Wir sind in Südkorea. Jeden Tag sind hier im ganzen Land rund 140.000 Polizeibeamte im Einsatz. Tag und Nacht sorgen viele von ihnen in der Hauptstadt Seoul für die Sicherheit der 9,6 Millionen Einwohner. Allein das macht sie zu einer der sichersten Städte der Welt. Und manche Polizisten sehen dabei so aus. Und das, obwohl ihr Job ohnehin zu den körperlich wie psychisch härtesten im Land zählt.
Die Polizisten sind meist sechs Tage die Woche im Dienst. An einem Tag arbeiten sie von sechs bis 21 Uhr, am nächsten Tag dann von 21 bis 6 Uhr. Viele sterben deshalb früh, weil sich die Dienste immer ändern, da gerät der Biorhythmus durcheinander. Sie bekommen Diabetes, Bluthochdruck und Herzinfarkte.
Für einen gesünderen Lebensstil gründet sich deshalb vor sieben Jahren diese Bodybuilder-Polizeieinheit mit rund 60 Mitgliedern. Inzwischen sind die landesweit bekannt. Einer von ihnen ist Jong-sun Chae. Wir treffen den 33-Jährigen einen Tag zuvor an seinem Arbeitsplatz, der Polizeistation. Eine von etwa 250 im ganzen Land.
Meine Aufgabe ist es heute, Patrouille zu fahren und nach dem Rechten zu schauen, wenn etwas gemeldet wird. Dann fahren wir dorthin und kümmern uns darum.
Es ist 8 Uhr morgens. Auf den Beinen ist Jong-sun Chae schon länger. Ohne 30 bis 60 Minuten Lauftraining startet er gar nicht in den Tag. Seit 2015 widmet er sich auch intensiv dem Bodybuilding, beginnt damit etwa zeitgleich mit seiner Ausbildung zum Polizisten. Nach drei Jahren wird er offiziell eingestellt und seitdem ist er im Einsatz.
Das Training und der Muskelaufbau haben mir geholfen, mein Selbstvertrauen zu stärken. Und beruflich gesehen ist ein großer und trainierter Körper einschüchternd. Das ist als Polizist hilfreich.
Die umfangreiche tägliche Patrouillen-Präsenz der Polizei ist ein Grund, warum die Hauptstadt Südkoreas so sicher ist. Eine 60 Stunden Woche ist dabei für den 33-Jährigen vollkommen normal. Sechs Tage die Woche geht er ins Fitnessstudio. Hier trifft er heute auch andere Kollegen der Mucki-Polizeieinheit.
Hi. Hi.
Hi. Wie geht's euch?
Normalerweise sind die Mitglieder in ganz Südkorea im Einsatz. Heute kommen ein paar von ihnen in Seoul zusammen, um gemeinsam zu trainieren und morgen an einem Fotoshooting teilzunehmen. Um ihre Zusammengehörigkeit zu symbolisieren, tragen sie für uns zunächst ihre Uniform. Polizistinnen arbeiten in Korea meist im Büro. Nicht so Hyun-joo Kwon. Vor fünf Jahren hat sich die Streifenpolizistin der Bodybuilder-Polizeieinheit angeschlossen und seitdem versucht sie, den Sport mit dem Familienleben zu vereinbaren. Ihr Monatsverdienst nach 20 Jahren Berufserfahrung: rund 2.600 € netto etwas weniger, als ein deutscher Streifenpolizist verdient.
Momentan arbeite ich immer bis 19 Uhr abends. Dann mache ich schnell das Abendessen für meine Kinder und trainiere dann noch zwei Stunden. Dann gehe ich heim, mache Wäsche, spüle ab und räum auf. So stelle ich sicher, dass ich meine Trainingszeit wirklich einhalten kann, da meine Familie sieht, wie viel Energie ich durch den Sport bekomme, unterstützen sie mich dabei.
