Nach möglichem Giftanschlag
Warum ist Roman Abramowitsch eigentlich bei den Friedensverhandlungen dabei?

Am Montag war ein Medienbericht aufgetaucht, der über mutmaßliche Vergiftungssymptome beim russischen Oligarchen Roman Abramowitsch und zwei Mitgliedern einer ukrainischen Friedensdelegation berichtete. An der Meldung, die mutmaßlich Moskau für die Vergiftung verantwortlich macht, gibt es mittlerweile viele Zweifel. Doch abgesehen davon, kommt noch eine andere Frage auf: Was macht der russische Oligarch und Milliardär Roman Abramowitsch eigentlich bei den Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland?
Abramowitsch gehört nicht zur offiziellen russischen Delegation
Auch bei den Verhandlungen am Dienstag in der Türkei war der russische Oligarch Abramowitsch dabei. Und das obwohl er gar nicht zur offiziellen russischen Delegation gehört. Was also macht ein russischer Milliardär bei den Friedensgesprächen? Welche Rolle nimmt er ein?
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte am Dienstag in einer Telefonkonferenz mit Reportern: "Roman Abramowitsch ist daran beteiligt, bestimmte Kontakte zwischen der russischen und der ukrainischen Seite zu ermöglichen. Er ist kein offizielles Mitglied der Delegation [...] aber dennoch ist er auch von unserer Seite heute in Istanbul anwesend." Um Kontakte herzustellen, sei die Zustimmung beider Seiten erforderlich, was im Fall von Abramowitsch zutreffe.
Russland-Experte Dirk Emmerich: Abramowitsch "ist mit beiden Seiten vertraut"
Abramowitsch war vom Westen wegen Moskaus Einmarsch in der Ukraine aufgrund seiner Beziehungen zu Präsident Wladimir Putin sanktioniert worden – vor allem von der EU, Kanada und Großbritannien – nicht aber den USA. Laut mehreren Medienberichten stehe der Besitzer des englischen Fußballklubs FC Chelsea nämlich zwischen beiden Seiten und würde eine so genannte „Vermittlerrolle“ einnehmen. Dafür spricht auch, dass Abramowitsch den Gewinn des Verkaufs des FC Chelsea dafür nutzen will, die Ukraine zu unterstützen.
Auch Russland-Experte Dirk Emmerich sieht das so. „Er vermittelt ganz offenbar.“ Abramowitsch kenne Putin gut und habe auch Verbindungen zum ukrainischen Präsidenten Selenskyj. „Also er ist jemand, der ist mit beiden Seiten vertraut und der pendelt offenbar die ganze Zeit zwischen Kiew und Moskau und versucht da hinter den Kulissen etwas zu bewirken.“
Laut einem Bericht der „Financial Times“ ist diese Rolle sogar von Putin persönlich abgesegnet.
Warum will Abramowitsch vermitteln?
Warum Abramowitsch diese Vermittlerrolle einnimmt, ist bisher nicht bekannt. Seitens Abramowitschs gab es bisher keine offiziellen Statements zu seiner Rolle in den Verhandlungssgesprächen. Spekulationen gibt es jedoch von mehreren Seiten. Laut eines Berichts der „Financial Times“ könnte Abramowitsch versuchen wollen, weitere Sanktionen des Westens gegen ihn verhindern oder verringern zu wollen.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, Abramowitschs Antrieb könnte seine persönliche Beziehung zur Ukraine sein. Seine Mutter wurde in der Ukraine geboren - und seine Tochter distanzierte sich in der Öffentlichkeit bereits klar von Putins Invasion.
Was genau dahinter steckt, kann vermutlich nur Abramowitsch selbst sagen. Auch ob seine „Vermittlerrolle“ Erfolg hat, ist bisher noch offen. Einen Hoffnungsschimmer gibt es jedoch: Nach den Verhandlungen am Dienstag in Istanbul will Russland seine Kampfhandlungen an einigen Orten in der Ukraine deutlich zurückfahren. (dpa/khe)