Kolumne Francas Fußnoten

Mörder, Vergewaltiger, Kinderschänder - Ist Resozialisierung immer möglich? Ich bin skeptisch...

Die Bestie von Höxter
Auf den ersten Blick wirkte er auf mich wie der freundliche Nachbar von nebenan: "Die Bestie von Höxter" Wilfried W. hat gemeinsam mit seiner Ex-Freundin zwei Frauen zu Tode gequält.
RTL
von Franca Pörsch

Ihre Taten gehören zu den Schlimmsten!
Als Kriminalreporterin saß ich dem vermeintlich „Bösen“ schon unzählige Male gegenüber. Mörder, Vergewaltiger und Kinderschänder – ich habe mir ihre Taten detailliert angehört, sie genaustens beobachtet und ihre Bewegungen, Mimik und Gestik studiert. Natürlich habe ich dabei auch nach Antworten gesucht. Warum haben sie das Leben ihrer Opfer zerstört? Gibt es irgendeine Erklärung für ihre bestialischen Taten? Auf eine zufriedenstellende Antwort bin ich leider nie gekommen. Tatsächliche Reue so gut wie nie gesehen. Und doch glaubt das deutsche Rechtssystem an Resozialisierung. Dass ein Mensch, der eigenmächtig über Leben und Tod eines anderen bestimmt hat, wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden kann. Also ich bin da skeptisch…
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Fehlentscheidungen kosten Leben

Hier ein aktueller Fall, der Ende Februar verhandelt wurde: Elisabeth (64) aus Northeim könnte noch leben, wäre sie im September 2021 nicht auf Holger S. getroffen. Einen 59-jährigen Straftäter auf Freigang. Bereits drei Mal hat er in den 80ern versucht Frauen zu töten, saß deshalb eine Haftstrafe wegen versuchten Totschlags ab. Doch raus kam er danach nicht. Er war zu gefährlich – wurde deshalb in eine psychiatrische Klinik untergebracht. Bis 2021. Da bescheinigten ihm Gutachter und das Gericht: Er kann zeitweilig wieder allein auf Freigang. Ein fataler Fehler, der Elisabeth das Leben kostet.

Im Video: Maisfeld-Mörder droht keine neue Strafe

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Der Mörder mit dem Werkzeugkasten

Vor einigen Jahren habe ich außerdem eine Doku über einen Fall gemacht, in dem ein LKW-Fahrer einen Polizisten bei einer Radarkontrolle erschossen hat. Der Fall lag schon länger zurück, der Täter hatte seine Strafe abgesessen. Bei meinen Recherchen fand ich schließlich raus, er arbeitet mittlerweile als Handwerker in meiner Nachbarschaft. Ein komisches Gefühl, so jemanden in meine Wohnung zu lassen. Vor allem mit dem Wissen welch unfassbares Leid er über die Familie und die Kollegen des Polizisten gebracht hat.

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Ist Resozialisierung möglich?

Wenn ich über diese Fälle nachdenke, entstehen unweigerlich einige Fragen in meinem Kopf. Denn oft sind die Vorstrafenregister der Mörder, Totschläger und Vergewaltiger (Ja, ist für mich eine Kategorie) lang. Viele Menschen mussten unter ihnen schon leiden. Und trotzdem setzen wir in Deutschland auf Resozialisierung. Hoffen, dass diese Menschen, die anderen so viel Leid angetan haben, wieder ein Teil der Gesellschaft werden können.

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Wir können nie zu hundert Prozent wissen, wie gefährlich ein Täter ist

Einer, der daran maßgeblich mitarbeitet, ist Steffen Theel. Er arbeitet als Psychologe und therapiert Mörder, Schläger und Sadisten – und entscheidet so auch mit, ob und wie viel Freiheiten sie während ihrer Haft bekommen. Im Gegensatz zu mir, die durch die Arbeit mit den Opfern in gewisser Weise emotionalisiert ist, geht er rationaler an das Thema ran: „Es geht immer darum, welches Eingangsdelikt vorliegt.

Hat der Täter die Tat aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung begangen? Und ist er bereit daran zu arbeiten? Um die Gefährlichkeit eines Täters einzuschätzen, bedarf es mehrerer Therapeuten, die während der Therapie im Gefängnis stetig wechseln. Sie sind zudem genau darauf geschult, Manipulation zu erkennen.Trotzdem: „Man kann nie zu 100 Prozent sicher sein, wie gefährlich ein Mensch tatsächlich ist. Wir können ja nicht hinter die Stirn gucken.“

Ich bin da sehr skeptisch. Vielleicht ist es möglich, eine psychische Krankheit in den Griff zu bekommen. Rückfälle sind aber, wie im Fall von Elisabeth aus Northeim, nie ganz auszuschließen. Meiner Meinung nach haben solche Täter allein auf Freigang nichts zu suchen. Hinzu kommt: Nicht jeder Gewalttäter ist psychisch krank. Eine besonders besorgniserrende Statistik, die stetig wächst, sind beispielsweise die der Femizide. Knapp jeden dritten Tag stirbt eine Frau in Deutschland wegen eines Beziehungsstreits (Statistik 2023). Das müsste nicht sein, wenn die Justiz von vornerein, bereits bei vorausgeganger häuslicher Gewalt, härter durchgreifen würde. Denn die viele dieser toten Frauen werden häufig schon viel früher Opfer von Gewalt. Sie wenden sich an die Polizei und Justiz. Und da muss man meiner Meinung nach direkt ansetzen – und direkt so hart wie möglich durchgreifen!