"Ich habe mich zur Zielscheibe gemacht"

Nach Antisemitismus-Skandal in Leipziger Hotel: Polizeischutz für Sänger Gil Ofarim

Eine Woche nach dem Bekanntwerden des mutmaßlich antisemitischen Vorfalls gegen Gil Ofarim im Leipziger Westin Hotel verhärten sich weiter die Fronten. Bei Instagram erklärte der 39-Jährige, dass er beim Check-in übergangen wurde, weil er eine Kette mit einem Davidstern trug. "Ich bin nach wie vor sprachlos und schockiert, zugleich aber auch nicht überrascht", erklärte der Sänger in der Sendung "Zervakis & Opdenhövel. Live." auf ProSieben. Er habe dafür "keine Worte". Nach dem Vorfall erhielt Ofarim Morddrohungen und deshalb Polizeischutz.

Gil Ofarim: „Angriff aus der Mitte der Gesellschaft“

Schon mehrfach in seinem Leben habe er Erfahrungen mit Antisemitismus gemacht. "So eine Nummer" kenne Ofarim von Rechts und teilweise auch von Links, "aber in dem Fall war es aus der Mitte - in einem Hotel, in einer Weltstadt wie Leipzig."

Zwar bekomme Ofarim "sehr viel Solidarität zu spüren", er frage sich aber auch, ob das Ganze nun etwas an der Situation ändere. "Was bleibt davon? Ändert es irgendetwas? Ich weiß es nicht. Ich würde es mir wünschen." Auf all den "Rummel" sei er nicht aus, aber er habe sich gesagt, dass er etwas unternehmen müsse.

"Ich habe mich im Endeffekt zur Zielscheibe gemacht. Ich werde jetzt bedroht", erzählt der Sänger. Vorgestern habe er Theater gespielt "und plötzlich stand die Polizei in meiner Garderobe und bat mich um Auskunft, wo ich heute Abend nächtigen werde. Das hat für mich alles keinen Sinn gemacht und ich wurde dann eskortiert von den wirklich sehr freundlichen Beamten - ein Bus vor mir, ein Bus hinter mir."

Im Video: Zeuge stellt sich auf die Seite des Hotels

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Gil Ofarim bekommt Morddrohungen

Seit einer Woche mache er sein Handy nicht mehr an. Er habe gestern eine Nachricht bekommen, in der stand: "Bei der nächsten Säuberung bist du ganz vorne mit dabei, mein Freund." In seinem ursprünglichen Clip habe er gesagt: "Deutschland 2021". Dies sei "nicht ganz Deutschland. Aber wir dürfen nicht weiter wegschauen. Wir dürfen vor allem nicht so tun, als wäre es nur ein kleiner Teil der Gesellschaft." Antisemitismus sei "mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und das darf nicht sein. Vor allem, wenn man so etwas mitbekommt, muss man seinen Mund aufmachen und was tun dagegen und etwas sagen."

Gil Ofarim: Zeugenaussage am Dienstag

Der gebürtige Münchner bekräftigte, dass er am Dienstag (12). von Ermittlern in München als Zeuge vernommen werde. Die Staatsanwaltschaft Leipzig wollte am Montag keine näheren Auskünfte zum Stand der Ermittlungen machen. Ihr liegen mehrere Anzeigen zu dem Vorfall vor einer Woche vor - auch von dem beschuldigten Hotelmitarbeiter wegen Verleumdung. Er schildert nach früheren Angaben die Vorkommnisse anders als der Künstler.

Leipziger Hotel will der Angelegenheit gründlich nachgehen

Zwei Dinge haben Ofarim an dem Vorfall besonders schockiert: "Ich war alleine, ich hatte keinen, der mir helfen konnte. Keiner hat den Mund aufgemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das keiner gehört hat." Außerdem kann er nicht fassen, dass so ein Verhalten in aller Öffentlichkeit "in Deutschland möglich ist."

Die beiden Mitarbeiter des Hotels sollen vorerst freigestellt worden sein. (spot on/dky/kra)