Bar, Karte, Bitcoin oder digitaler Euro?

Die Deutschen lieben ihr Bargeld - aber hat es bei uns eine Zukunft?

The girl takes euro banknotes out of her wallet. The concept of devaluation and inflation of the European currency
Wie werden wir in Zukunft bezahlen? Weiter überwiegend mit Scheinen, Münzen und Karten oder doch ganz anders?
iStockphoto
von Robin Hoffmann

„Keine Kartenzahlung möglich!“
Ein Schild mit diesem Hinweis lesen wir immer wieder an Türen von Geschäften. Oft sind es Bäckereien und kleinere Läden, die an der Kasse nur Scheine und Münzen akzeptieren. In skandinavischen Ländern sieht das ganz anders aus: Hier kann fast überall mit Karte bezahlt werden – oft auch viel lieber als mit Bargeld. Warum dort auf bargeldlose Systeme gesetzt wird und wie die Zukunft des Bezahlens bei uns aussehen könnte.

Mehr Digitalisierung – weniger Bargeld?

„Länder wie Schweden sind insgesamt bei der Digitalisierung viel weiter als wir in Deutschland. Dazu zählt letztlich auch das Bezahlverhalten“, sagt RTL-Digitalexpertin Frauke Holzmeier. Mit Bargeld werde laut schwedischer Zentralbank nur bei acht Prozent der Einkäufe bezahlt, so Burkhard Balz, Mitglied im Vorstand der Deutschen Bundesbank. Das schwedische Konzept sei aber auch nicht einfach so auf Deutschland übertragbar: Dort seien unter anderem viele Geldautomaten geschlossen und damit der Zugang zu Bargeld erschwert worden.

Wird das Bargeld in Schweden dann bald ganz abgeschafft? Dieses Gerücht gab es mal, soweit werde es dann aber doch nicht gehen, sagt Frauke Holzmeier. Das bestätigt auch Burkhard Balz: Ein Gesetz soll die großen Geschäftsbanken in Schweden sogar zum Angebot von Bargeld verpflichten.

Während in Deutschland die Sicherheit und der Datenschutz die wichtigste Rolle bei der Bezahlmethode spielt, steht bei den Schweden ein hoher Komfort an erster Stelle. Einfaches, schnelles und reibungsloses Bezahlen bevorzugen die Schweden an den Kassen und bei Überweisungen, so eine Studie des schwedischen Technologieunternehmens Fidesmo aus dem Jahr 2022.

"Keine Anzeichen" für bargeldlose Zukunft

„Für eine bargeldlose Zukunft gibt es keine Anzeichen“, so Balz. Bei rund sechs von zehn Einkäufen sei in Deutschland im Jahr 2021 in bar bezahlt worden. Eine Umfrage der Bundesbank hat ergeben, dass 69 Prozent der Befragten die Möglichkeit zur Bargeldnutzung ziemlich oder sehr wichtig ist. Vor allem bei kleineren Beträgen spielen Münzen und Scheine immer noch eine wichtige Rolle, zeigten Zahlungsverhaltensstudien der Bundesbank.

Für beide Bezahlmethoden gibt es Vor- und Nachteile: „Mit der Karte zu zahlen ist schnell und einfach“, sagt Holzmeier. Man spare Zeit, weil das Kramen nach Münzen und Scheinen wegfalle. Kindern müsse allerdings beigebracht werden, dass bei Kartenzahlung nicht unendlich viel Geld zur Verfügung steht. „Der Umgang mit Geld muss deswegen nochmal anders erlernt werden.“

Bargeld sei bei technischen Störungen oder Stromausfällen das einzig mögliche Zahlungsmittel, so Balz. Außerdem würden Daten auch nicht mit Dritten geteilt und die Privatsphäre geschützt werden. Allerdings sei es zum Beispiel beim Online-Shopping gar nicht möglich, bar zu zahlen.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Cash oder Karte? Stimmen Sie ab!

