Schreckliche Bluttat in BerlinBabysitter (19) soll Anissa (†5) erstochen haben - Psychotherapeut: "Niemand wird als Mörder geboren"

Anissa war erst fünf Jahre alt und hatte keine Chance. Ein 19-Jähriger soll am Dienstag ein kleines Mädchen erstochen haben. Es wurde schwer verletzt im Bürgerpark Pankow gefunden und erlag seinen Verletzungen. Wie später bekannt wurde, soll es sich bei dem Teenager um den Babysitter der Fünfjährigen gehandelt haben. Gegen ihn wurde jetzt Haftbefehl erlassen. Warum tötet ein junger Mann ein hilfloses Kind? Im Interview mit RTL ordnete Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Dr. Christian Lüdke die Situation ein.
Berlin: Mädchen könnte Zufallsopfer des 19-Jährigen gewesen sein
Der mutmaßliche Täter soll zuerst noch auf die vier Kinder der bekannten Familie aufgepasst haben. Weil sich seine Mutter und die Mutter der Kinder kannten, sei der 19-Jährige schon häufiger deren Babysitter gewesen, heißt es. Doch diesmal kam alles anders. Mit der fünfjährigen Anissa, der ältesten Tochter, sei er dann weggegangen. Zu Begründung habe er gesagt, das Kind müsse zur Toilette. Er habe andere Menschen gebeten, auf die drei anderen Kinder aufzupassen. Der Deutsch-Türke sei dann ohne das Mädchen zurückgekommen und habe gesagt, er habe es verloren.
Laut Dr. Christian Lüdke ein Zeichen dafür, dass sich der Verdächtige keine große Mühe gegeben habe. Die Aussage „er habe das Kind verloren“ spreche für eine Tat im Affekt. „Vielleicht war das Mädchen ein Zufallsopfer“, sagt er. „Es kann sein, dass man in der Schule, in der Familie, mit der Freundin Ärger hat, diese aber als übermächtig empfindet und nicht gegen sie ankommt“, so Dr. Lüdke. Womöglich habe der 19-Jährige dann ein schwaches Opfer als Ventil benutzt. Doch auf der anderen Seite sei da das Messer, das darauf hindeuten könnte, dass die Tat sehr wohl geplant gewesen sein könnte.

19-Jähriger soll Mädchen mit einem Messer erstochen haben
Passanten fanden die Fünfjährige im Bürgerpark Pankow am späten Dienstagnachmittag (21. Februar). Ihr lebloser Körper war mit zahlreichen Stichwunden übersät. Kurze Zeit später verstarb das Kind im Krankenhaus. Die Staatsanwaltschaft veröffentlichte am Mittwochmorgen (22. Februar) weitere Informationen zur Tat: „Die Fünfjährige lag mit Verletzungen in einem Gebüsch des Bürgerparks Pankow, als die Zeugen sie gegen 17.40 Uhr entdeckten. Da die Verletzungen des Kindes auf ein Tötungsdelikt hindeuten, hat die 4. Mordkommission den Fall übernommen“, so die Staatsanwaltschaft Berlin in ihrer aktuellen Pressemitteilung. Nach RTL-Informationen wurde das Mädchen mit mehreren Messerstichen getötet.
Lese-Tipp: Mädchen (5) von Babysitter getötet – Anwohner unter Schock: "Ich will mir das nicht vorstellen"
Das Messer könnte eine Schlüsselrolle in dem schrecklichen Fall spielen. Denn es könnte darauf hindeuten, dass der 19-Jährige die Tat eben doch geplant hat. Man könne aus psychologischer Sicht nur Vermutungen anstellen, so Dr. Lüdke. Seine Theorie: „Jeder Mensch verfügt normalerweise über eine Impulskontrolle“, sagt er. Diese befähige einen Menschen dazu, sich selbst zu zügeln, wenn böse Gedanken aufkeimen würden wie „ich habe ein Messer und gehe damit auf meinen Chef los.“ Doch bei dem 19-Jährigen liege wohl eine „Impulskontrollstörung“ vor. Denn es habe viele Schritte und Zeit gegeben, um sich umzuentscheiden. „Er hat auf die Kinder aufgepasst, ist herausgegangen, hat ein Messer mitgenommen, ist in den Park gegangen“, erklärt Dr. Lüdke. Dass er trotzdem zugestochen habe, mache die Tat „sehr brutal“. „Das spricht für ein hohes Aggressionspotenzial.“ Doch warum entwickelte der junge Mann eine derartige Wut?
Im Video: Staatsanwalt im Interview
Psychotherapeut: "Kein Mensch wird als Mörder geboren"
„Kein Mensch wird als Mörder geboren“, stellt Dr. Lüdke klar. „Viele Täter kommen aus Familienverhältnissen, in denen sie sich nicht bedingungslos geliebt gefühlt haben“, sagt der Experte. „Seit 30 Jahren stelle ich meinen Patienten immer die gleiche Frage: ‘Fühlst du dich geliebt’?“ Viele Täter hätten das Gefühl, nicht geliebt oder wertgeschätzt zu werden. Dieser Eindruck könnte schon bei Kindern ab der dritten Klasse entstehen und sich manifestieren. Dabei entstehe oft Neid, weil man sehe, dass andere etwas haben, das man selbst nicht hat. Zum Beispiel Eltern, die einen von der Schule abholen. „Dabei entwickeln Menschen, die sich benachteiligt fühlen oft ein ganz eigenes Drehbuch nach dem Motto: ‘Wenn ich nicht geliebt werden, dann will ich wenigstens gehasst werden’“. Im schlimmsten Fall käme es dann zu Rachegedanken und zu Morden, weil man es anderen heimzahlen wolle, denen es besser gehe, so Dr. Lüdke. In seinem Buch „Profile des Bösen – und wie man sie erkennt“, beschäftigte sich der Psychotherapeut mit unterschiedlichen Persönlichkeitstypen, denen man begegnen kann. Wie der Fall aus Berlin zeigt, kann eben auch ein Bekannter der Familie mutmaßlich eine grausame Tat begehen.
Ermittlungen in Berlin laufen: Warum erstach der 19-Jährige mutmaßlich ein Kind?
Die Ermittlungen müssen jetzt zeigen, wie genau die Hintergrunde für den grausamen Tod der Fünfjährigen aussehen. Warum stach der 19-Jährige zu? Es laufen derzeit noch Ermittlungen und Verhöre bei der Berliner Mordkommission. Außerdem sind Kriminaltechniker am Fundort des Mädchens, um weitere Hintergründe zum Motiv der Tat zu ermitteln. Am Mittwoch (22. Februar) soll das Mädchen dann obduziert werden. „Die genauen Hintergründe der Tat sind Gegenstand der derzeit noch andauernden Ermittlungen“, erläutert die Staatsanwaltschaft weiter.