Sänger steht in Leipzig vor Gericht

Zeugenaussagen belasten Gil Ofarim: „Pack deinen Stern weg" will niemand gehört haben

von Frieder Schlögl

Brisante Zeugenaussagen belasten den Sänger!
Es ist der dritte Prozesstag in Leipzig. Sänger Gil Ofarim muss sich seit dem 7. November wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung vor Gericht verantworten. Ofarim hat im Oktober 2021 schwere Antisemitismusvorwürfe gegen einen Hotelmitarbeiter in Leipzig erhoben. Jetzt steht er selbst vor Gericht – denn die Staatsanwaltschaft glaubt dem 41-Jährigen nicht. Nun haben mehrere Zeugen ausgesagt und belasten ihn.
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Hochspannung am dritten Tag: Was wird uns erwarten?

Gil Ofarim
Dritter Prozesstag: Gil Ofarim steht mit seinem Anwalt im Gerichtssaal.
RTL

Der Medienandrang ist nach wie vor groß. Schon zum Prozessauftakt war der Saal gefüllt – am heutigen Dienstag sind die Kameras wieder auf den Musiker gerichtet. Auch am dritten Verhandlungstag trägt Ofarim seine Davidstern-Kette – die grundlegend für den Prozess ist.

Gegen 9 Uhr betritt Gil Ofarim den Saal, er wirkt ruhiger als an den ersten Tagen. Wenige Minuten später wird die Sitzung eröffnet. Heute erwartet das Gericht mehrere Zeugen, die im Fall Ofarim aussagen werden. Darunter auch der Sachverständiger Prof. Dr. Dirk Labudde, der in Sachen Videomaterial wichtige Erkenntnisse liefern könnte.

Zu Beginn der Verhandlung wird ein Anrufer thematisiert. Er soll sich gestern bei der Staatsanwaltschaft gemeldet haben. Er gibt an, dass er am besagten Tag hinter Gil Ofarim in der Lobby gestanden hätte. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Mann mit einer Aussage den Musiker belasten könnte. Bislang gibt es einen noch nicht identifizierbaren Mann aus der Lobby – es ist aber noch unklar, ob dies der Anrufer sein könnte und inwiefern er zu vernehmen sei.

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Glücksbringer von Ofarim auch am dritten Prozesstag dabei

Gil Ofarim Gebetsbuch
Immer an seiner Seite: Sein Gebetsbuch. Ein kleiner Glücksbringer, der dem Sänger durch die Prozesstage helfen soll.
RTL

Auch heute ist er wieder dabei: Der kleine Glücksbringer. Er hält ihn in den Händen. Wie Gil Ofarims Anwalt RTL erklärt, handele es sich dabei um ein Gebetsbuch. Aus dem persönlichen Talisman schöpft der Sänger Kraft und Mut.

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Das ist vorgefallen: Video auf Social Media sorgt für Wirbel

Es ist rund zwei Jahre her, dass der jüdische Sänger Gil Ofarim ein Video im Netz postet, das ihm später zum Verhängnis werden soll: Unter Tränen berichtet der 41-Jährige, er sei antisemitisch diskriminiert worden – von einem Mitarbeiter eines Leipziger Hotels. Laut Ofarims Version soll er ihn aufgefordert haben, den Davidstern an seiner Kette „einzupacken“. Der Musiker erstattet Anzeige.

Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln. Die Staatsanwaltschaft glaubt Ofarim nicht; nach umfangreichen Ermittlungen kommt es zur Anklage gegen den 41-Jährigen. Das Ermittlungsverfahren gegen den Hotelmitarbeiter wird eingestellt.

Stammgäste des Hotels sollen vermeintlichen Satz nicht gehört haben

Es geht um die Frage: Wurde der Sänger aufgrund seiner Religion beleidigt oder lügt er? Zeugen sollen bei der Aufklärung helfen. Ein Stammgast, der am 4. Oktober in der Lobby gewesen sein soll, wird als erstes in den Zeugenstand gerufen. Der 52-Jährige sagt aus, dass er die Zimmerkarten noch in der Schlange stehend erhalten habe. Dann gab es eine „Ansprache aus der Schlange", warum er und seine Begleitung die Karten schon erhalten hätten. „Es müsste der Herr Ofarim gewesen sein", sicher ist er sich aber nicht, sagt der Zeuge.

