Manche verletzten sich selbst oder werden gefesselt
Seltener Einblick! Merle Abel erzählt, wie eine Abschiebung läuft
Es sind emotionale Szenen, die sie immer wieder erlebt!
Wenn Menschen aus Deutschland abgeschoben werden, ist Merle Abel stichprobenartig dabei. Die 36-Jährige arbeitet seit zwei Jahren als Abschiebebeobachterin am Hamburger Flughafen und dokumentiert, ob die Menschenrechte bei einer Abschiebung eingehalten werden. Welche Momente ihr besonders nah gehen, erzählt sie im Video.
Abel: „Leute sind nicht richtig gekleidet”
Mehrmals die Woche macht sich Merle Abel auf den Weg zum Hamburger Flughafen - meistens ganz früh morgens. Nach knapp zwei Jahren als Abschiebebeobachterin erkennt sie immer wieder Ähnlichkeiten. Weil viele Menschen zumindest vom Zeitpunkt der Abschiebung vollkommen überrascht werden - erzählt uns Merle Abel: „Es kommt zum Beispiel auch vor, dass
Leute auch gar nicht richtig gekleidet sind für das Wetter, also dass sie keine Jacke anhaben, dass sie nur Schlappen tragen und solche Sachen. Das sind Sachen, auf die ich so zuallererst achte im ersten Moment, wenn die Menschen aus dem Auto steigen.“
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„In akuten Fällen werden die Leute gefesselt”
2024 gab es laut Hamburger Innenbehörde 1746 Abschiebungen in der Hansestadt. So viele wie seit Jahren nicht mehr. 270 davon waren verurteilte Straftäter. Andere Gründe für Abschiebungen sind fehlende Asylgründe oder das Dublin-Verfahren: Wenn die Betroffenen zum Beispiel bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt hatten.
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Für viele keine leichte Situation, so Merle Abel: „Und es ist dann manchmal so, dass die Leute in Panik geraten oder eben Schwächeanfälle haben oder so etwas. Es gibt auch welche, die sich im Vorfeld selbst verletzt haben, also die mit frischen Schnittwunden zum Flughafen kommen, frisch verbunden und manchmal am Flughafen noch getackert werden müssen, weil die Wunden so tief sind. Und genau da achte ich besonders darauf: Wie ist der Umgang mit diesen Personen? Gibt es eine ärztliche Begleitung, wird ein Rettungswagen gerufen? In akuten Fällen werden die Leute gefesselt.”
Geschichte hinter den Abschiebezahlen
Die Aufgabe von Merle Abel ist es, Sichtbarkeit zu schaffen: Ihren Quartalsbericht bespricht sie unter anderem mit der Ausländerbehörde, der Bundespolizei und Menschenrechtsorganisationen, um den Prozess der Abschiebung zu verbessern, erzählt sie und: „Für mich ist ein wichtiger Aspekt die Transparenz und darüber zu sprechen, weil ich glaube, dass es
wichtig ist, in einer Demokratie in diesen abgeschirmten Bereich, der sonst eine totale Blackbox ist.”
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Abschiebebeobachterinnen wie Merle Abel gibt es in Deutschland an fünf von 14 Flughäfen, von denen abgeschoben wird. Sie selbst fordert, dass das Programm ausgeweitet wird. Um den Abschiebezahlen ein Gesicht, eine Stimme zu geben und die Geschichte dahinter zu erzählen.
Verwendete Quellen: RTL Nord