Und wir fragen uns: Ist dieses Aussehen wirklich nur gutem Essen und perfektem Training zu verdanken? Oder wird da aufgrund des perfektionistischen Körperkults in Südkorea nachgeholfen?
Ich denke überhaupt nicht über Steroide nach. Nach dem Training nehme ich nur Nahrungsergänzungsmittel wie Proteine zu mir.
Na, das glauben wir dann mal so. Nach zwei Stunden ist das Training geschafft. Für Jong-sun Chaeo geht's danach noch weiter zur Nachtschicht. Am nächsten Tag ist es dann so weit. 32 der rund 60 Bodybuilder-Polizisten treffen sich hier mitten im Zentrum Seouls und zeigen ihre Muskeln. Aber nicht nur zur Show, sondern für den guten Zweck.
Für Kinder in Not stellen wir Polizeikalender her und verkaufen sie. Das Geld spenden wir dann.
5.000 Kalender wurden dafür bereits in den letzten Wochen produziert. Seit 2018 gibt es diesen Kalender. Um dafür die Werbetrommel zu rühren, werden die Polizisten heute von Initiator Sung-yong Park perfekt in Szene gesetzt. Seit 23 Jahren betreibt er selbst Bodybuilding. Ganz skurril: In Südkorea wird jedes Jahr der König der Verhaftungen gewählt. Er war es viermal in Folge. Angeblich, weil er so stark ist. Seine Popularität nutzt er nun.
Ich wurde in eine sehr arme Familie hineingeboren. Mein Vater starb früh, aber dank der Unterstützung der Regierung konnte ich auf die Grund-, Mittel- und Oberschule gehen. Jetzt möchte ich meinem Land etwas zurückgeben und selbst Kindern helfen, die arm aufwachsen, damit sie auch eine gute Bildung bekommen.
Und sein Plan, Aufmerksamkeit zu bekommen, geht auf. Innerhalb weniger Minuten versammelt sich eine Menschentraube.
Oh.
Sehr schön. Sehr sportlich. Sehr stylisch.
Die beschützen uns auf jeden Fall.
Oh mein Gott. Sie sehen so gut aus. Ich musste sofort herrennen und gucken.
Doch perfekt ist das hier für Sung-yong Park noch lange nicht.
Für die perfekten Fotos sollen sich die Beamten noch ein bisschen aufpumpen. Der Blutfluss muss angeregt werden, damit die Muskeln größer aussehen.
Also wird losgepumpt, aufgehübscht und eingeschmiert. Aber es geht hier um noch mehr als um Aufmerksamkeit. Sung-yong Parks Vater stirbt wegen gesundheitlicher Probleme bereits in jungen Jahren. Sein Ziel, Polizist zu werden, hat er nie erreicht. Und so möchte Sung-yong Park heute den Traum seines Vaters leben.
Es ist eine Tatsache, dass die Lebenserwartung bei Polizisten sehr kurz ist, weil man sich nicht viel bewegt und oft nachts arbeitet. Deshalb habe ich mit dem Sport angefangen, weil ich ein langes Leben als gesunder Vater für meine beiden Kinder führen möchte.
Die Kritik, die mit all dem Bodybuilding dennoch einhergeht, ist ihm egal. Stattdessen konzentriert er sich auf sein großes Ziel.
Ich träume von einem Weltpolizei-Kalender. Polizisten aus der ganzen Welt sollen sich in Korea versammeln. Da möchte ich Kalendermitglieder auswählen. Die Spendengelder sollen dann an die Vereinten Nationen und Flüchtlingsorganisationen gehen.
Und vielleicht schafft er das ja irgendwann. Bis dahin will er genau wie die anderen Polizisten seinem Extremsport treu bleiben. Nicht nur für Aufmerksamkeit, sondern um ein hoffentlich langes, gesundes Leben zu führen. Eine solche Einheit haben wir weltweit noch nie gesehen.