Statistisches Bundesamt mit alarmierenden Zahlen
Rückgang bei neuen Auszubildenden in der Pflege

Eigentlich gab es Hoffnung für die geplagte Pflegebranche: Denn seit 2020 gibt es mit einer generalisierten Pflegeausbildung einen neuen Ausbildungsberuf. Die Zahl der neuen Auszubildenden lag im vergangenen Jahr aber dennoch deutlich unter der des Vorjahres.
Ein Rückgang um sieben Prozent
Pflegeberufe sollten endlich attraktiver werden und vor allem junge Menschen ansprechen – mit diesem Grundsatz hatte die Bundesregierung 2020 die Pflegeausbildung reformiert. Die generalisierte Pflegeausbildung war eine Maßnahme, um die ohnehin schon gebeutelte Branche zu reanimieren. Aktuelle Zahlen zeigen nun, dass der erhoffte Effekt ausgeblieben ist.
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Im vergangenen Jahr haben rund 4.000 Menschen weniger als im Jahr 2021 einen Ausbildungsvertrag in der Pflege abgeschlossen. Das sei nach - allerdings vorläufigen - Zahlen ein Rückgang um sieben Prozent, berichtete das Statistische Bundesamt am Dienstag. Während im Jahr 2021 noch 56.300 neue Ausbildungsverträge in der Pflege abgeschlossen wurden, waren es 2022 nur 52.300. Insgesamt waren im vergangenen Jahr 146.500 Menschen in der Ausbildung zum Beruf der Pflegefachfrau beziehungsweise des Pflegefachmanns.
Hoher Frauenanteil in der Pflege
Pflegeberufe sollten durch attraktive Maßnahmen deutlich diverser werden. Auch hier lässt sich erkennen, dass der Frauenanteil der Auszubildenden deutlich höher ist, als der, ihrer Männeranteil. Nach offiziellen Angaben besticht die Branche mit einem hohen Frauenanteil, der bei 76 Prozent liegt. Unter den neuen Auszubildenden des vergangenen Jahres waren 13.500 Männer und 38.800 Frauen.
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Aber: Die Ausbildung zur Pflegefachfrau beziehungsweise zum Pflegefachmann wird seit 2020 angeboten. Damals wurden die bis dahin getrennten Ausbildungen in den Berufen Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger sowie Altenpfleger zusammengeführt.
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Vollständige Daten liegen im Sommer vor
Noch liegen die vollständigen Daten der Studie allerdings nicht vor. Es gebe noch Datenlücken. Die vollständigen Zahlen werden voraussichtlich im Sommer veröffentlicht, hieß es. Während unter anderem Bremen, Rheinland-Pfalz und Sachsen davon ausgingen, dass es zu keinen größeren Abweichungen zwischen vorläufigen und endgültigen Ergebnissen kommt, gebe es bei den Ergebnissen in einigen anderen Bundesländern derzeit noch erhebliche Unsicherheiten.
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Die Vereinheitlichung der Ausbildung zur Pflegefachkraft habe sich als Strohfeuer entpuppt, sagte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Er sprach angesichts des Rückgangs der Ausbildungsverträge von einem bedrückenden Zeichen, dass die bisherigen Bemühungen nicht ausgereicht hätten, um den Pflegeberuf attraktiv zu machen.
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Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), bezeichnete die Einführung der generalistischen Pflegeausbildung als schweren politischen Fehler. „Es ist höchste Zeit, mit den Trägerverbänden über Lösungen zur Absicherung und Weiterentwicklung der Ausbildungsstrukturen zu sprechen, die die Bedarfe der Langzeitpflege endlich angemessen in den Blick nehmen“, sagte er.
Viele Seiten schlagen Alarm
Experten befürchten vor allem Abgänge von ausgebildeten Fachkräften in Kliniken. „Schließlich ist der Verdienst in Krankenhäusern deutlich besser“, sagte Eugen Brysch. Zudem müsse alles getan werden, um den Nachwuchs langfristig im Job zu halten. „Angemessene Löhne reichen hier nicht aus. Neben verlässlichen Arbeitszeiten und einer guten Work-Life-Balance, müssen Berufsanfänger auch mehr Verantwortung übertragen bekommen.“
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Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) forderte unterdessen die Umsetzung der Reformen in der Pflege, die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbart worden waren. Mehr als vier Millionen Menschen würden zu Hause gepflegt, die meisten ausschließlich von Angehörigen.
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Der Bedarf an Pflegekräften wird in den kommenden Jahren deutlich steigen: Ende März war das Statistische Bundesamt in einer Berechnung davon ausgegangen, dass die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland allein durch zunehmende Alterung bis 2055 um 37 Prozent zunehmen werde. (rdr,dpa)
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