„Spätfolgen unbehandelter Adipositas verursachen wesentlich höhere Kosten”Influencerin fordert Kostenübernahme der Abnehmspritze

Kein Medikament in Deutschland ist so stark diskutiert wie die Abnehmspritze!
Ist es für die einen ein Medikament für „faule, dicke Menschen“, wie Influencerin Alina Ingwersen es in der Gesellschaft oft wahrnimmt, ist es für andere und sie das, was es braucht, um endlich gesund zu werden und den Schalter im Kopf umzulegen im Kampf gegen Übergewicht. Wie man dies erreichen kann, teilt die Berlinerin, die selbst 19 Kilo mit der Abnehmspritze Mounjaro verlor, jeden Tag mit ihren inzwischen knapp 44.000 Followern bei Instagram. Jetzt hat sie einen dringenden Appell an die Krankenkassen. Sie fordert: Die Kosten für die Spritzen müssen übernommen werden! Wir haben mit ihr und den Personen gesprochen, die am langen Hebel sitzen. Denn für die Übernahme müsste einiges passieren.

Die Abnehmspritze kostet bis zu 300 Euro monatlich

Praktisch erklärt: Menschen mit Übergewicht oder/und Diabetes erhalten beim Arzt ein Rezept für die Spritzen, wenn er die Medikation für richtig hält. Übernommen werden in der Regel die Kosten für Diabetiker, übergewichtige Menschen erhalten ein Privatrezept und müssen (in der Regel zwischen 170 und 300 Euro pro Monat) selbst zahlen. Viel Geld – auch für Gutverdiener. Doch den Zugang zur Spritze müsse jeder finden können, sagt Ingwersen, und sie ärgert sich besonders über die oberflächliche Meinung vieler: „Oft heißt es, die Gesellschaft müsse für ‚faule, dicke Menschen‘ Abnehmspritzen bezahlen. Das ist schlicht falsch. Mounjaro (eine der gängigen Abnehmspritzen, Anm. d. Red.) ist zwar für Menschen mit Typ-2-Diabetes und Adipositas zugelassen, wird aber nur in seltensten Fällen von den Kassen übernommen – und bei Adipositas praktisch gar nicht. Ich halte das für einen großen Fehler. Adipositas ist eine ernstzunehmende chronische Erkrankung, die meist nicht durch Faulheit entsteht, sondern durch psychische oder körperliche Ursachen. Es ist absurd, ein Medikament für diese Krankheitsbilder als ‚Lifestyle-Medikament‘ einzustufen. Und all jene, die fürchten, dass Betroffene der Gesellschaft ‚auf der Tasche liegen‘, sollten sich bewusst machen: Die Spätfolgen unbehandelter Adipositas verursachen wesentlich höhere Kosten – finanziell wie gesundheitlich.

Fakt ist: In Deutschland greift die Lifestyle-Regel nach § 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V, die sogar im Gesetz verankert ist. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung erklärt: „Danach dürfen Krankenkassen Arzneimittel, welche zum Abnehmen eingesetzt werden, nicht erstatten. Für uns ist grundsätzlich immer die aktuelle Gesetzgebung maßgeblich, die durch die Politik gemacht wird.“

Trotz guter Studienlage wird die Abnehmspritze eingestuft wie Viagra und Haarwuchsmittel

Heißt: Wird das Gesetz nicht geändert, dürfen die Kassen die Kosten nicht tragen, auch wenn die für eine Behandlung der Langzeitschäden von Adipositas deutlich höher wären. Aber ist das nach der heutigen Studienlage überhaupt noch der richtige Weg? Inzwischen wissen wir, dass neben möglichen Nebenwirkungen wie Übelkeit und Kopfschmerzen sowohl die Cholesterinwerte als auch der Blutdruck durch das Semaglutid und die Abnahme deutlich verbessert werden können. Gleichzeitig sind da die Folgen von Adipositas wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes Typ 2, Gelenkprobleme, ein erhöhtes Krebsrisiko und Stoffwechselstörungen. Für viele Patienten kommen psychische Belastungen wie Depressionen hinzu.

Lese-Tipp: Influencerin verrät die größten Fehler bei der Abnehmspritze

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Klingt nicht so richtig nach Lifestyle-Problemen. Deshalb wollen wir von ganz oben wissen, ob eine Änderung des Gesetzes mit dem heutigen Kenntnisstand denkbar wäre. Doch die Antwort des Bundesgesundheitsministeriums klingt erstmal ernüchternd: Die Abnehmspritze falle in das gleiche Segment wie „Arzneimittel zur Verbesserung des Haarwuchses, zur Behandlung der erektilen Dysfunktion oder zur Steigerung der sexuellen Potenz“, heißt es in der Mitteilung, die RTL vorliegt.

Und weiter: „Der Gesetzgeber hat diese sogenannten Lifestyle Arzneimittel von der Versorgung grundsätzlich ausgeschlossen, weil diese Arzneimittel nicht oder nicht ausschließlich der Behandlung von Krankheiten, sondern der individuellen Bedürfnisbefriedigung oder der Aufwertung des Selbstwertgefühls dienen.“ Aber: „Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) verfolgt die Entwicklung, Zulassung und Studiensituation neuer medikamentöser Optionen zur Prävention wie die GLP-1-Agonisten aufmerksam. Dabei sind für das BMG aussagekräftige Studiendaten für relevante Patientengruppen, zu langfristigen Auswirkungen auf insbesondere kardiovaskuläre Endpunkte und zur Langzeit-Sicherheit der Wirkstoffe von besonderem Interesse.“ Ein letztes Wort scheint hier also noch nicht gesprochen.

Verwendete Quellen: eigene RTL-Recherche, Instagram