Mediziner erklärt, wie ihr euch schütztWHO schlägt Alarm! Zahl der Masern-Fälle so hoch wie seit 27 Jahren nicht mehr

Masern zählen zu den gefährlichsten und ansteckendsten Infektionskrankheiten der Welt.
Umso erschreckender, dass sich die Zahl der Masernfälle in Europa und Zentralasien im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt hat – eine besorgniserregende Entwicklung! Mediziner Dr. Christoph Specht erklärt, wie wir uns schützen können.
Warum Masern hochansteckend sind
Ärzte dachten, die gefährliche Krankheit Masern fast im Griff zu haben, aber neue Daten zeigen eine erschreckende Entwicklung: Die Zahl der in Europa und Zentralasien gemeldeten Maserninfektionen war 2024 so hoch wie seit 27 Jahren nicht mehr. Das teilten die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das UN-Kinderhilfswerks Unicef mit. Demnach sind im vergangenen Jahr in der europäischen WHO-Region gut 127.000 Masernfälle gemeldet worden. Die höchste Zahl in der Region seit 1997!
„Die Masern sind zurück und das ist ein Weckruf”, wird Hans Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, in der Mitteilung zitiert. Ohne hohe Impfquoten gebe es keine Sicherheit für die Gesundheit, sagte Kluge demnach. In der WHO-Region wurden 40 Prozent aller registrierten Ansteckungen bei Kindern unter fünf Jahren festgestellt, gut die Hälfte der Erkrankten musste laut dem Bericht im Krankenhaus behandelt werden. Bislang wurden 2024 38 Todesfälle als Folge der Erkrankung gemeldet.
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Warum die Zahl der Masernfälle so stark steigt
Doch woran liegt es, dass die Zahlen immer noch so stark steigen? Zum einen waren die Impfquoten laut WHO aufgrund der Covid-19-Pandemie in den vergangenen Jahren insgesamt zurückgegangen; in vielen Ländern seien sie demnach noch nicht wieder auf dem Stand von vor der Pandemie. Diese Tatsache erhöhe laut der Mitteilung das Risiko für Krankheitsausbrüche.
Zum anderen gelten Masern als hochansteckend. „Das Masern-Virus ist vermutlich das ansteckendste Virus, was es überhaupt gibt”, bestätigt Mediziner Dr. Christoph Specht. Es brauche nur relativ wenig Viruspartikel, um sich zu infizieren. Die Krankheit wird durch die sogenannte Tröpfcheninfektion übertragen, also beim Husten, Niesen oder Sprechen. „Wenn jemand, der nicht geimpft ist, auf einen Erkrankten trifft, dann hat er ein ganz großes Risiko, sich mit Masern anzustecken”, so der Medizinjournalist. Das Virus löse bei fast allen ungeschützten Menschen Symptome aus. Dazu zählen Fieber, Husten und der typische Hautausschlag, der sich über den ganzen Körper ausbreitet.
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Auf was Eltern bei der Impfung von Babys achten sollten
„Leider haben die Vorbehalte gegen die Corona-Impfung bei Kindern und Jugendlichen dazu geführt, dass viele Eltern Impfungen generell kritischer gegenüberstehen.“ Das sei nicht gut. Denn laut Specht könnten die Masern tatsächlich ausgerottet werden, wenn sich jeder impfen lassen würde.
Für eine lebenslange Immunität ist eine zweimalige Impfung nötig. „Die erste Impfung erfolgt zwischen dem elften und 14. Lebensmonat, die zweite Impfung im Alter von 18 Monaten”, so Specht. Zu einem früheren Zeitpunkt mache die Impfung keinen Sinn. Grund dafür sind die mütterlichen Antikörper, die das Baby zu dem Zeitpunkt noch im Körper habe. Sie würden den Impfstoff bekämpfen. „Daher würden die Impfungen zu einem früheren Zeitpunkt nicht wirksam werden”, erläutert der Mediziner.
