Viel hilft viel? Von wegen!

Warum euch zu viel Eiweiß krank macht

Satt essen UND abnehmen? Diese Eiweißquellen haben kaum Kalorien
Viele leben bei Eiweiß nach der Devise: Viel hilft viel. US-Forscher warnen nun, dass eine dauerhaft zu hohe Eiweißzufuhr Krankheiten begünstigt.
Josep M Suria

Ob High-Protein-Riegel, Magerquark oder Eiweiß-Pulver: Eiweißreiche Lebensmittel sind beliebt wie nie.
Doch amerikanische Ernährungsmediziner warnen nun, dass bei der proteinreichen Ernährung Ballaststoffe oft zu kurz kommen. Was harmlos klingt, kann weitreichende Folgen für unsere Gesundheit haben. Wir erklären, was dahinter steckt und worauf ihr achten müsst.

Wozu unser Körper Eiweiß benötigt

Kaum ein Nährstoff hat in den letzten Jahren einen solchen Hype erlebt wie Eiweiß. In den Regalen von Supermärkten und Discountern stapeln sich mit Eiweiß angereicherte Lebensmittel wie Pudding, Müsliriegel und Co. Doch auch von Natur aus proteinreiche Nahrungsmittel wie Magerquark, Skyr und Eier werden bevorzugt konsumiert.

Tatsächlich erfüllt Eiweiß viele zentrale Funktionen in unserem Körper. So ist der Makronährstoff an der Bildung von Muskeln, Organen und Blut, aber auch Hormonen und Enzymen beteiligt und spielt eine zentrale Rolle für ein funktionierendes Immunsystem. Außerdem hilft uns eine eiweißreiche Ernährung beim Abnehmen. Denn die Verdauung von Eiweiß benötigt nicht nur mehr Energie, sondern auch mehr Zeit als die von Kohlenhydraten. Daher bleibt unser Magen nach einer eiweißreichen Mahlzeit länger voll – und wir sind länger satt. Zudem beeinflusst Eiweiß den Blutzuckerspiegel kaum, sodass dieser konstant bleibt. Beides hält uns satt, beugt Heißhungerattacken vor und erleichtert die Gewichtsabnahme.

Pro Tag sollten gesunde Erwachsene etwa 0,8 bis ein Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen. Bei einem 70 Kilogramm schweren Menschen wäre der Tagesbedarf folglich mit 56 bis 70 Gramm Eiweiß gedeckt. Ab einem Alter von 60 Jahren empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) 1,2 bis 1,5 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht, um dem altersbedingten Muskelabbau entgegenzuwirken. Hochleistungssportler sollten maximal zwei Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen.

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Warum eine eiweißreiche Ernährung zu wenige Ballaststoffe liefert

Eiweißreiche Lebensmittel versorgen unseren Körper nicht nur mit hochwertigem Eiweiß, sondern auch mit Eisen, Zink und Selen. Diese Mineralstoffe spielen eine zentrale Rolle bei der Blutbildung. Außerdem liefern sie reichlich B-Vitamine wie Vitamin B1, B6 und B12, die unser Nervensystem stärken, die Konzentration fördern und unsere Stressresistenz erhöhen. Milchprodukte wie Magerquark, Käse und Joghurt liefern zudem wertvolles Calcium, das für feste Knochen und Zähne elementar ist.

Eines aber liefern die Eiweißquellen in der Regel nicht: Ballaststoffe. Diese unverdaulichen Pflanzenbestandteile fallen kalorientechnisch nicht ins Gewicht, beeinflussen unsere Gesundheit aber umso stärker. Aus diesem Grund warnen amerikanische Ernährungsmediziner jetzt vor den Folgen einer Ernährung mit einem hohen Eiweiß- und geringen Ballaststoffgehalt. „Wenn wir zu einseitig essen – also viel Protein, aber wenig Ballaststoffe – steigt das Risiko für chronische Entzündungen und bestimmte Krebsarten“, gibt Dr. William Dahut, wissenschaftlicher Leiter der American Cancer Society, im Wall Street Journal zu bedenken.

Was einen Ballaststoffmangel zum Gesundheitsrisiko macht

Hinzu kommt: Der erhöhte Verzehr eiweißreicher Lebensmittel geht in der Regel mit einer verminderten Kohlenhydratzufuhr einher. Das erhöht die Gefahr eines Ballaststoffmangels zusätzlich. Denn vor allem kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten liefern reichlich Ballaststoffe. Ein Mangel der unverdaulichen Pflanzenbestandteile hat deswegen so viele negative Folgen für unsere Gesundheit, weil sie viele wichtige Funktionen im Körper erfüllen.

So spielen sie eine wichtige Rolle für unsere Verdauung. Ballaststoffe quellen im Darm auf, erhöhen das Stuhlvolumen und beugen auf diese Weise Darmträgheit und Verstopfung vor. Zudem beugt ein regelmäßiger Verzehr Dickdarmkrebs vor. Außerdem dienen Ballaststoffe den guten Darmbakterien als Nahrung. Sie gewinnen aus Ballaststoffen kurzkettige Fettsäuren, die den pH-Wert im Darm positiv beeinflussen. Somit fördern sie die Bakterienvielfalt und stärken unser Immunsystem, da 80 Prozent aller Abwehrzellen in unserem Darm sitzen. Auf diese Weise reduzieren sie auch das Risiko für Entzündungen.

