Der Kampf mit der ständigen Angst

Corona ist ein Horrortrip für Zwangsgestörte - ein Betroffener erzählt

Sie sind alle Krebsauslöser: Viren, Bakterien, Radioaktivität. Für Menschen wie Stern-Journalist Kester Schlenz ist das jahrelang der grausame, unwirkliche Alltag. Ein Leben in ständiger Angst, denn er leidet an einer Zwangsstörung, die ihn bis in den Schlaf verfolgt. Die ständige und überzogene Angst vor potentiellen Gefahren begleitet ihn rund um die Uhr – ein unbarmherziges Gedanken-Karussell, das sich um alle nur denkbaren Krankheiten dreht.
Wie krass sich der Autor selbst einschränken musste, sehen Sie im Video.

Psychologin bestätigt: Corona fördert Angststörungen

Kester Schlenz hat es mit Hilfe seiner Psychologin Ulrike Lupke geschafft, die Krankheit weitgehend aus seinem Leben zu verbannen. Die Corona-Zeit, in der plötzlich alles Kopf steht und in der öffentlich alle Masken tragen, bedeutet für Menschen wie ihn aber nichts Gutes. Visuelle Reize überall, die seine Stabilität gefährden könnten, ihn vielleicht sogar in das alte Muster zurück katapultieren könnten. "Man kann nicht wegdiskutieren, dass es einfach das Leiden erhöht hat und die Anzahl der Erkrankungen“, sagt seine Psychologin. Corona ist für Menschen mit Zwangsstörungen der Horror und könne sie sogar hervorrufen und das ist oft erstmal schwer zu erkennen.

Kester Schlenz versteckt seine Krankheit lange

Für den 63-Jährigen, der schon als Kind eher ängstlich war, fing das Martyrium vor zwanzig Jahren an. Seine Gedanken eskalieren so sehr, dass er zum Sklaven seiner Angst wird. „Der Alltag wird zu einem ständigen Gefahrenherd. Und das ist etwas, was sehr mühsam ist“, sagt er und beschreibt, wie er zusätzlich jahrelang damit beschäftigt war, alles vor seinem Umfeld zu verbergen.

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Die Nächte sind dunkler als sonst

Als Folge der Zwangsstörungen folgt eine schwere Depression. Sie lähmt ihn, raubt ihm alle Lebensfreude. Tagsüber funktioniert er, ist erfolgreich im Job und ein glücklich verheirateter Familienvater. Doch in den Nächten nur noch: Kapitulation. Als die Krankheit dem Journalisten über den Kopf wächst holt er sich Hilfe. Er muss in eine psychosomatische Klinik, „in die Klapse“, sagt er selbst.

Eine Konfrontationstherapie hilft

Die Entscheidung, sich Hilfe zu holen, fiel Kester Schlenz sehr schwer. Erst nach einer längeren Therapeuten-Suche trifft er auf Psychologin Ulrike Lupke, die ihm zu dem Klinik-Aufenthalt geraten hat. Hier bekommt er eine Konfrontationstherapie und muss all das tun, wovor er vorher immer größte Angst gehabt hat. Das Gute: Es hilft und er wird wieder stabil.

Hilfe für Andere

Kester Schlenz hat seine Geschichte in einem Buch zusammengefasst: „Ich bin bekloppt“ heißt es. Er möchte darin andere Erkrankte ermutigen, sich Hilfe zu holen und auch Menschen wie ihm Mut machen. Gerade jetzt in der Corona-Zeit wird es auch für ihn wieder schwer und er steht vor neuen, alten Herausforderungen.

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