Während der Zeugenaussage macht sich Ofarim immer wieder Notizen. Er wirkt angespannt und konzentriert. Eine Aussage wie: „Pack deinen Stern ein!" hat der Zeuge nicht wahrgenommen.

Eine solche Aussage soll auch der Kollege des Zeugen nicht gehört haben. Er ist Geschäftsführer eines Chemieunternehmens und hat als Zweiter ausgesagt. Er betont, dass er sich gut an den Satz: „Was ist denn an euch beiden besonders, dass ihr die Karten bekommt?“ erinnern kann. Die Bemerkung soll von einem Mann gekommen sein, der eine dunkle Jacke getragen und keine kurzen Haare gehabt hat. Es standen allerdings noch etwa sieben oder acht Personen zwischen den beiden, weshalb der Zeuge nicht sicher sagen konnte, ob es sich dabei wirklich um Ofarim gehandelt hat.

Zeugenaussage belastet den Musiker: „Wenn jemand etwas gerufen hätte, hätte man etwas gehört"

Ein weiterer Zeuge wird in den Zeugenstand geladen. Hierbei handelt es sich um einen 58-jährigen Flugbetriebsingenieur. Er soll genau vor Ofarim in der Schlange gestanden haben. Nachdem er erfahren habe, dass es technische Probleme gäbe, hat sich der Zeuge in den Wartebereich gesetzt. Er sagt aus, dass er Ofarim als aufbrausend empfunden hätte. Er gestikulierte wild mit den Händen und soll telefoniert haben, als der Hotelmanager auf ihn zugegangen ist. Einen deratigen Spruch oder das Wort „Stern“ soll er nicht wahrgenommen haben. „Wenn jemand etwas gerufen hätte, hätte man etwas gehört“, sagt der 58-Jährige weiter.

Er beschreibt den Hotelmanager als defensiv und ruhig – der Musiker soll stattdessen „Scheiß Hotel“ gesagt haben. Abschließend beschreibt der Zeuge, dass sein Eindruck des Managers nicht mit den Erzählungen des Instagramvideos von Ofarim übereinstimmt.

Am Nachmittag spitzt sich die Stimmung im Gerichtssaal zum ersten Mal zu. Die Verteidigung wird vonseiten des Richters gebeten präzise Fragen zu stellen. Ofarims Verteidigung hat zuvor den Zeugen zweimal gefragt, ob er denn etwas durch die Lobby gerufen hätte. Das verneint der Zeuge.

Auch weitere Hotel-Gäste haben nichts gehört

Die nächsten beiden Zeugen sind ein Ehepaar aus Wien. Sie wollten ebenfalls in das Hotel einchecken. Die Frau erklärt, dass sie ein paar Reihen hinter Ofarim in der Schlange stand. Sie kannte den Musiker nicht und hat keinen Schmuck an ihm wahrgenommen. Die Zeugin erzählt, dass sie Ofarim nicht hören konnte. Dabei soll in der Lobby zwar laut gewesen sein, aber nicht so, dass man hätte schreien müssen.

Der Ehemann sagt aus, dass Ofarim aus der Schlange zur Rezeption gegangen sein soll. Der Zeuge erzählt, er habe gesehen, wie der Musiker gestikuliert, als ein Mitarbeiter hinter der Rezeption nach vorne kommt. Daraufhin soll Ofarim telefoniert haben und mit der Hand eine Stop-Geste gezeigt haben, bevor er das Hotel verlassen hat. Hören konnte der Zeuge den Musiker ebenfalls nicht.

Eine weitere Zeugin nickt Ofarim zu, als sie vom Richter belehrt wird. Die Frau stand direkt vor dem Musiker in der Warteschlange in der Lobby. Sie beschreibt die Stimmung beim Check-In als angespannt, weil die Gäste nicht informiert wurden, warum es zu Verzögerungen kam. Als die 54-Jährige später das Hotel verlässt, soll sie Gil Ofarim weindend gesehen haben: „Er saß da, war verzweifelt und hatte sein Handy in der Hand“, erinnert sich die Zeugin.

Welche Strafe droht Gil Ofarim?

Zunächst gilt die Unschuldsvermutung. Bei einer Verurteilung reicht der Spielraum von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Haft. Das Gericht hat bis zum 7. Dezember zehn Verhandlungstage angesetzt.

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