Prozess in Israel um mutmaßliche Entführung
RTL-Reporterin: Seilbahn-Junge Eitan (6) kehrt wohl nach Italien zurück

War es Kindesentführung oder nicht? Die Stimmung war spürbar angespannt am zweiten Prozesstag im mutmaßlichen Entführungsfall um den kleinen Eitan (6). Nach der Anhörung in Tel Aviv am Freitag sieht es offenbar gut aus für seine italienischen Verwandten, die den Jungen von Israel zurück in die Lombardei holen wollen. Eitan (6) hatte im Mai als Einziger die Seilbahn-Katastrophe am Lago Maggiore überlebt, bei der 14 Menschen starben. Sein Großvater brachte ihn vor rund einem Monat heimlich nach Israel.
Eitan könnte in Italien leben – und die Sommerferien in Israel verbringen
"Es sieht danach aus, dass Eitan wie bisher bei seiner Tante in Italien leben wird", berichtet RTL-Reporterin Raschel Blufarb aus dem Familiengericht. "Eine Entscheidung der Richterin wird für Dienstag erwartet. Es wird auch darüber verhandelt, ob er die Sommerferien bei seinen Großeltern in Israel verbringt."
Opa nahm seinen Enkel einfach mit
In dem Verfahren fordert die Tante väterlicherseits – Aya Biran-Nirko – die Rückkehr des Sechsjährigen mit ihr nach Italien. Der Junge, der bei dem Unfall am Pfingstsonntag beide Eltern, seinen kleinen Bruder und zwei Urgroßeltern verloren hatte, wurde Mitte September von seinem Großvater mütterlicherseits Shmuel Peleg entgegen einer richterlichen Anordnung nach Israel geflogen.
Eitans Oma: "Ihr begeht Rufmord an meiner Tochter"
Beide kamen am Freitag zum Prozess und wirkten unruhig, als sie das Gericht betraten. Auch Eitans Oma aus Israel war anwesend. Ihre Anspannung entlud sich auf dem Flur des Familiengerichts, als sie in Richtung von Journalisten rief: "Ihr begeht Rufmord an meiner Tochter. Ich bin extra hierhergekommen, weil ihr meine Tochter schlechtredet. Ich lasse das nicht zu. Sie ist nicht mehr am Leben und kann sich nicht verteidigen."
Eitan hat israelischen und italienischen Pass

Eitan wurde Medienberichten zufolge in Israel geboren, zog aber kurz nach der Geburt mit seinen Eltern nach Italien. Er hat demnach sowohl einen israelischen als auch einen italienischen Pass.
Die Tante sagt, Pavia in der Lombardei sei die Heimat des Jungen, der im September in Italien hätte eingeschult werden sollen. Die in Israel lebende Familie seiner Mutter argumentiert laut den Berichten dagegen, die Eltern hätten konkret einen Umzug zurück nach Israel geplant. Sie hätten sich Schulen für den Jungen angeschaut und sich um einen von der Regierung bezuschussten Kauf einer Wohnung bemüht. Der Junge solle in Israel aufwachsen.
Im Video: Wie konnte es zu dem Seilbahn-Unglück kommen?
Unwürdiger Sorgerechtsstreit um den Vollwaisen
Weltweit war die Anteilnahme am schweren Schicksal des einzigen Überlebenden groß. Während die körperlichen Verletzungen des Sechsjährigen langsam heilten, entbrannte ein unwürdiger Sorgerechtsstreit um den Vollwaisen.
Dabei stand auch immer wieder der Vorwurf im Raum, dass es den Beteiligten vor allem um die hohe Entschädigung geht, die der Junge infolge des Seilbahn-Unglücks erhalten soll. Die Staatsanwaltschaft der italienischen Stadt Pavia hatte im September Ermittlungen gegen den Großvater wegen Kindesentführung aufgenommen. (sbl/bst)