25-jähriger Landwirt gerät in Mähdrescher

Not-OP auf dem Acker! Feld-Chirurg: "Es gab nur eine Chance"

von Annika Redmer

„Der junge Mann war in einem Korntank in einem Mähdrescher schwerst bis zur Hüfte eingeklemmt“, erzählt Prof. Dr. Clemens Schafmayer im Gespräch mit RTL. Der 48-jährige Chirurg wurde am Samstag mit einem Helikopter zur Unfallstelle geflogen. Dem 25-Jährigen müssen die Beine amputiert werden – für die Ärzte und Rettungskräfte eine herausfordernde Situation.

Junger Mann gerät mit den Beinen in den Mähdrescher

Es ist Samstagnachmittag auf einem Feld bei Hohen Luckow im Landkreis Rostock: Der 25-Jährige, der den Mähdrescher bedient, will laut Polizei den halbvollen Bunker der Maschine leeren. Dabei stellt er fest, dass eine Zuführung durch Getreide verstopft ist. Beim Versuch, das Getreide aus der Zuführung zu entfernen, rutscht der Landwirt mit seinen Beinen in zwei gegenläufig drehende Förderschnecken.

Ein Passant hört seine Schreie. Schnell ist Hilfe vor Ort: „Die Feuerwehr und der Notarzt mit Hubschrauber aus Güstrow haben versucht den jungen Mann dort zu befreien und nach circa eineinhalb Stunden war klar, dass das, egal was da noch weiter gemacht wird, nicht gelingt“, erzählt Prof. Dr. Clemens Schafmayer im Gespräch mit RTL.

Prof. Dr. Schafmayer ist Teil des Amputationsteams

„Der Gesundheitszustand des jungen Mannes hat sich verschlechtert und dann ist hier bei der Uniklinik in Rostock nachgefragt worden, ob wir erstens Blut an die Unfallstelle bringen können und zweitens ein Amputationsteam“, erzählt Schafmayer. Der 48-Jährige wird zu einem Einsatz gerufen, den er so noch nie erlebt hat: „So eine Anfrage, die kommt vielleicht alle 20 Jahre mal vor, das ist schon sehr selten.“ Nach diesem Anruf geht alles ganz schnell.

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Prof. Dr. med. Clemens Schafmayer ist Teil des Amputationsteams gewesen. Zusammen mit anderen Ärzten und Kräften konnte er dem 25-Jährigen das Leben retten.
Prof. Dr. med. Clemens Schafmayer ist Teil des Amputationsteams gewesen. Zusammen mit anderen Ärzten und Kräften konnte er dem 25-Jährigen das Leben retten.
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Gefäßchirurgin wird ebenfalls zum Unfallort geflogen

„Mir war klar, dass wenn jemand so schwer eingeklemmt ist, dass wir irgendwie gucken müssen, dass wir die Gefäße auch abklemmen müssen“, erklärt Schafmayer. Deswegen lässt er die Oberärztin der Gefäßchirurgie von der Polizei von zuhause abholen – sie wird auf schnellstem Wege zum Hubschrauberlandeplatz gebracht. In der Zwischenzeit packt der 48-Jährige zusammen mit den OP-Schwestern ein paar Sachen ein. Mit dem Hubschrauber geht es dann für das Team zum Unfallort.

Im Video: Ärzte amputieren Beine von Landwirt auf Acker

"Es gab nur eine Chance"

Vor Ort sind schon seit etwas mehr als einer Stunde der Notarzt, die Feuerwehr und die Polizei. Der Einsatzleiter schildert Prof. Dr. Clemens Schafmayer die Lage. „Dann haben wir mit dem Notarzt zusammen überlegt, wie man ihn da raus bekommt und es gab nur eine Chance: Entweder er stirbt dort vor Ort oder wir kriegen ihn da raus“, erinnert sich der Chirurg. Der junge Mann ist zu dem Zeitpunkt noch ansprechbar – der Notarzt gibt ihm Medikamente gegen die Schmerzen und entscheidet dann ihn in Narkose zu legen und die Beine zu amputieren. „Und dann mussten wir ihn dort rausschneiden“, so Schafmayer.

OP unter schwersten Bedingungen

Es ist eine Teamleistung: Ein weiteres OP-Team wird noch mit dem Hubschrauber eingeflogen sowie mehrere Blutkonserven. Nur durch eine kleine Öffnung können die Chirurgen den Patienten sehen und operieren. „Das ist halt eine totale Improvisation und [...] wir haben nur eine kleine Taschenlampe gehabt.“ Die Überlebenschance sei sehr gering gewesen, normalerweise müssten Schwerstverletze innerhalb einer Stunde ins Krankenhaus, der junge Mann sei fast drei Stunden lang eingeklemmt gewesen, so der Arzt weiter. Doch dank der Teamarbeit schaffen die Ärzte es. „Wenn das nicht alles gewesen wäre und alle so unkompliziert und pragmatisch zusammengearbeitet hätten, dann hätte der junge Mann niemals überlebt und er hat überlebt“, erzählt der Professor.

"Er hat sich bei uns allen bedankt"

Es ist ein Einsatz, den der 48-Jährige sowie das gesamte Einsatzteam so schnell nicht vergessen werden: „Wir sind auch alle perplex: [...] der Patient hatte vor zwei Tagen am Samstagabend eigentlich kein Blut mehr und wenig Kreislauf [...] und heute hat er sich bei uns allen bei der Visite bedankt“, erzählt der Rostocker Chirurg im Gespräch mit RTL. „Der Einsatz hat mich sehr berührt, aber es ist es ist immer eine riesen Teamleistung und ich habe höchsten Respekt vor dem, was der Notarzt geleistet hat, was die Feuerwehr dort geleistet hat, was die Polizei geleistet hat und was das Land Technik Unternehmen dort geleistet hat“, erzählt der 48-Jährige abschließend.