Verschuldung als Jugendliche: 13-jährige Marleen hat Klarna-Schulden! Wie konnte das passieren?
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Eigentlich dürfen Jugendliche unter 18 Jahren keine Online-Käufe auf Raten abschließen. Die 13-jährige Marleen hat es trotzdem gemacht – und zwar problemlos über Klarna. Ihre Eltern wissen zunächst nichts von den Schulden ihrer Tochter. Unser Reporter Thorsten Sleegers hat die Familie besucht und ebenfalls mit Klarna gesprochen.
Alles begann mit der ersten heimlichen Bestellung auf der chinesischen Online-Plattform Shein. Marleen hatte dort eine Lieferadresse und eine E-Mail angegeben, mehr nicht. Als dann die Mitteilung über die noch unbezahlte Bestellung kam, habe Marleen den heimlichen Einkauf gebeichtet. Daraufhin hätten sie die Zahlung über das Klarna-Konto der Mutter abgewickelt.
Marleen: „Ich musste das selbst bezahlen. Deswegen habe ich es zusammengespart. Das waren nur 30 Euro. Dann bin ich zu meiner Mutter gegangen und habe gesagt ‚Du musst meine Bestellung bezahlen, dann gebe ich dir das in bar.‘“
Damit – so dachten Marleens Eltern – sei die Sache geklärt, doch weit gefehlt. Kurz darauf bestellt sich die 13-Jährige ein neues Handy für rund 40 Euro, ebenfalls bei Shein. Diesmal allerdings über ein eigenes Klarna-Konto. Die Sache fliegt auf, als ihr Vater die Post öffnet.
Vater von Marleen: „Dann haben wir einen Brief bekommen, dass sich Marleen ein Konto bei Klarna angelegt hat. Dann hat meine Frau da angerufen und gefragt, was da los ist. Denn wir haben gesehen, dass gleichermaßen das Geld von ihrem Bankkonto abgebucht worden ist.“
Spätestens da war klar: Marleen hatte sich – ohne Wissen der Eltern – ein eigenes Klarna-Konto eingerichtet und das Handy bestellt. Wieder über den Internet-Browser ihres alten Handys und drei Teilzahlungen. Diesmal gibt sie direkt die IBAN ihrer ahnungslosen Mutter an. Das Geburtsdatum ist gefälscht und die Lieferadresse das Haus der Oma im Nachbargebäude.
Reporter Thorsten Sleegers: „Wie bist du denn überhaupt vorgegangen?“
Marleen: „Solange man die App nicht hat, kann man auch so ganz einfach ein Konto erstellen und bezahlen. Nur man muss dann innerhalb 30 Tage bezahlen, damit keine Zinsen anfallen.“
Vater von Marleen: „Das Problem hat man immer mit einem pubertierenden Kind. Da muss man durch. Mir geht es nur darum, dass dieses Konto gelöscht wird.“
Bevor ich bei Klarna anrufe, möchte uns Jan Slavik demonstrieren, wie einfach so ein Bestellvorgang ist. Weil er es anfangs selbst nicht glauben konnte, hatte er mehrfach Testbestellungen über den Internet-Browser gemacht, das Ergebnis überrascht.
Reporter Thorsten Sleegers: „Sie sind jetzt über den Browser reingegangen, richtig?“
Vater von Marleen: „Ich habe auf Shein was angeklickt, habe Klarna angegeben als Zahlmethode und wenn ich drei Teilzahlungen klicke, gebe ich die IBAN ein. Dann kriege ich das geschickt.“
Reporter Thorsten Sleegers: „Heißt auch, man könnte eine willkürliche IBAN-Nummer angeben?“
Ich rufe den Kundenservice von Klarna an. Dort habe man zwar zugegeben, dass etwas mit der Identitätsprüfung schiefgelaufen sei, hatte mir Marleens Vater erzählt. Doch das Konto besteht immer noch.
Reporter Thorsten Sleegers: „Wir würden gerne helfen und schauen, an wem es hakt. Da möchte ich Ihnen gerne die Möglichkeit einer Stellungnahme geben.“
Klarna: „Ich muss einen Datenabgleich machen. Ich brächte auch die Handynummer der Tochter, dass ich auch die Fälle eröffnen kann.“
Wir geben alle erforderlichen Daten durch und erfahren, dass es bei kleineren Beträgen oft reicht, die Handynummer und E-Mail-Adresse zu bestätigen. Eine aufwendige Identitätskontrolle wie Ausweis- oder Selfie-Video-Prüfung werde nur bei erhöhtem Risiko oder größeren Beträgen verlangt.
Klarna: „Das hängt vom Händler ab, ob eine Identitätsprüfung stattfindet. Shein macht das nicht immer.“
Ich schicke noch eine E-Mail mit meinen Kontaktdaten hinterher und soll zeitnah eine Rückmeldung zu dem Fall bekommen.
Die Verbraucherzentrale warnt, dass Jugendliche durch gefälschte Daten beim sogenannten „Buy now, pay later“-Modell, etwa über Klarna, schnell in finanzielle Schwierigkeiten geraten können. Die einfache Teilzahlung vermittle den Jugendlichen oft ein trügerisches Gefühl von finanzieller Freiheit.
Dorothea Mohn (Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.): „Wir haben klare Regeln in Deutschland, dass keiner unter 18 Ratenkäufe oder Kredite aufnehmen darf. Hier ist das ein klarer Regelverstoß.“
Shein prüft bei Bestellungen mit Klarna in der Regel nicht eigenständig die Identität der Kunden, das hatte mir auch eine Mitarbeiterin an der Klarna-Hotline erklärt. Ziel sei es, den Bestellprozess möglichst schnell und einfach zu gestalten, um Kaufabbrüche zu vermeiden.
Dorothea Mohn (Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.): „Grundsätzlich trägt Klarna die Verantwortung. Am Ende sind die rechtlichen Regeln unklar, sodass es in der Praxis schwer ist, die Identität mit Sicherheit zu prüfen.“
Das bringe auch Betrüger auf den Plan, die gezielt solche Sicherheitslücken nutzen und auf Kosten anderer bestellen. Verbraucherschützer fordern daher klarere Gesetze, die regeln, dass und wie die Identität der Käufer festgestellt wird.
Im Fall von Marleen kommt endlich Bewegung in den Fall. Klarna äußert sich noch während meiner Dreharbeiten telefonisch.
Klarna: „Die bestellten Artikel müssen einmal gezahlt werden, dann können wir das Konto schließen.“
Rund 40 Euro sind jetzt noch offen. Die bezahlen Marleens Eltern.
Vater von Marleen: „Ich hoffe, dass Marleen daraus etwas gelernt hat.“
Der Fall zeigt, wie schnell junge Menschen beim Online-Shoppen in eine Schuldenfalle tappen können und dass es deutlich strengere Gesetze braucht, um Minderjährige genau davor zu schützen.

