1.300 Mitarbeiter verlieren JobNach 100 Jahren: Traditions-Versandhändler ist pleite

Selten war ein Jubiläum wohl so traurig...
Die traurige Nachricht betrifft nicht nur die treuen Kundinnen und Kunden, sondern auch 1.300 Beschäftigte am Standort Pforzheim.
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Bis Ende Januar 2024 geht's weiter
Der vor allem für Mode bekannte Versandhändler Klingel stellt wegen Insolvenz seinen Betrieb Ende Januar 2024 ein.
Es sei kein Investor für die Gruppe gefunden worden, teilte das Pforzheimer Unternehmen mit.
Kundinnen und Kunden können weiter Waren bestellen. „Auch die Abwicklung von Retouren sowie alle sonstigen Serviceleistungen sind bis ins Frühjahr 2024 sichergestellt“, erklärt Klingel.
Lieferanten und Dienstleister würden in dem Eigenverwaltungsverfahren weiterhin bezahlt.
1.300 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs
Die Entscheidung ist für die rund 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für die Stadt Pforzheim ein Desaster, erklärt ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi dem SWR.
Wie der Radiosender weiter berichtet, sollen die Beschäftigten noch diese Woche die Kündigung erhalten. Für einen Teil der Mitarbeiter werde das Arbeitsverhältnis bereits im November 2023 enden, manche werden noch bis zu Betriebsende im Januar 2024 angestellt bleiben. Ein verbliebener Rest der Belegschaft soll danach unter anderem Retouren bearbeiten.
Die Verantwortlichen haben in den vergangenen Tagen Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern geführt und einen Sozialplan sowie Interessenausgleich abgeschlossen. „Diese Entscheidung ist uns allen nicht leichtgefallen, aber es gibt leider keine Alternative“, erklärte die Geschäftsführung.
2023 Krisenjahr für Modehandel
Im 100. Jahr nach seiner Gründung hatte der Versandhändler im Mai ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung angemeldet. Als Gründe wurden unter anderem die deutliche Konsumzurückhaltung seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine, erheblich gestiegene Kosten etwa für Katalogproduktion und -versand sowie eine notwendige Umstellung der IT-Systeme im zweiten Halbjahr 2022 genannt.
Mit Klingel trifft es den nächsten bekannten Modehändler. Allein im Jahr 2023 mussten bereits zahlreiche Modeketten Insolvenz anmelden.
Der Modehändler Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf (P&C) hat im März ein Schutzschirmverfahren beantragt. Alle 67 Verkaufshäuser in Deutschland sowie der Online-Shop bleiben ohne Einschränkung geöffnet, betont das Unternehmen.
Der Bekleidungshersteller Gerry Weber aus Halle in Westfalen steckt ebenfalls wieder in der Krise. Erst vor drei Jahren konnte nur ein Insolvenzverfahren das Traditions-Unternehmen retten. 149 Filialen und 28 Outlet-Stores von Gerry Weber stehen seit April auf dem Prüfstand.
Ebenfalls im April musste der Herrenmodehersteller Ahlers an wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anmelden. Zu dem Unternehmen gehören die Marken Baldessarini, Pierre Cardin, Pioneer und Otto Kern.
Ende Mai musste die Modekette Hallhuber aus München Insolvenz anmelden. Das letzte Mal geriet das Unternehmen erst vor zwei Jahren in eine finanzielle Schieflage.
Im August hat der fränkischen Versandhändler Madeleine Insolvenz angemeldet. Ziel sei es jetzt, das Sanierungsverfahren in wenigen Monaten mit dem Einstieg eines Investors abzuschließen, die Marke neu auszurichten und das Geschäftsmodell zu digitalisieren
Nach den geänderten Einkaufsgewohnheiten in der Corona-Pandemie trifft die Branche nun die hohe Inflation und die Kaufzurückhaltung der Verbraucher. Für die Unternehmen ist es ein Spiel auf Zeit und die Hoffnung, dass die Inflation weiter zurückgeht und die Kunden mit steigenden Gehältern auch wieder mehr Geld ausgeben. (mit dpa)
































