Experte erklärt, was Eltern wissen müssen

Die wichtigsten Impfungen für Babys und Kinder

Ein Baby schaut auf eine Spritze, mit der es geimpft werden soll
Erste Impfungen werden schon ab einem Alter von sechs Wochen relevant.
scyther5, iStockphoto

von Vera Dünnwald

Wenn die ersten Impfungen für das Baby anstehen, sind viele Eltern nervös: Wann muss man das erste Mal impfen? Was muss man beachten, damit eine Impfung ohne Komplikationen verläuft? Und was kann man tun, um den Kleinen den Stress durch einen schmerzhaften Piks zu erleichtern? Mit unseren Tipps sind Sie auf die Impfungen bei Ihrem Kind bestens vorbereitet. Allgemeinmediziner und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht erklärt zudem, gegen welche Krankheiten das Kleinkind unbedingt immunisiert werden sollte.

Ab welchem Alter sollte ich mein Baby impfen lassen?

Der Impfkalender der Ständigen Impfkommission (Stiko) gibt detailliert Auskunft darüber, wann Ihr Baby das erste Mal gegen verschiedene Krankheitserreger geimpft werden sollte. Der erste Piks kann dabei schon im Alter von sechs Wochen verabreicht werden. Bei Frühchen sollte man dem Baby allerdings noch etwas mehr Zeit geben, damit sich das Immunsystem erst vollständig entwickeln kann.

Generell gilt: „Die Impfungen sollten zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgen“, wie es im Impfkalender heißt. Dem stimmt auch Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht zu: „Nicht überlegen: ‘Man könnte jetzt schon, aber da steht ja auch noch, bis zu dem und dem Zeitpunkt’ – das ist nicht die richtige Überlegung. Immer zum frühestmöglichen Zeitpunkt impfen! Das Kind ist sonst nicht geschützt. Das hat so schon seinen Sinn.“

Außerdem wichtig:

  • Die Überprüfung des Impfstatus ist in jedem Lebensalter sinnvoll
  • Fehlende Impfungen sollten sofort, entsprechend den Empfehlungen für das jeweilige Lebensalter, nachgeholt werden
  • Jede Impfung sollte mit dem Kinderarzt besprochen werden

Lese-Tipp: Hilfe! Ich habe meinen Impfpass mitgewaschen – und jetzt?

Diese Impfungen sollten im ersten Jahr durchgeführt werden

Dr. Christoph Specht mit Impfpass Grafik
Dr. Christoph Specht erklärt, welche Impfungen für Babys und Kinder wirklich wichtig sind.
rtl, rtl.de

Die Grundimmunisierung im ersten Lebensjahr umfasst die Impfung Ihres Babys gegen folgende Krankheiten:

  • Tetanus
  • Diphtherie
  • Keuchhusten
  • Hib (Haemophilus influenzae Typ b)
  • Kinderlähmung
  • Hepatitis B
  • Pneumokokken

und Rotaviren. Die Impfung gegen die Rotaviren ist die allererste Impfung, die einem Baby verabreicht werden kann, in einem Alter von nur sechs Wochen.
Dr. Spechts Einschätzung dazu: „Sie kann bei dem ein oder anderen Kind schon Sinn machen, aber es ist grundsätzlich keine Impfung, bei der man sagt: Die muss jetzt unbedingt gemacht werden bei jedem Kind.“ Warum wird schon so früh geimpft? „Wenn es zu einer Rotavirus-Infektion kommt und diese Probleme macht, dann meist bei ganz kleinen Kindern.“ Ein Schutz mache also durchaus Sinn, sollte aber individuell entschieden werden.

