Woher kommt der Frauenhass? Ein Kommentar
Ob prominent oder nicht – als Frau muss man IMMER Angst haben

RTL-Moderatorin Lola Weippert fordert, dass wir „laut“ sein sollen. Wir – das sind alle Frauen. Alle Frauen, die Social Media haben, alle Frauen, die sich mit Hass gegen ihr Aussehen, gegen ihre Person und sogar ihr Umfeld auseinandersetzen müssen. Aber ist das wirklich so leicht? Und wo und in welcher Form findet Hass noch statt? Ein Kommentar.
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Nicht nur prominente Frauen erleben Hass
Ich bin 24 Jahre alt und arbeite seit ein paar Jahren in den Medien. Von Tageszeitung zum Radio bis hin zum Fernsehen habe ich mich durch einige Medienbereiche gearbeitet. Und leider war die Tätigkeit als Journalistin nicht immer leicht. Und das, obwohl ich hingegen zu Lola Weippert oder auch Collien Ulmen-Fernandes eine unbekannte Journalistin bin. Mich kennt man nicht – mir folgen nicht Tausende Leute auf Instagram. Und ich glaube, dass das auch gut so ist, denn ich bekomme vermutlich deutlich weniger Hass-Nachrichten als sie. Aber nur, weil einige Frauen unbekannter sind, als andere, heißt das nicht, dass man nicht auch Hass auf Social Media erfährt und oder auch auf der Straße.
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Weil ich einen türkischen Freund habe, muss ich mir öfter etwas anhören. Zusammen hatten wir drei Jahre lang einen True-Crime-Podcast. Von Nachrichten über mein Aussehen – obwohl es kein Video-Podcast war – bis hin zu Nachrichten, dass wir beide sterben sollen und zwei unterschiedliche Nationalitäten nicht zusammen sein sollen, war alles dabei.
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Beängstigender Anstieg von Hassnachrichten
Ich finde es wirklich bewundernswert, dass vor allem Lola Weippert sich aktiv erhebt und versucht, gegen den Hass im Netz anzugehen. Das schafft nicht jeder und das traut sich vor allem nicht jeder. Aber ist es nicht eigentlich traurig, dass solche Aktionen überhaupt notwendig sind? Wir sind im 21. Jahrhundert, da sollte Frauen-Hass doch eigentlich kein Thema mehr sein, oder?
Die Realität: Ist es aber. Und gerade durch Social Media und öffentliche Profile machen wir Frauen uns so angreifbar wie nie zuvor. Doch es ist nicht nur ekelhaft, es ist nicht nur traurig und gemein, was vermutlich Millionen Frauen in ihren Kommentaren und oder Direktnachtrichten lesen müssen. Es ist beängstigend.
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Ich habe vermutlich bisher „nur“ 20 oder 30 Hass- und Ekelnachrichten bei Instagram bekommen und trotzdem habe ich mit jeder Nachricht immer mehr Angst bekommen. Auch, wenn es meistens Accounts ohne Profilbild und Followern sind. Trotzdem stecken hinter diesen Accounts echte Menschen, die mir bewusst schreiben. Einmal schrieb mir jemand, dass er weiß, wo ich wohne. Und ich dachte mir „Ich bin ein niemand, ich bin unscheinbar und unbekannt. Wieso interessiert er sich dafür?“. Ja, es sind nicht nur die prominenten Menschen, die sich angreifbar machen. Wir alle sind angreifbar – anscheinend, weil wir Frauen sind.
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„Es passiert, wenn du eine Frau bist"
Gehen wir auf die evolutionäre Ebene. Sagt man über Frauen, dass sie oftmals ein emotionaleres Wesen als Männer haben und somit öfter ein höheres Angstempfinden haben. Und ich spreche mit dieser Aussage jetzt nicht für alle, da ich uns Frauen ja auch nicht heruntermachen möchte und nur für mein Umfeld und mich sprechen kann: Aber ja, wir haben öfter Angst. Wir gehen immer seltener ohne Pfefferspray im Dunkeln raus und wir sind hingegen weniger selten ekligen Blicken von älteren Männern in der Bahn ausgesetzt. Denn das ist der Punkt:
Es passiert nicht nur auf Social Media, es passiert auch „im echten Leben“. Es passiert nicht „nur“, wenn du prominent bist, es passiert, wenn du eine Frau bist.
Denn wir Frauen werden schief angeschaut, wir Frauen werden mit widerlichen Nachrichten angeschrieben, wir Frauen werden belästigt und wir Frauen werden immer wieder Opfer von solchen Aktionen. Warum?
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Mit Lola Weippert zusammen: Wir sind stark!
Das ist eine gute Frage. Eine Antwort kann ich darauf nicht geben. Aber egal, wie viel Angst ich habe, ich stimme Lola zu und genau deswegen möchte ich mit diesem Kommentar das machen, was sie fordert: Ich möchte laut sein. Ich möchte zusammen mit ihr laut sein, mit allen Frauen, die bereit dazu sind, laut zu sein.
Denn egal wie viel Angst manche von uns haben, egal wie schwach wir manchmal sind. Dadurch, dass wir Stück für Stück immer mehr darüber reden, sind wir stärker und mutiger als alle anderen.
Denn wir verstecken uns nicht hinter Accounts, wir schauen Leute nicht penetrant an. Wir sind laut und wir sind stark.