Jetzt doch?!
"Kann Sinn machen": Bundeskanzler Scholz erwägt Akw-Verlängerung

Die Abschaltung der Atomkraftwerke (Akw) war eigentlich beschlossene Sache. Laut Gesetzesgrundlage sollten alle drei Akws in Deutschland bis zum Jahresende 2022 vom Netz genommen werden. Doch der Streit um die weitere Akw-Nutzung tobt seit Wochen – vor allem aufgrund des Ukraine-Kriegs und der Abhängigkeit von russischem Gas. Nun hat sich auch Bundeskanzler Olaf Scholz offen für längere Laufzeiten der drei Atomkraftwerke gezeigt.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock lehnt Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke weiter ab. Dies sei keine Option für ihre Partei, sagt die Grünen-Politikerin im kanadischen Montreal, nachdem sich Scholz zu den Akws geäußert hatte.
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Olaf Scholz zeigt sich offen für Akw-Verlängerung
In Deutschland gibt es noch drei Atomkraftwerke (Akw):
Emsland in Niedersachsen,
Isar 2 in Bayern
Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg
Sie sind noch bis Ende 2022 im Betrieb – eigentlich. Zwar seien die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland ausschließlich relevant für die Stromproduktion und nur für einen kleinen Teil davon.
„Aber trotzdem kann das Sinn machen“, sagte der Bundeskanzler Scholz auf die Frage nach einer Verlängerung der Laufzeiten für die Akws. Entschieden werde auf der Grundlage eines Stresstests für die Stromversorgung, dessen Ergebnisse bald vorlägen.
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Umfrage: Sollen die Laufzeiten von Atomkraftwerken verlängert werden?
"Sehr, sehr strenger Stresstest" entscheidet über Akw-Verlängerung
Zur Begründung verwies Scholz unter anderem darauf, dass es „insbesondere in Bayern sehr langsam vorangegangen ist mit dem Ausbau der Windenergie“. Auch der Ausbau des Übertragungsnetzes in den Süden sei nicht so schnell vorangegangen wie geplant. Dies werde berücksichtigt in dem „sehr, sehr strengen Stresstest“ zur Stromproduktion in Deutschland.
Dieser Stresstest werde bald beendet sein. Daraus werde die Bundesregierung dann ihre Schlüsse ziehen. Scholz betonte: „Wir werden für ganz Deutschland handeln, wir werden alle Regionen Deutschlands bestmöglichst unterstützen, damit die Energieversorgung aller Bürgerinnen und Bürger und aller Unternehmen so gut es geht bestmöglich gewährleistet werden kann.“ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert einen Weiterbetrieb des Atommeilers Isar 2.
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Akw-Verlängerung - Dobrindt fordert mehrere Jahre
Fest steht: Die Laufzeit der drei verbliebenden Atomkraftwerke in Deutschland ist mehr als umstritten. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hält verlängerte Laufzeiten von Kernkraftwerken in Deutschland um mehrere Jahre für möglich. Auch andere Politiker von Union und von FDP forderten bereits deutlich längere Laufzeiten und nicht nur für einige Monate, um kurzfristig mögliche Stromengpässe im Winter zu überbrücken.
Für Klimaaktivistin Luisa Neubauer sei eine begrenzte AKW-Laufzeitverlängerung eine Option. Einen Beitrag zum Klimaschutz sieht Neubauer darin jedoch nicht. (jaw/reuters)