Die anderen, oben genannten Impfungen zählen zu den wichtigsten Impfungen überhaupt und können „alle auf einmal, mit einer einzigen Spritze, quasi als einzige Impfung“ verabreicht werden. Dann spricht man von der 7-fach-Impfung. „Die würde ich auch genauso wahrnehmen“, sagt Dr. Specht. Warum? „Es macht keinen Sinn, sie aufzuteilen in der Annahme, das Immunsystem des Kindes würde sonst überlastet werden. Das ist großer Unsinn – auch wenn die Vorstellung an sich verständlich ist. Aber es ist halt falsch. Das Kind kommt jeden Tag mit tausenden von Antigenen in Kontakt. Da gibt es auch keine Überlastung. Hinzu kommt: Wenn ich die Impfung aufteilen würde, mit zum Beispiel zwei Wochen Abstand mittendrin, dann kann es eventuell zu Impfreaktionen kommen – zum Beispiel Fieber, Schmerzen an der Einstichstelle etc. – die dem Kind dann auch zu schaffen machen.“

Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Hib, Kinderlähmung, Hepatitis B und Pneumokokken sind „alles Impfungen, die man auch unbedingt haben sollte. Ich würde mein Kind definitiv mit allen impfen lassen“, so der Mediziner.

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Wenn keine Grundimmunisierung gegeben ist, kann es gefährlich werden

Entscheidet man sich gegen eine Impfung, kann dies mitunter ganz schön gefährlich werden: Bei Hib zum Beispiel, Haemophilius influenzae Typ b, handelt es sich um hoch ansteckende Krankheitserreger, die eine Hirnhautentzündung auslösen und schwerste Spätfolgen mit sich bringen können.

Poliomyelitis, die Kinderlähmung, ist eigentlich fast ausgestorben, flackere aber aus Ländern wie Afghanistan oder Syrien aufgrund der schlechten medizinischen Versorgungslage immer mal wieder auf, wie Dr. Specht erklärt. „Hier wird einfach nicht geimpft, weil Menschen um ihr Leben fürchten müssen.“

Auch die Impfung gegen Pneumokokken sei im Kindesalter – und aber auch bei älteren Menschen – essenziell. Menschen ab 60 Jahren sollten sich dementsprechend (nochmal) impfen lassen.

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Auffrischungsimpfungen in von der Stiko empfohlenen Zeitabständen sind also unabdinglich, damit überhaupt ein gewisser Schutz vorliegt.

Die einzige Impfung, die „häufig und großzügig durchgeführt wird“, ist laut Dr. Specht die gegen Tetanus: „Da denkt meist jeder dran. Entscheidend hierbei ist vor allem, dass die alten Leute, wie zum Beispiel die Oma, die mit ihren 85 Jahren im Garten arbeitet, geimpft werden. Denn die Viren tummeln sich im Erdreich und vielleicht liegt die letzte Impfung in diesem Fall einfach zu lange zurück. Je älter man wird, desto mehr sollte man dran denken“, empfiehlt der Mediziner.

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Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln ist äußerst wichtig

Ein kleiner Junge mit Windpocken.
Sie sind nervig und jucken: die Windpocken.
Dan Race - Fotolia

Ist das erste Lebensjahr abgeschlossen, sind weitere Basisimpfungen im Laufe des Lebens nötig:

  • Meningokokken C
  • Masern
  • Mumps/Röteln
  • Windpocken (Varizellen)
  • Herpes Zoster
  • HPV (Humane Papillomviren)
  • Influenza

Die Impfungen werden in Teilimpfungen vorgenommen und in regelmäßigen Abständen fortgeführt. Hier sollten Sie unbedingt mit Ihrem Arzt sprechen. Er kann Ihnen genaue Informationen zu den empfohlenen Zeitabständen geben.

