„Gisèle hat das nicht verdient“Dominique Pélicot gesteht schluchzend Vergewaltigungen seiner Frau

Dominique Pélicot sagt vor Gericht in Avignon aus
Dominique Pélicot gesteht, seine Frau vergewaltigt zu haben – zusammen mit all den anderen Männern, die mit ihm in Avignon vor Gericht stehen.
REUTERS
von Sabrina Suberg und Johanna Grewer

Es ist ein bisschen spät für diese Tränen.
Tagelang ließ sich Dominique Pélicot im Vergewaltigungsprozess in Avignon krank entschuldigen. Am Dienstag erscheint der Franzose dann überraschend wieder vor Gericht und beginnt seine Aussage mit einem Geständnis. „Ich bekenne mich aller Taten schuldig“, sagt der 72-Jährige weinend. „Ich bin ein Vergewaltiger, genau wie alle anderen, die hier angeklagt sind. Sie wussten alle Bescheid.“

Dominique Pélicot behauptet, er liebe Gisèle noch immer

„Gisèle hat das nicht verdient“, erklärt der Mann, der seiner Ehefrau all das angetan hat, dem Gericht. Dominique Pélicot soll Gisèle Pélicot immer wieder Betäubungsmittel ins Essen gemischt haben, damit sie nichts von den nächtlichen Vergewaltigungen bemerkte. „Ich habe alles kaputt gemacht“, schluchzt der Ehemann. „Ich war so verrückt nach meiner Frau. Ich habe sie so geliebt und liebe sie immer noch.“ Er sei glücklich und sorgenfrei gewesen. „Meine Frau hat ein Herz aus Gold, sie gab immer alles.“

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Die Frau mit dem „Herz aus Gold“, die er so sehr geliebt haben will, ließ er nachts von Dutzenden fremden Männern vergewaltigen und filmte die Taten. Die menschenverachtenden Verbrechen versucht er mit traumatischen Erlebnissen aus seiner Kindheit zu entschuldigen. Er sei beispielsweise als Junge im Krankenhaus missbraucht worden. „Was ich in meiner Kindheit erlebt habe, kommt immer wieder hoch. Es gebe „eine Seite A und eine Seite B“ in ihm. „Ich wollte niemandem wehtun“, sagt Dominique aus. Aber offenbar konnte er selbst dann nicht aufhören, als die Polizei ihn in einem Supermarkt erwischte, wie er anderen Frauen unter den Rock filmte.

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Neben Dominique Pélicot stehen noch 50 weitere Männer wegen Vergewaltigung vor Gericht.

Vergewaltigungen sollen wie eine Sucht gewesen sein

Er habe gewusst, dass die Polizei all die Vergewaltigungsvideos auf seinem Computer finden würde. Trotzdem empfing er wieder einen Mann und ließ den Fremden Gisèle vergewaltigen. Nach außen gab er dann den besorgten Ehemann. Dominique begleitete seine Frau, die durch die nächtlichen Vergewaltigungen und die Medikamente unter immer mehr neurologischen und gynäkologischen Problemen litt, zu Arztterminen. „Ich war zu süchtig und brauchte immer mehr“, sagt der 72-Jährige. Er sei süchtig nach seiner Frau gewesen und habe immer schlimmere Fantasien gehabt.

In einem Gutachten heißt es, dass es ihn sexuell errege, wenn jemand nicht bei Bewusstsein sei. Auch pädophile Neigungen werden bei Dominique nicht ausgeschlossen. Die Gefahr sei groß, dass er wieder zum Täter werden könnte. Dem widerspricht Pélicot vor Gericht. Er glaubt, dass er jederzeit mit den Missbrauchstaten und den Vergewaltigungen hätte aufhören können. Gleichzeitig sagt er aber auch: „Es war abscheulich. Die Sucht hat mich dahin gebracht.“

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Dominique Pélicot bekennt sich schuldig

Er selbst sagt, man werde nicht als „Perverser“ geboren, sondern werde es im Laufe seines Lebens. Er habe 2011 angefangen, viel vor dem Computer zu sitzen und sich einschlägige Inhalte anzuschauen, behauptet der Hauptangeklagte in Avignon. Damals lief es beruflich nicht gut für ihn. Aus seiner Sicht soll das die Taten ausgelöst haben. „Ich war der Patriarch und habe versagt“, sagt er über sich selbst.

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„Ich bin schuldig, was ich getan haben – an meiner Frau, meinen Kindern, Schwiegertöchtern und Enkeln“, erklärt der Mann, der nicht seine Frau jahrelang betäubt und anderen Männern zur Vergewaltigung überlassen hat. Auch von seiner Tochter und seiner Schwiegertochter soll er heimlich intime Fotos gemacht haben. Seine Schwiegertochter äußerte außerdem den Verdacht, dass Dominique seinen Enkel missbraucht haben könnte. Pélicot bestreitet das bei seiner Aussage. Er habe nie ein Kind angefasst, erklärt er.

Für Gisèle Pélicot sind die Aussagen kaum zu ertragen

Sandrine, die Ehefrau eines Mitangeklagten, bittet Pélicot um Entschuldigung. Er soll ihren Ehemann angestiftet haben, auch sie zu betäuben. Dann soll auch er die Frau nachts mehrmals vergewaltigt haben. „Ich weiß, was ich gemacht habe“, sagt Dominique Pélicot. „Ich arbeite daran“, versichert er. Er mache im Gefängnis eine Therapie und wisse, dass er noch einen weiten Weg vor sich habe. Was seiner Ex-Frau bei den Aussagen durch den Kopf geht, kann man sich nicht vorstellen. Es sei schwierig für sie, zu hören, was er vor Gericht sagt“, erklärt Gisèle Pélicot, als sie vom Richter danach gefragt wird.

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