Immer mehr Eltern würden sich entscheiden, ihr Baby nur ein- statt zweimal impfen zu lassen. Dies sei jedoch sehr riskant. „Es gibt immer wieder Geimpfte, die nach der ersten Impfung gar keine Antikörper bilden”, erklärt der Experte. „Statistisch sind von 100 Kindern nach der ersten Impfung 95 geschützt, fünf aber eben nicht.” Diese hätten demnach gar keinen Schutz und dem Virus im Ernstfall nichts entgegenzusetzen. „Damit man alle erfasst, wird daher zweimal geimpft.”
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An welchen Symptomen ihr eine Masern-Infektion erkennt
Obwohl die Infektionskrankheit zu den typischen Kinderkrankheiten zählt, erkranken dennoch zunehmend Jugendliche und Erwachsene an Masern. Häufig ist der Krankheitsverlauf bei ihnen schwerer als bei Kindern. In der Regel gliedert sich der Krankheitsverlauf bei Masern in zwei Phasen: Zunächst führt die Erkrankung zu grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Halsschmerzen, Heiserkeit, Schnupfen und trockenem Husten. Auch Bauchschmerzen können auf Masern hindeuten.
Erst nach etwa drei bis fünf Tagen zeigt sich der typische Masern-Ausschlag: Zunächst bilden sich die bräunlich-rosafarbenen Flecken hinter den Ohren, um sich von dort über den ganzen Körper auszubreiten. Häufig geht der Beginn des Ausschlags mit hohem Fieber einher. Typische Symptome in dieser sogenannten Hauptphase sind Appetitmangel und ein starkes Krankheitsgefühl. Nach vier bis sieben Tagen verblasst der Ausschlag und die Haut beginnt, sich zu schuppen.
Eine Erkrankung zieht übrigens eine lebenslange Immunität nach sich: Wer einmal an Masern erkrankt ist, wird sie kein zweites Mal bekommen.
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Was Masern so gefährlich macht
Die meisten Masern-Erkrankungen verlaufen zwar harmlos, dennoch kann es zu Komplikationen kommen. Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt mit zunehmendem Alter. In den westlichen Industriestaaten wie Deutschland haben durchschnittlich etwa zehn bis 20 Prozent der Erkrankten mit Komplikationen zu kämpfen. Zu den häufigsten Folgeerkrankungen zählen dabei Mittelohr- und Lungenentzündungen. „In seltenen Fällen kann es nach einer durchgemachten Maserninfektion noch Jahre später zu einer Entzündung des Gehirns kommen”, erklärt Specht.
Die sogenannte sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) führe zu einer Aufweichung des Gehirns und verlaufe immer tödlich. Diese erleiden überwiegend Kinder im Alter bis vier Jahren, die als Babys oder in sehr frühem Alter eine Masern-Infektion durchgemacht haben.
Babys seien im Alter zwischen sechs und elf Monaten besonders gefährdet, sich zu infizieren. Denn in dem Alter lasse zum einen der sogenannte Nestschutz, also die Zahl der von der Mutter auf das Kind übertragenen Antikörper, nach. Zum anderen sei es noch zu früh für eine Impfung. „Diese Lücke, dieses vulnerable Fenster kann man nur dadurch überbrücken, dass diese Kinder mit niemandem Kontakt haben, der Masern hat oder haben könnte.“
Warum Impfungen Leben retten können
Damit verdeutlicht Specht, wie wichtig ein ausreichender Impfschutz der Bevölkerung zum Schutz der Schwächsten ist. Der Mediziner empfiehlt analog zur Ständigen Impfkommission (Stiko) folgenden Personengruppen eine einmalige Standardimpfung gegen Masern:
alle, die nach 1970 geboren sind und deren Impfstatus unklar ist
alle, die nach 1970 geboren sind und in der Kind nicht oder nur einmal gegen Masern geimpft wurden
Menschen, die vor 1970 geboren sind, hätten „die Masern zu fast 100 Prozent alle gehabt”.
Auch, wenn es sich bei Masern um eine ernste Erkrankung handele, lasse sich eine Ausbreitung durch einen guten Impfschutz in der Bevölkerung und die frühzeitige Erkennung von Masern-Erkrankungen eindämmen. Bereits drei bis vier Wochen nach der Impfung verfügen Geimpfte über einen ausreichenden Antikörper-Spiegel, der vor einer Erkrankung schütze. (mit dpa)
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