Dr. Spechts Einschätzung: „Masern, Mumps, Röteln und gerne auch kombiniert mit Windpocken sind äußerst wichtige Impfungen. Sie sind die einzigen, bei denen ein Lebendimpfstoff zum Einsatz kommt. Hier werden lebende, aber äußerst geschwächte Viren, die sich nicht vermehren können, verabreicht.“ Besonders eine Masern-Impfung sei unabdingbar: „Eigentlich würde man gerne früher impfen, aber das geht nicht. Das Gute ist, dass die Kinder prinzipiell noch Antikörper von der Mutter haben – einen sogenannten passiven Impfschutz. Aber der hält natürlich nicht bis sie elf, zwölf Monate alt sind, sondern maximal sechs. Diese Lücke ist ein großes Problem, die Kinder befinden sich dann in einer sehr vulnerablen Phase.“ Hat man sich mit Masern infiziert, können Hirnerweichungen entstehen, die sich allerdings erst nach einigen Jahren feststellen lassen. „Die Kinder sterben dann zwischen 12 und 14 Jahren. Das muss keiner haben.“

Daher gilt: „Wenn man sich impfen lassen kann, sollte man den frühestmöglichen Zeitpunkt auch wirklich wahrnehmen. Impfungen verschieben, weil man denkt, sein Kind müsse erst noch reifer werden, ist völliger Blödsinn. Eigentlich, um es zu schützen, müsste es genau umgekehrt sein“, so der Mediziner.

Auch diese Impfungen sind sinnvoll

Eine Impfung gegen Meningokokken mache aus folgendem Grund Sinn: „Meningokokken C kommen gar nicht so häufig vor. Aber wenn man an dem gefährlichen Virus erkrankt, kann es problematisch werden. Ich würde mich daher dagegen impfen lassen.“

Bei Windpocken und Herpes Zoster scheint die Sache zunächst etwas komplizierter: „Wenn man als Kind Windpocken hatte oder dagegen geimpft wurde, dann liegt ein lebenslanger Schutz vor. Aber das gleiche Virus wiederum verursacht Herpes Zoster. Den kann man in jedem Fall auch als Erwachsener noch bekommen. Aber: Herpes Zoster können wiederum nur diejenigen kriegen, die schon mal mit Windpocken zu tun hatten. Windpocken sind also immer die Grundvoraussetzung, um Herpes Zoster zu bekommen.“ Eine Windpocken-Impfung macht bei Kindern Sinn, die Impfung gegen Herpes Zoster, die sogenannte Gürtelrose, ist laut Stiko für Menschen ab 60 Jahren sinnvoll.

Ebenfalls für Menschen ab 60 Jahren sinnvoll: die jährliche Grippe-Impfung, um sich vor Influenza-Viren zu schützen.

Das Alter der HPV-Impfung, die Impfung gegen Humane Papillomviren, hat sich nach vorne verschoben. Mittlerweile wird von der Stiko eine Altersspanne von neun bis 14 Jahren empfohlen. Doch eigentlich ist das Alter hierbei gar nicht so entscheidend, sondern die Tatsache, ob das Kind beziehungsweise der Jugendliche schon Geschlechtsverkehr hatte: „Gegen HP-Viren muss vor dem ersten Sexualverkehr geimpft werden, weil man davon ausgehen muss, dass schon beim ersten Mal HP-Viren übertragen werden. Sobald man Sex hatte, nützt die Impfung nichts mehr. Mit 20 oder 25 Jahren zu sagen ‘Ich impfe mich nochmal dagegen’, macht keinen Sinn. Wer aber mit zum Beispiel 18 Jahren noch keinen Geschlechtsverkehr hatte, der kann sich natürlich noch impfen lassen.“

Ihre Meinung ist gefragt!

Das Ergebnis der Umfrage ist nicht repräsentativ.

RS-Virus grassiert aktuell enorm - was tun?

Durch den sogenannten Rebound-Effekt holen aktuell viele kleine Kinder ihre Infektionen mit dem sogenannten RS-Virus nach. Die gute Nachricht: „Die Impfung kommt, die wird es demnächst geben. Das ist ganz aktuell“, erklärt Dr. Specht. Und das ist gut so, denn: „ Die Kinder leiden sehr darunter und können sogar am RS-Virus sterben. Ein erhöhtes Risiko liegt auch bei älteren Leuten vor.“

Was sind mögliche Risiken und Impfschäden bei Babys und Kleinkindern?