Und last but not least binden Ballaststoffe Cholesterin und senken dadurch den Cholesterinspiegel. Das beugt Herz-Kreislauferkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall vor.

Nehmen wir dauerhaft weniger als die empfohlenen 30 Gramm Ballaststoffe pro Tag zu uns, erhöht dies demnach nicht nur das Risiko für Verdauungsprobleme, Typ-2-Diabetes und Übergewicht, sondern auch für Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs.

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Im Video: Warum zu viel Eiweiß krank machen kann

Wann viel Eiweiß zu viel ist

Hinzu kommt, dass auch eine dauerhaft zu hohe Eiweißaufnahme negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben kann. „Viele unterschätzen die langfristigen Effekte eines Übermaßes an Eiweiß“, betont Justin Sonnenburg, Professor für Mikrobiologie an der Stanford University, im US-amerikanischen Wall Street Journal.

Der tägliche Verzehr von tierischem Eiweiß über rotes Fleisch wie Rind, Schaf oder Schwein sowie Wurst fördert beispielsweise die Entstehung von Krebs und anderen Erkrankungen. Das konnte in verschiedenen Langzeitstudien aus den USA und Europa nachgewiesen werden. Im Rahmen der Studien wurden mehr als 500.000 Teilnehmende über einen Zeitraum von zehn Jahren beobachtet. Dabei zeigte sich, dass vor allem das Risiko für Darmkrebs, kardiovaskuläre Erkrankungen wie Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes stieg. Bei Menschen mit einem gestörten Harnsäure-Stoffwechsel kann der häufige Konsum bestimmter Fleischsorten zudem Gichtanfälle auslösen.

Besonders negativ auf die Gesundheit wirkt sich dabei der Verzehr von gesalzenem, gepökeltem, geräuchertem und anderweitig verarbeitetem Fleisch aus. Außerdem kann eine ständig erhöhte Eiweißzufuhr den Stoffwechsel und die Niere stark belasten. Da Eiweiß zu Harnstoff abgebaut wird, der über die Niere entsorgt wird, solltet ihr unbedingt regelmäßig und viel trinken – am besten mindestens zwei Liter Wasser pro Tag. Ansonsten ist der Körper nicht in der Lage, die hohe Harnstoffmenge auszuscheiden.

Mehr als maximal zwei Gramm Eiweiß pro Tag solltet ihr also nicht zu euch nehmen. Dabei solltet ihr euren Eiweißbedarf bestenfalls zu einem Drittel über tierische, zu zwei Drittel über pflanzliche Proteinquellen decken.

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Die Menge macht das Gift

Wie bei so vielem gilt auch für Eiweiß: Die Menge macht das Gift. Gesunde Menschen können problemlos täglich bis zu zwei Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen. Eiweiß, das der Körper nicht benötigt, wird dabei über die Nieren wieder ausgeschieden.

Wenn ihr mit einem hohen Eiweißverzehr abnehmen möchtet, ist es durchaus sinnvoll, gleichzeitig die Kohlenhydratzufuhr zu drosseln. Denn Kohlenhydrate sind der Energielieferant Nummer eins für unseren Körper. Verzichten wir auf sie, ist unser Körper gezwungen, seine Energie aus anderen Quellen zu gewinnen. Folglich zapft er die Fettdepots an, was das Abnehmen beschleunigt.

Komplett auf Kohlenhydrate zu verzichten ist hingegen weder nötig, noch gesund. Denn keine Kohlenhydrate bedeuten in der Regel auch keine Ballaststoffe. Zudem gibt es – wie bei Fetten auch – solche und solche Kohlenhydrate. Dabei wird zwischen einfachen und komplexen Carbs unterschieden.

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Was schlechte von guten Kohlenhydraten unterscheidet

Grundsätzlich gilt: Je süßer ein Lebensmittel schmeckt, desto mehr einfache Kohlenhydrate enthält es. Einfache Kohlenhydrate liefern kurzfristig und schnell Energie, weil sie schnell verstoffwechselt und in Zucker umwandelt werden. Sie finden sich vor allem in Softdrinks wie Cola, Limo und Energydrinks, aber auch in hellen Backwaren wie Brötchen, Croissants, Laugengebäck oder Pasta und Reis. Für diese Lebensmittel gilt daher die Empfehlung: Je weniger, umso besser. Denn sie liefern viel Zucker, viele Kalorien, aber keine Nährstoffe, weswegen wir auch von leeren Kalorien sprechen.

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Im Gegensatz dazu ist die tägliche Aufnahme komplexer Kohlenhydrate in vielerlei Hinsicht vorteilhaft. Diese finden sich vor allem in Vollkornbrot, Gemüse und Hülsenfrüchten. Die Kombination mit den enthaltenen Ballaststoffen sorgt dafür, dass der Blutzuckerspiegel konstant und wir über Stunden gleichbleibend mit Energie versorgt werden. Folglich bleiben wir länger satt und essen über den Tag verteilt weniger. Dadurch nehmen wir leichter ab und auch Heißhunger-Attacken gehören bald der Vergangenheit an. Langfristig minimiert ein regelmäßiger Verzehr aber auch das Risiko für Typ-2-Diabetes.

Daher gilt: Wer eiweißreiche Lebensmittel mit wenigen Kohlenhydraten und gesunden Fetten kombiniert, versorgt seinen Körper nicht nur mit allen benötigten Nährstoffen, sondern nimmt auch ab.