Gökdeniz A. trug schon vorher ein Messer bei sichAnissa (5) in Berliner Park erstochen: Babysitter (20) zeigt im Prozess keine Reue

Anissa wurde in einem Berliner Park getötet
Trauer um Anissa: Das Mädchen wurde in einem Berliner Park getötet.
Privat
von Samina Faizi und Sebastian Stöckmann

Die grausame Tat sorgte Anfang des Jahres für Entsetzen!
Der damals 19-jährige Gökdeniz A. soll die kleine Anissa (5) in einem Berliner Park erstochen haben – er war der Babysitter des Mädchens. Sein Motiv ist unklar, zu den Vorwürfen hat er sich bislang nicht geäußert. Auch im Prozess will er nicht aussagen und zeigte zu Beginn der Verhandlung am Berliner Landgericht keine Reue.

Anissa leblos Bürgerpark Pankow gefunden

Die Fünfjährige wurde am 21. Februar zunächst als vermisst gemeldet und später leblos in einem Gebüsch im Bürgerpark Pankow gefunden. Anissa starb im Krankenhaus. Am selben Tag nahm die Polizei Gökdeniz A. am Rande des Parks fest, er sitzt in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft dem inzwischen 20-Jährigen mit deutscher und türkischer Staatsangehörigkeit Totschlag vor. Sie geht davon aus, dass er siebenmal auf das Mädchen eingestochen hat.

Prozess in Berlin: Gökdeniz A. scheint alles nicht so schlimm zu finden

Anissas Mutter Sibel C.
Anissas Mutter Sibel C. beim Prozessauftakt am Berliner Landgericht.
RTL

Anissas Mutter Sibel C. kommt am Dienstag ganz in Schwarz gekleidet und mit Kopftuch zum Prozess. Während ihrer Aussage muss sie oft weinen, spricht ansonsten aber klar. Gökdeniz A. wirkt auf der Anklagebank entspannt. Er hört aufmerksam zu und scheint alles nicht so schlimm zu finden – von Schuldgefühlen keine Spur.

Sibel C. berichtet, dass sie den Angeklagten aus der Grundschule kennt. Jahre später – sie ist bereits Mutter – kommt sie in Berlin wieder mit Gökdeniz A. in Kontakt. A. hat zuhause schwere Probleme und sucht Anschluss. Die beiden unterstützen sich gegenseitig: Sie hilft ihm dabei, von seiner Familie loszukommen – er geht für sie einkaufen und passt ab und zu auf ihre Kinder auf.

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Anissas Mutter fand Küchenmesser bei Babysitter

Kurz vor der Tat fliegt Gökdeniz A. zuhause raus. Er rennt angeblich drei Tage lang in Parks rum und erscheint schließlich abgewrackt und durchnässt vor Sibel C.s Tür. Sie gibt ihn als Bruder aus und lässt ihn in die betreute Wohnung.

Er soll sich waschen und schlafen. Als Sibel C. seine Kleidung wäscht, entdeckt sie ein Küchenmesser. Er trägt es angeblich bei sich, um sich gegen seine Familie zu wehren. Als Anissas Mutter das Messer vor Gericht beschreiben soll, bricht sie das erste Mal in Tränen aus. "Es sah so aus wie ein Käsemesser, schwarz", erzählt sie. "Ich hätte es ihm eigentlich auch abnehmen können. Ich hatte es ja in der Hand. Aber ich dachte mir, jeder Idiot trägt heute ein Messer."

Gökdeniz A. habe ADHS, sagt Sibel C., sei aber "ein ganz normaler Junge" gewesen, der ihr leidgetan habe. Er soll nur dreimal auf ihre Kinder aufgepasst haben – erst nach Anissas Tod erfährt sie, dass es zuvor schon Vorfälle gab: Anissa wurde beim Waschen von Gökdeniz A. mit heißem Wasser verbrannt, eine jüngere Tochter Aliah in einen Koffer gesperrt. "Es gab halt nichts, das mir gezeigt hat: Da stimmt was nicht. Oder ich hab's einfach nicht gesehen."

Fünfjährige in Berliner Park getötet: Mutmaßlicher Täter beteiligte sich an Suche nach Anissa

Am Tattag geht Sibel C. gegen 13 Uhr mit Gökdeniz A. und allen Kindern zum Spielplatz. Anissa bekommt Hunger, ihre Mutter hat kein Geld dabei. Sie geht nach Hause, um essen zuzubereiten. Heute macht sie sich deshalb Vorwürfe: "Ich hätte ihm die Kinder nicht anvertrauen dürfen."

In ihrer Wohnung erfährt Sibel C., dass ein Polizeieinsatz am Spielplatz läuft und macht sich sofort auf den Weg zu ihren Kindern und Gökdeniz A. Nach einigen Minuten erfährt sie von Anissas Verschwinden und fährt gemeinsam mit Gökdeniz und der Polizei im Auto, um sie zu suchen. Dabei lotst Gökdeniz A. die Polizei bewusst in die falsche Richtung, glaubt Sibel C. heute. "Er wollte, dass wir sie nicht finden. Er wollte, dass sie verblutet. Ich hab ihn im Auto geschlagen und immer wieder gefragt: 'Gökdeniz, wie kann das sein?'"

Anissas Mutter tritt in dem Prozess vor einer Jugendkammer als Nebenklägerin auf. Für den Prozess sind insgesamt 16 Verhandlungstage eingeplant, ein Urteil könnte am 10. November fallen.