Chronische Erschöpfung reißt Richard aus seinem Alltag„Es gibt keinen Tag, wo es keine Symptome gibt“
Kopfschmerzen, massive Schlafprobleme und sogar Herzrhythmus-Störungen!
All das ist jetzt Alltag für Richard Mizel. Der 32-Jährige hat an ME/CFS, wie fast 600.000 andere Deutsche. Doch das Gesundheitssystem ist auf diese Krankheit nicht vorbereitet.
Wie Richards Leben mit der Krankheit aussieht, seht ihr im Video.
Jeder Reiz kann seinen Zustand verschlechtern
Von einem Tag auf den anderen ändert sich das Leben von Richard Mizel aus Burgwedel (Region Hannover) vollständig. Der sportliche Physiotherapeut erkrankt an Myalgischer Enzephalomyelitis, kurz ME/CFS. Bei der Krankheit sind das Nerven-, Immun- und Stoffwechselsystem gestört.
„Schlecht ist es leider immer. Es gibt keinen Tag, wo es keine Symptome gibt oder es annähernd gut ist”, erzählt er im RTL-Interview in seinem abgedunkelten Schlafzimmer. Denn jegliche Anstrengung, jeglicher Reiz könnte Richard zurückwerfen.
„Licht (…), Geräusche, aber auch schon Reden mit anderen Leuten. Also alles, was einen Reiz darstellt, ist zu viel.“ Selbst eine gut gemeinte Umarmung kann bei ihm zu einer massiven Verschlechterung führen.

250.000 Betroffene in Deutschland
ME/CFS wird auch chronisches Erschöpfungssyndrom genannt. Die Krankheit stellt eine erhebliche Herausforderung dar. In Deutschland sind etwa 600.000 Menschen betroffen. Die Zahl hat sich seit der Pandemie fast verdoppelt. Viele Patienten fühlen sich vom Gesundheitssystem im Stich gelassen. Auch Richard wird von Arzt zu Arzt geschickt, ohne eine klare Diagnose zu bekommen.
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Hausärzte kennen Erkrankung nicht
Nicole Krüger, die selbst an ME/CFS leidet und die Lost Voices Stiftung Niedersachsen gegründet hat, kritisiert: „Es ist so, dass das Gesundheitssystem diese Krankheit nicht gut kennt. (…) Also man findet keine Ansprechpartner. Hausärzte kennen die Erkrankung nicht, Kliniken sind nicht darauf vorbereitet.“ Ein Problem für Betroffene, denn bis sie für ihre Symptome eine Diagnose bekommen, kann es Wochen dauern.
Nicole Krüger leitet auch eine Online-Selbsthilfegruppe, in der sie immer wieder auf schwere Schicksale trifft. Das Problem sei, dass sie vielen Betroffenen nicht raten kann, ins Krankenhaus zu gehen, weil diese nicht auf die ME/CFS-Patienten ausgerichtet sind. „Oft kommen Menschen, die dann ins Krankenhaus gekommen sind, weil es gar nicht mehr anders geht, noch kränker zurück, als sie vorher schon waren.”
Kampf um Aufmerksamkeit für Erkrankte

Genau deshalb setzt sich ihre Lost Voices Stiftung Niedersachsen für Aufklärung und Forschung zu ME/CFS ein. Denn in Deutschland existiert keine medizinische, soziale und pflegerische Versorgung für Erkrankte. Die Stiftung möchte genau das ändern und die Krankheit ins Blickfeld des Gesundheitssystems rücken.
Für ME/CFS gibt es keine Heilung. Es gibt aber Berichte von Patienten, die wieder gesund geworden sind oder deren Symptome gelindert wurden.
Richard möchte weiterkämpfen
Auch Richard hat schon etliche Medikamente und Therapieansätze ausprobiert, dafür muss er aber immer selbst zahlen, da die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt. Einen fünfstelligen Betrag kostete ihn das seit Anfang des letzten Jahres.
„Noch ist es so, dass ich mich jetzt (...) nicht damit abfinden könnte, dass das jetzt quasi mein Schicksal ist”, sagt der 32-Jährige. Er kämpft weiter, mit der Unterstützung seiner Familie und Freunde. Und der großen Hoffnung auf Linderung seiner Krankheit.