körperliche Merkmale wie die Haut- und die Haarfarbe untersucht wurden. Und das Ergebnis untermauert auch den Tatverdacht von damals.“ Die Polizei weiß aktuell nicht, wo sich Nazmi Gezginci aufhält, ob in Deutschland oder im Ausland oder ob er vielleicht sogar schon verstorben ist.

Maria Köhler wollte Menschen helfen

2004 hat Gezginci die türkische Staatsbürgerschaft verloren. Es könnte sein, dass er danach im arabischen Raum untergetaucht ist. Die Ermittler können sich aber auch vorstellen, dass Gezginci mit der Flüchtlingswelle unter falschem Namen erneut nach Deutschland eingereist ist. Deshalb gehen die Ermittler auch zu seinen Bekannten. Vielleicht ist darunter ein Mitwisser. Die Polizei geht von zwei möglichen Mord-Motiven aus. Ihre Schwester Christine erinnert sich an ein Gespräch mit Maria: „Ich weiß nur, sie hat erzählt, er möchte sie heiraten, damit er hier bleiben kann. Und da hat sie gesagt, das kann ich nie machen. So weit sind wir nie zusammen, dass ich den heirate.“ Der zweite Grund: Eifersucht! Die neue Liebesbeziehung von Maria hat ihr Ex möglicherweise nicht ertragen.

Mord an Maria Köhler
Maria Köhlers Mörder läuft bis heute frei herum.
Polizei Unterfranken

Eifersucht. Das wäre Mord aus einem niedrigen Beweggrund. Wurde deshalb ein junges Leben ausgelöscht? „Man kann sich gar nichts Schlimmeres vorstellen“, sagt Marias Schwester. Sie hatte so viele Pläne: Sie wollte nach der Ausbildung nach Afrika fahren und dort arbeiten. „Es war ihr Traum,“ sie war „hübsch, total offen und lebensfroh. Also ja, man kann schon das Beste sagen.“

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Haftbefehl im Morfall Maria Köhler von 1984 ohne „Verfallsdatum“

Die Polizei setzt alles daran, Marias Mörder endlich zu überführen. „Mord verjährt in Deutschland nicht und auch ein Haftbefehl hat kein Verfallsdatum,“ so Jürgen Bundschuh, Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg. „Wenn seine Voraussetzungen – ein dringender Tatverdacht und ein Haftgrund – weiterhin vorliegen, kann er selbst nach 40 Jahren noch Grundlage für Fahndungsmaßnahmen und für die Festnahme des Täters sein“. In diesem Fall ist die Fahndung nicht auf das Inland beschränkt, sondern erfolgt international.

Fahndung nach  Nazmi Gezginci
Maria Köhlers Ex Nazmi Gezginci wird bis heute gesucht.
Polizei Unterfranken

10.000 Euro Belohnung gibt es für den entscheidenden Hinweis. Alle Hinweise werden vertraulich behandelt und können auch in türkischer und arabischer Sprache mitgeteilt werden. „Wir hoffen natürlich, dass er sich möglichst in einem Bereich aufhält, wo wir Zugriff auf ihn haben und deswegen gehen wir auch mit dieser geballten Öffentlichkeitsarbeit raus und wünschen uns viele gute Hinweise, die uns hier möglicherweise auch weiterhelfen“, sagt Kommissar Jörg Albert. Zeugen können sich über die kostenfreie Hinweisnummer 0800/1011611 oder per E-Mail unter cold-case-maria@polizei.bayern.de melden.

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Marias Schwester und die ganze Familie haben oft das Gefühl gehabt, nicht weitermachen zu können. Geholfen habe nur, dass man sich an die schönen Momente mit Maria erinnert habe. „Wenn wir Glück haben”, sagt Christine, wird der Täter nach 40 Jahren gefunden.