Psychologin und Sozialpädagoge mit anderen Ansätzen

Nach Tod von Luise F. (†12): Knast für mordende Kinder?

Psychologin: Das könnte dahinter stecken Der Fall Luise - Wenn Kinder Kinder töten
02:46 min
Der Fall Luise - Wenn Kinder Kinder töten
Psychologin: Das könnte dahinter stecken

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Diese Tat schockiert. Luise F. (†12) aus dem nordrhein-westfälischen Freudenberg ist tot, erstochen von ihren Klassenkameradinnen (12 und 13). Nach RTL-Informationen sollen sie die Zwölfjährige aus Rache getötet haben. Während jetzt viele eine Herabsetzung des strafmündigen Alters fordern, hat Dr. Rüya Kocalevent einen alternativen Vorschlag. RTL sprach mit der Diplom-Psychologin aus Berlin und dem Sozialpädagogen Thomas Sonnenburg.

Persönlichkeitsmerkmale der Kinder ausschlaggebend

„Man weiß aus den Biographien früherer kindlicher Täterinnen, dass die Summe der Risikofaktoren entscheidend ist“, so die Expertin. Zum einen könnte es familiäre Probleme geben. Das heißt: „Gewalterfahrungen, Vernachlässigung, möglicherweise auch Substanzabhängigkeiten.“

Zum anderen könnten aber auch Persönlichkeitsmerkmale der Kinder ausschlaggebend sein. „Das können Störungen der Impulskontrolle sein, Schulschwänzen, aber auch Störungen des Sozialverhaltens“, so Kocalevent. Diese wiederum könnten sich in Form von Tierquälereien oder Beschädigung von Eigentum zeigen. Im Fall Luise F. war es noch schlimmer. Die Kinder töteten einen Menschen.

Lese-Tipp: Luise (12) umgebracht - Eltern in Freudenberg in großer Sorge um ihre Kinder

Einsatzkräfte in der Nähe des Fundsorts der Leiche, die am Samstagmittag in Freudingen gefunden wurde. / Verpixeltes Foto der vermissten Schülerin Luise F. (12)
Noch ist unklar, ob es sich um das vermisste Mädchen handelt. Wir haben das Foto, mit dem die Polizei nach der 12-Jährigen sucht, hier dennoch unkenntlich gemacht.
BLP/ Polizei NRW

Verpflichtende U-Untersuchungen statt Senkung des strafmündigen Alters

Zur Lösung schlägt die Psychologin vor, Kinder besser zu begleiten. „Wir sollten genauer hinschauen“, sagt sie. Es gebe die so genannten „U-Untersuchungen“ durch den Kinderarzt, die bis zum sechsten Lebensjahr verpflichtend seien. Dann gebe es aber eine große Lücke. Erst mit 13 oder 14 Jahre finde dann die „J1“-Untersuchung statt, bei der Auffälligkeiten untersucht würden. Zu spät für Luise F. – sie starb, weil jüngere Mädchen sie erstachen.

Deshalb empfiehlt Kocalevent darüber nachzudenken, zwischen sechs und 13 Jahren ärztliche Untersuchungen vorzuschreiben.

Lese-Tipp: U-Untersuchungen: Eine wichtige Vorsorge für Ihr Kind

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Wollten die Täterinnen Luise eine Abreibung verpassen?

Der Sozialpädagoge Thomas Sonnenburg weist zudem auf den Entwicklungsstand von Kindern in diesem Alter hin. „Die Mädchen sind nicht losgegangen, um zu morden“, da ist er sich sicher. Die Kinder hätten einen Streit gehabt, die beiden anderen wollten ihrem Opfer „eine Abreibung geben“. Aus diesem Grund hätten sie auch die Tatwaffe bei sich gehabt, glaubt Sonnenburg. „Aber dass es zu dieser schrecklichen Tat in der Endkonsequenz kam, haben beide Mädchen nicht gewollt“, sagt er eindeutig. „Da lege ich mich fest.“

Was die Mädchen jetzt bräuchten, sei eine Betreuung, „die wahrscheinlich bisher in ihrem Leben so nicht stattgefunden hat“, sagt der Experte. Die Täterinnen würden irgendwann verstehen, was sie getan hätten: „Immer wieder gibt es nach einer solchen Tat die Erkenntnis, dass Kinder komplett zusammenbrechen und traumatisiert sind für ihr ganzes Leben, weil sie irgendwann begreifen, was sie eigentlich getan haben.“

Im Video: Luise F. aus Freudenberg ist tot

Vermisste Luise (12) aus Freudenberg (NRW) ist tot Traurige Gewissheit
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Traurige Gewissheit
Vermisste Luise (12) aus Freudenberg (NRW) ist tot

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Kinder werden nicht ins Gefängnis kommen

Die Leiche von Luisa war am vergangenen Sonntag, 12. März in der Nähe eines ehemaligen Bahnhofs gefunden worden. Noch sind viele Fragen ungeklärt: So befindet sich etwa der Fundort nicht auf dem Heimweg des Mädchens. Ist die Zwölfjährige von den Täterinnen dorthin gelockt worden? Fest steht: Die beiden Kinder brachten Luise mit Messerstichen um. Trotzdem sind sie nicht strafmündig, können strafrechtlich nicht verfolgt werden. Das bedeutet: Die Täterinnen werden nicht verurteilt oder ins Gefängnis kommen. (dky/uvo/eon)