Tränen beim Vergewaltigungsprozess in Avignon

Das Leid ihrer Mutter bricht Caroline das Herz

Gisèle Pélicots Tochter Caroline im Gericht in Avignon
Caroline erscheint zum Vergewaltigungsprozess gegen ihren Vater Dominique Pélicot.
Reuters
von Sabrina Suberg und Johanna Grewer

Die Tochter läuft weinend aus dem Gerichtssaal.
Ein Ermittler steht im Zeugenstand und erklärt dem Gericht: „Ich bin seit 33 Jahren bei der Kripo, aber diese Videos anzuschauen, war schrecklich“, erklärt er. Er spricht über die Aufnahmen, die Dominique Pélicot von sich und seinen 50 Mitangeklagten gemacht hat. Wenn schon erfahrene Ermittler das Grauen in dem Vergewaltigungsprozess von Avignon kaum aushalten, wie muss es dann für die Kinder des Hauptangeklagten und des Opfers sein?

Ermittler schildert das grauenhafte Ausmaß der Vergewaltigungen

Caroline ist es bei der Verhandlung am 10. September irgendwann zu viel. Der Ermittler spricht gerade über einen Angeklagten mit dem Pseudonym „der Motorradfahrer“, der im Video nur geflüstert habe. Er habe Erektionsprobleme gehabt und darum nicht geschafft, Carolines Mutter Gisèle Pélicot zu vergewaltigen. Auf dem Material sei aber zu sehen, wie er die bewusstlose Frau befummele. Da geht die 45-jährige Tochter aus dem Saal.

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Zuvor musste sie sich schon die Schilderungen anhören, wie ihr Vater einem anderen Mann erklärt hat, wie er seit Jahren seiner Ehefrau Betäubungsmittel ins Essen mischt und sie nachts von anderen Männern vergewaltigen lässt. Videoaufnahmen zeigen, wie Dominique Pélicot auch diese Frau vergewaltigt.

Dominique Pélicot ließ Ehefrau Gisèle jahrelang von Fremden vergewaltigen
Gisèle Pélicot entschied, dass der Prozess gegen ihre Peiniger öffentlich stattfinden soll.
Reuters

Carolines Bruder David kann seine Wut im Gericht kaum zurückhalten

Sie musste sich die Ausreden anhören, die mehrere der Mitangeklagten im Polizeiverhör machen. Viele behaupten, nicht gewusst zu haben, dass Gisèle von ihrem Ehemann betäubt wurde. Sie hätten angenommen, sie habe einfach viel getrunken. Andere behaupten, Dominique hätte ihnen vor der Tat explizite Fotos seiner Frau geschickt, sie wären davon ausgegangen, dass sie mit den Handlungen einverstanden gewesen wäre. Ein Angeklagter wird vor der Tat aufgefordert, ein Penis-Foto zu schicken. Auch das deutet er angeblich als Zustimmung.

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Carolines Bruder David bleibt neben seiner Mutter im Gerichtssaal sitzen. Er hält seinen Kopf in den Händen und redet leise mit Gisèle. Auch er scheint Mühe zu haben, seine Gefühle zurückzuhalten. Er hält die Augen geschlossen und wirkt äußerlich ruhig. Ihm ist seine Wut aber im Gesicht abzulesen.

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Gisèle Pélicot war während der Vergewaltigungen betäubt

Denn auch er muss sich die Schilderungen des Ermittlers anhören, der darüber spricht, was die Mitangeklagten mit seiner Mutter gemacht haben – angeblich in dem Glauben, sie wäre damit einverstanden. Der Ermittler sagt aus, Gisèle sei auf allen Videos ganz offensichtlich nicht bei Bewusstsein gewesen. Es sei auch deutlich zu sehen gewesen, dass die wehrlose Frau Schmerzen gehabt hätte. Besonders schlimm seien die Vergewaltigungsszenen gewesen, bei denen Gisèle kurz vor dem Ersticken gewesen sei.

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Es ist erst der Anfang des ungeheuerlichen Prozesses. Bis mindestens Dezember soll weiter verhandelt werden. Den Geschwistern und auch ihrer Mutter Gisèle stehen also noch viele unerträgliche Verhandlungstage bevor.

Solltet auch ihr unter sexueller Gewalt leiden, findet ihr Hilfe unter der kostenlosen Hotline 08000 – 116 016 oder unter www.hilfetelefon.de.