Bargeld vs. digitale Bezahlung: Pro und Contra

Barzahlung ist anonym. Kein Unternehmen kann Daten über das Zahlungsverhalten und den Kunden selber sammeln. „Das ist ein hohes Gut“, sagt Holzmeier. Für sie persönlich überwiegen aber die Vorteile der Kartenzahlung, weil sie zusammen mit einer Haushaltsapp einen guten Überblick über ihre Ausgaben hat. „Dadurch sehe ich genau, wofür ich mein Geld ausgebe.“

Die Herstellung von Bargeld kostet aber auch Geld: Zum Beispiel die Produktionskosten von Münzen und Scheinen, die Transportkosten zu Banken und Geschäften sowie der Betrieb von Geldautomaten. Das alles deutet auch daraufhin, dass Bargeld die Umwelt stärker belastet als digitales Bezahlen.

Ohne Bargeld würde der Staat mehr Steuern einnehmen, weil Schwarzarbeit eingedämmt würde. Außerdem würde die Zahl der Überfälle, zum Beispiel auf Supermärkte, zurückgehen.

Lese-Tipp: Geld sparen durch „Cash-Stuffing“

„Der digitale Euro ist wie Bargeld – nur eben digital“

In der EU wird gerade die Einführung eines digitalen Euros geprüft. Für das Vorstands-Mitglied Balz wäre die Einführung „ein logischer Schritt in die Zukunft“. Denn die Möglichkeiten für Bargeldzahlungen würden immer weniger, Beispiel Online-Shopping. „Der digitale Euro wäre auch risikofrei, allgemein zugänglich und einfach zu handhaben.“ Dieser könnte kostenlos für Zahlungen in Geschäften, im Internet oder zwischen Privatpersonen im Euroraum genutzt werden. „Der digitale Euro würde das Bargeld ergänzen, es aber nicht ersetzen.“

Diese Bezahlmethode sei wie Bargeld – nur eben digital. „Das Bezahlen funktioniert dann via Handy mit einer App in Sekundenschnelle selbst ohne Internetzugang“, so RTL-Digitalexpertin Holzmeier. „Die Einführung des digitalen Euros macht aber auf jeden Fall Sinn, weil wir unser Finanzsystem einfach ins jetzige Jahrtausend überführen müssen.“

Lese-Tipp: So viel Taschengeld sollte Ihr Kind bekommen

Wettbewerb von Bezahldiensten - wer wird sich durchsetzen?

Beim Blick auf die verschiedenen Bezahlsysteme ist ein regelrechter Wettbewerb ausgebrochen. Im Rennen sind unter anderem die riesigen Technologieunternehmen wie Apple und Google, die eigene Pay-Dienste anbieten. Aber auch der Online-Bezahldienst Paypal ist beliebt, vor allem bei Ein- und Verkäufen.

Absolut gesehen sei der Transaktions- und Umsatzanteil mit 3 Prozent beim Bezahlen mit dem Smartphone aber noch recht überschaubar, so Balz. „Die Beliebtheit von mobilen Bezahlverfahren ist aber vor allem bei jüngeren Menschen (unter 40 Jahre) zuletzt deutlich gestiegen.“ Für RTL-Digitalexperten Holzmeier ist klar: „Am Ende wird sich das System durchsetzen, das für die Konsumenten am einfachsten, günstigsten und schnellsten ist.“

Bezahlen wir bald mit Bitcoins?

Können Kryptowährungen, also digitale Währungen im Internet, wie Bitcoin in Zukunft zu einer echten Bezahl-Alternative werden? „Weder der Staat noch die EZB oder die Bundesbank den Bitcoin in absehbarer Zeit als Zahlungsmittel zulassen“, sagt Holzmeier. Denn: Die Kryptowährung schwankt sehr stark im Wert und ist deshalb ungeeignet als Zahlungsmittel. „Kryptowährungen wie der Bitcoin sind letztlich eine risikoreiche Anlageklasse – ähnlich wie Gold.“ Auch die Deutsche Bundesbank hält sie für den Zahlungsverkehr im großen Stil nicht geeignet.

Dass wir in Zukunft alles nur noch digital bezahlen und Scheine und Münze komplett aus unseren Geldbeuteln verschwinden, scheint aktuell fast ausgeschlossen zu sein. Wir können aber sicher sein, dass sich die Zahlungsarten weiter verändern wird. Vielleicht steht an manchen Laden-Eingängen irgendwann sogar: „Keine Barzahlung mehr möglich!“