Nach Flixbus-Unfall: Busfahrer erinnert sich an Horror-Unglück vor 24 Jahren

In meinem Reisebus starben acht Teenager auf dem Weg in den Urlaub

von Nadima Kurbani und Sebastian Stöckmann

Der schreckliche Unfall sorgte deutschlandweit für Schlagzeilen.
Vier Menschen starben, als am 27. März ein Flixbus auf der A9 bei Leipzig von der Straße abkam. Wie sich der Fahrer des Busses fühlen muss, kann wohl nur jemand erahnen, der Ähnliches durchgemacht hat: Paco Garcia-Sanchez saß im Jahr 2000 hinterm Steuer eines Reisebusses, der von einem Lkw gerammt und regelrecht aufgeschlitzt wurde. Bei dem Unglück in Niederösterreich verloren acht Jugendliche aus Deutschland ihr Leben.

Lkw geriet in Baustelle bei Pöchlarn ins Schleudern

Paco Garcia-Sanchez
Paco Garcia-Sanchez während eines Gesprächs mit RTL im Jahr 2012.
RTL

„Die Kinder haben gejammert wie Lämmer, und das geht einem nicht aus dem Kopf“, erinnert sich der Busfahrer im Gespräch mit RTL an den 21. August 2000. In der Nacht gerät ein Lkw in einer Baustelle bei Pöchlarn ins Schleudern, der Anhänger kippt in den entgegenkommenden Bus. Der damals 33 Jahre alte Paco Garcia-Sanchez hört ein Geräusch, glaubt aber zunächst, es könne auch nur Glas zersprungen sein.

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Acht Kinder starben 2000 bei Busunglück in Österreich

Als er aussteigt, bietet sich ihm ein Bild des Grauens: tote Jugendliche, abgetrennte Gliedmaßen, schwerverletzte und weinende Kinder. Vier Jungen und vier Mädchen zwischen 15 und 17 sind auf der Stelle tot, weitere 23 der 61 Jugendlichen werden zum Teil schwer verletzt. Die Gruppe war auf dem Weg zum Plattensee in Ungarn.

Garcia-Sanchez versucht, die überlebenden Kinder vor dem Anblick des Grauens zu schützen. „Ich hab gesagt: 'Guckt mich an, guckt mich an und guckt nicht auf die Erde.' Ich bin rückwärtsgegangen und hab ihnen in die Augen geguckt.“

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Paco Garcia-Sanchez trug am Unfall keine Schuld

Am Unfallort treffen die Eltern der Jugendlichen ein. „Ich hatte Angst, dass die Eltern sich rächen“, erinnert sich der Busfahrer. Beim Einladen der Koffer vor der Fahrt hätten die ihm noch gesagt: „Passen Sie gut auf unsere Kinder auf“, erzählt Garcia-Sanchez. „Das ist leider nicht so passiert.“

Dann sei durchgesickert, dass er keine Schuld am Unfall trage. „Ich bin ganz normal gefahren. Aber ich wollte mich vor allen Eltern verabschieden und habe gewartet. Damit ich jedem Kind und allen Eltern, die dort hingekommen sind, in die Augen sehen kann. Ich habe mich dafür entschuldigt, dass der Unfall passiert ist.“

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Busfahrer hat heute noch Tränen in den Augen

Der Busfahrer spricht nur wenig über sein eigenes Leid. Was die Eltern der getöteten Kinder durchgemacht haben müssen, ist für Garcia-Sanchez unvorstellbar. „Lieber hätte ich mein Leben gegeben für jedes Kind. Mir treten die Tränen heute noch in die Augen, das tut mir immer noch alles sehr, sehr leid.“

Auch nach 24 Jahren hat der Busfahrer das Geschehene nicht verarbeitet. „Man hat jeden Abend die gleichen Bilder im Kopf. Wenn ich einen oder einen Krankenwagen sehe oder traurige Musik höre, dann kommt das immer noch hoch.“ Im Alltag versucht er sich abzulenken, so gut es geht. „Aber nervlich kann ich nicht so viel.“ Seit dem Unglück hat er nie wieder einen Bus gelenkt.