Sensation im Prozess um Verleumdung Gil Ofarim gesteht vor Gericht: „Ich möchte mich entschuldigen!"

von Anne Schneemelcher und Hannah Swiatek

Wende im Ofarim-Prozess!
Es ist der sechste Prozesstag im Verleumdungsprozess gegen Gil Ofarim in Leipzig. Mit dieser Aussage hat vermutlich niemand gerechnet. Gil Ofarim gesteht gegen 11.30 Uhr: „Die Vorwürfe treffen zu.“
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Prozess-Sensation: Plötzlich ergreift der Sänger das Wort

Es ist eine Sensation am Dienstagvormittag! Nach einer langen Verzögerung betritt Gil Ofarim um kurz nach 11 Uhr den Saal. Eigentlich hätte es bereits zwei Stunden vorher mit der Verhandlung losgehen sollen. Der Sänger wirkt müde und kaputt. Dann ergreift er das Wort. Das, was der 41-Jährige sagt, schlägt bei Zuschauern und Journalisten ein wie eine Bombe: „Die Vorwürfe treffen zu. Herr W., ich möchte mich entschuldigen: Es tut mir leid. Ich habe das Video gelöscht“, erklärt der Musiker.

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Ofarim hält immer wieder seine Kette fest und schließt die Augen. Der Richter spricht den Hotelmitarbeiter W. an. Er ist derjenige, den Ofarim beschuldigt hat. „Herr W., wie stehen Sie dazu? Können Sie die Entschuldigung akzeptieren?“, fragt der Richter. W. antwortet: „Ja, ich akzeptiere die Entschuldigung.“

Anwalt von Ofarim: „Unser Mandant hatte keine Kraft mehr"

Dr. Alexander Stevens
Ofarims Anwalt Dr. Alexander Betz erklärt im RTL-Interview: „Unser Mandant hatte keine Kraft mehr."
RTL

Dr. Alexander Betz, der Anwalt von Ofarim erklärt im RTL-Interview: „Die Beweislage war unübersichtlich aus unserer Sicht und am Ende hatte unser Mandant auch keine Kraft mehr.“

Auf die Nachfrage einer Journalistin, warum Ofarim sich entschuldigt habe, wenn die Beweislage doch eindeutig gewesen wäre, antwortet Betz: „Nach der Entschuldigung hat sich das geändert.“

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Eröffnung verzögerte sich

Hannah Swiatek
RTL-Reporterin Hannah Swiatek ist auch am sechsten Verhandlungstag wieder vor Ort im Gerichtssaal.
privat

Bereits am Morgen hatte der Sänger unruhig gewirkt, verschränkte immer wieder seine Arme. Ofarim erschien mit seinen Verteidigern um kurz vor 9 Uhr im Gerichtssaal. Relativ schnell sprach er dort mit seinen Verteidigern und verließ noch einmal den Saal. Die Anwesenden warteten gespannt auf die Rückkehr des Sängers, knapp zwei Stunden später ging es erst weiter – mit der Aussage, die den gesamten Prozess kippen ließ.

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Im Video: Was sagt Gil Ofarims Körpersprache aus?

Das ist vorgefallen: Video auf Social Media sorgt für Wirbel

Es ist rund zwei Jahre her, dass der jüdische Sänger Gil Ofarim ein Video im Netz postete, das ihm später zum Verhängnis werden sollte: Unter Tränen berichtete der 41-Jährige damals, er sei antisemitisch diskriminiert worden – von einem Mitarbeiter eines Leipziger Hotels. Laut Ofarims Version soll er ihn aufgefordert haben, den Davidstern an seiner Kette „einzupacken“. Der Musiker erstattete Anzeige.

Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten. Die Staatsanwaltschaft glaubte Ofarim nicht; nach umfangreichen Ermittlungen kam es zur Anklage gegen den 41-Jährigen. Das Ermittlungsverfahren gegen den Hotelmitarbeiter wurde eingestellt.

Gil Ofarim-Prozess: Verfahren wird eingestellt

Nach Ofarims Einlassung gibt der Richter bekannt, dass das Verfahren eingestellt wird. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben dem zugestimmt. Der 41-Jährige muss eine Geldauflage von 10.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen.

Der Richter beendet die Sitzung mit den Worten: „Dieses Verfahren hat Gewinner: Die Gesellschaft, sie hat die Wahrheit erfahren. Allen Gerüchten, Mutmaßungen und Verdächtigungen ist damit der Boden entzogen. Eine Entschuldigung ist als Rehabilitierung wertvoller als ein Gerichtsurteil.“

Die letzten Worte gelten dem Angeklagten: „Zwischen Anfang und Ende der Verhandlung liegen Welten, er hat das gesagt, was er sagen konnte. Das fiel ihm schwer. Er hat den Ruf von W. wiederhergestellt und das ist die wichtigste Voraussetzung seinen eigenen wiederzuerlangen“, so der Richter. „Ja, er hat einen Fehler gemacht, aber er hat sich dazu bekannt, um Entschuldigung gebeten und er hat sie erhalten. Unsere Gesellschaft kennt keine ewige Verdammnis.“