Sie erleben den schlimmsten Alptraum – „mein Sohn/Tochter liegt nur noch im Bett". Sie fühlen sich im Stich gelassen – „die Ärzte kennen sich meistens gar nicht aus und helfen nicht".
Deshalb demonstrieren sie – „die Forschung braucht mehr Geld".
15. Oktober. Vor dem Bundesforschungsministerium hat die Patientenorganisation "Mein Kind kann nicht mehr" 200 Leichensäcke mit Namen von MECFS-Patienten abgelegt. Die meisten sind Angehörige, die endlich Unterstützung von der Politik wollen.
"Die Medikamente sind fast fertig. Es braucht nur Fördergelder, damit sie entwickelt werden können."
Auch Jonas wäre dringend darauf angewiesen. Um ihm im Bett ein wenig Abwechslung zu bieten, dekoriert sein Vater die Zimmerdecke immer wieder neu. Vor einigen Jahren konnte Jonas immerhin noch laufen und sprechen. Doch ausgerechnet seit einem Krankenhausbesuch bei einem offenbar schlecht informierten Arzt habe sich das geändert. Wir haben die Situation nach Christian Beierers Beschreibung nachgestellt.
Aus diesem Grund fordern viele Angehörige mehr Aufklärung. Denn obwohl zahlreiche Studien biologische Ursachen von ME/CFS und Veränderung in Gehirn, Nervensystem, Kreislauf und Immunsystem belegen, werden Patienten oft wie psychisch Kranke behandelt.
Ich besuche Kathis Mutter Ruth, die ihre Tochter seit anderthalb Jahren pflegt. Sie rechnet mir vor, dass ein zusätzlicher Pflegedienst, Medikamente und andere Heilmittel 2.500 Euro im Monat kosten. 900 Euro Pflegegeld bekomme die Familie.
Warum gibt es keine Aufklärungskampagne, warum müssen Patienten einen Großteil der Medikamente selbst zahlen? Warum ist offenbar monatelanger Schriftverkehr nötig, um ein wenig Unterstützung bei der Pflege zu bekommen? Das alles würde ich gern die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken fragen. Und stelle fest: Über das Thema wird offenbar nicht gern gesprochen. Seit sieben Wochen bemühe ich mich um einen Interviewtermin mit der Ministerin. Ohne Erfolg. Ich könne schriftliche Fragen einsenden. Auf die habe ich bis heute keine inhaltliche Antwort bekommen.
Ganz ähnlich das Bundesforschungsministerium. Hier bekomme ich trotz mehrmaliger Anfragen immerhin Antworten per mail.
Warum nicht mehr Geld in die Forschung gesteckt wird, möchte ich wissen. Das Ministerium verweist auf 64 Millionen Euro, die die letzte Regierung bereitgestellt habe.
Professor Klaus Wirth forscht nach einem Medikament gegen ME/CFS mit vielversprechenden Fortschritten. Das Geld von damals, sagt er, ist viel zu wenig.
Und so lange das so bleibt, werden Kranke weiter Tag für Tag ohne Hoffnung im Dunkeln liegen, werden ihre Familien weiter allein um sie kämpfen, und keine Antworten auf ihre Fragen haben.
Immer mehr Menschen in Deutschland sind betroffen. Und: Es kann jeden treffen.