Nach einer Impfung kann der Körper mit Rötungen, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Fieber reagieren. Diese sogenannten Impfreaktionen sind allerdings in der Regel Anzeichen dafür, dass das Immunsystem mobilisiert wurde, was bei einer Impfung durchaus gewünscht ist. Wenn Sie unsicher sind, suchen Sie aber auf jeden Fall Ihren Arzt auf, um auf Nummer Sicher zu gehen, denn ein Kind kann auch Überreaktionen gegen Impfstoffe zeigen, die dringend einer Behandlung bedürfen.

Heftige Reaktionen und bleibende Impfschäden treten laut Robert Koch-Institut (RKI) sehr selten auf. Der von Impfgegnern oft genannte Autismus ist keiner der Impfschäden, die ein Kind davontragen kann. Dies wurde längst widerlegt; es wurden zahlreiche Studien hinsichtlich dieser Theorie durchgeführt. In keiner konnte bewiesen werden, dass Impfstoffe und Autismus im Zusammenhang stehen.

Auf was muss ich vor und nach der Baby-Impfung achten?

Baby bekommt eine Spritze
Impfungen können Leben retten.
picture alliance / blickwinkel/M, McPHOTOf

Der richtige Zeitpunkt: Idealerweise sollte die erste Impfung eines Babys am Vormittag erfolgen, denn dann bleibt einem noch der ganze restliche Tag Zeit, um das Kind zu beobachten. So kann man bei eventuellen Überreaktionen auf den Impfstoff oder sonstigen Komplikationen noch am selben Tag den Arzt aufsuchen.

Impfabstände einhalten: Zwischen zwei Impfungen sollte ein zeitlicher Mindestabstand von vier bis sechs Wochen eingehalten werden.

Impfpass: Bei der ersten Impfung Ihres Kindes erhalten Sie einen Impfpass – er muss bei Folgeterminen unbedingt mitgebracht werden, denn in ihm dokumentiert der Kinderarzt alle weiteren Impfungen.

Vorsicht bei kranken Babys: Wenn das Kind krank und fiebrig ist, sollte es nicht geimpft werden – das kann gefährlich werden. Lieber zwei Wochen warten, bis der kleine Körper sich vollständig von dem Infekt erholt hat. Auch von Menschen, die ansteckende Krankheiten haben, sollte man dann tunlichst Abstand halten. Das Kind könnte sich anstecken und dann beim Impftermin die Krankheit bereits in sich tragen, ohne dass man davon etwas bemerkt.

Ganz wichtig: Sollte Ihr Kind bereits bekannte Allergien oder auf einen Impfstoff schon einmal überreagiert haben, sollte die Folgeimpfung mit einem anderen Wirkstoff erfolgen.

Impfungen Babys: Wie gestalte ich das Impfen stressfrei für mein Kind?

Bei Impfungen von Babys ist Körperkontakt mit Mama oder Papa zur Beruhigung ganz wichtig – auch ein vertrautes Objekt, wie ein Schnuller oder Kuscheltier, hilft, den Stress so gering wie möglich zu halten.

Wenn das Kind schon etwas größer ist, sollten Sie es auf den Impftermin vorbereiten, damit es nicht plötzlich von einer schmerzhaften Spritze überrascht wird. Auf Mamas oder Papas Schoß zu sitzen, beruhigt natürlich zusätzlich – auch ein kleines Geschenk hinterher lässt eventuelle Tränchen schnell versiegen. Bunte Pflaster trösten ebenfalls und können hinterher stolz herumgezeigt werden.

Wenn Sie diese Tipps beachten, wird der erste Impftermin Ihres Kindes garantiert nicht zum stressigen Abenteuer – und es vergisst den kleinen Piks ganz schnell wieder.