Abschiebung nach über 50 Vergehen?Serien-Straftäter muss mit Spuckschutzmaske ins Gericht!
Er schreit, er beleidigt und er tobt!
Zwei Justizbeamte halten die Arme des 30-jährigen Westafrikaners hinter seinem Rücken fest, eine Spuckschutzmaske verdeckt den Kopf des aggressiven Mannes. Er trägt Fußfesseln. Vor dem Amtsgericht Lüneburg muss sich Sadjo S. für neun Straftaten verantworten − insgesamt soll der Angeklagte aber über 50 begangen haben!
Sadjo S. fliegt wiederholt aus Gerichtssaal
Als der Richter nach seinen Personalien fragt, fängt der Angeklagte an zu schreien, beschimpft seinen Dolmetscher als Rassisten und den Richter als Drogendealer. Minutenlang kann sich Sadjo S. nicht beruhigen, tobt trotz Spuckschutzmaske und muss immer wieder aus dem Saal geführt werden. Der Angeklagte habe keine psychischen Beeinträchtigungen, stellt der Richter klar. Sadjo S. wollen mit seinem aggressiven Auftreten einfach nur die Verhandlung stören.
Dieses Verhalten ist keine Überraschung – der Angeklagte ist seit Jahresbeginn polizeibekannt, wurde fast täglich verhaftet. In dem beschleunigten Verfahren am Donnerstag (6. Februar) geht es konkret um neun Straftaten: Vorsätzliche Angriffe auf eine Bäckereimitarbeiterin und eine Polizistin, wiederholtes Essen in Restaurants, ohne die Rechnung zu zahlen, Bedrohung und Widerstand gegen Polizisten. Insgesamt soll der Serien-Straftäter jedoch über 50 Delikte begangen haben. Trotzdem kommt Sadjo S. in der Vergangenheit immer wieder frei.
Entscheidung über Abschiebung
Eine Stunde vor Beginn des Strafgerichtsprozesses beschäftigt sich das Amtsgericht bereits mit einer weiteren Frage: Kann Sadjo S. doch abgeschoben werden? Einen entsprechenden Antrag auf Abschiebehaft hatte das Gericht eine Woche zuvor abgelehnt. Begründung: Nicht alle rechtlichen Voraussetzungen seien erfüllt gewesen. Kurz darauf begeht Sadjo S. die nächste Straftat − und wird wieder vorläufig verhaftet.
Bei der erneuten Anhörung am Donnerstag (6. Februar) kommt der Richter zu einem anderen Ergebnis: Bis zum 20. März soll Sadjo S. abgeschoben werden. Alle Voraussetzungen dafür seien jetzt erfüllt, erklärt der Pressesprecher des Amtsgerichts Lüneburg, Bernd Gütschow. Den Abschiebeflug müsste zudem Sicherheitspersonal begleiten, Sadjo S. sei während des Abschiebeflugs zu fesseln und notfalls auch mit Medikamenten zu sedieren. Denn: Auch während des Anhörungstermins ist der 30-Jährige körperlich angespannt und schreit hochaggressiv und beleidigend herum, so Gütschow. „Eine vernünftige Kommunikation war nicht ansatzweise möglich.”
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Haftstrafe in Westafrika?
Auch im anschließenden Strafprozess fällt am späten Nachmittag ein Urteil: Sadjo S. wird zu einer zwölfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt − für acht der neun angeklagten Vergehen. Während der Urteilsverkündung bleibt der 30-Jährige ruhig, wirft aber ein, er habe nur sein Recht auf Essen wahrnehmen wollen. Es ist möglich, dass er die Haftstrafe in seiner Heimat Guinea-Bissau verbüßen muss. Denn innerhalb von sechs Wochen muss Sadjo S. im Rahmen des Abschiebehaftbefehls Deutschland verlassen. Die Zeit bis zum Abflug wird er im Gefängnis verbringen.