Kampf gegen das VergessenHoffnung im Kampf gegen Alzheimer - neues Medikament im Einsatz

von Annalena Kirsten

Seit September gibt es in Deutschland ein neues Medikament, das für viele Alzheimer-Patienten große Hoffnung bedeutet: Leqembi. Es ist das erste zugelassene Mittel, das die Krankheit messbar verlangsamt und direkt an einer der Hauptursachen ansetzt.

Flüssige Hoffnung für Patienten

Im Uniklinikum Essen erhält Willi Glatki, einer der ersten Patienten Deutschlands, die neue Infusion. Der 76-Jährige bekam die Diagnose Alzheimer vor anderthalb Jahren. Das Vergessen macht seinen Alltag zunehmend zur Herausforderung. Es sind vermeintliche Kleinigkeiten: die verlegte Brille, der plötzlich unauffindbare Stammfriseur, das Werkzeug was eben noch da war, jetzt spurlos verschwunden ist. Glatki ist einer von rund 361.000 Menschen mit Demenz in NRW – die häufigste Form ist Alzheimer.

Wie Alzheimer das Gehirn verändert und der neue Wirkstoff helfen soll

Im Gehirn von Betroffenen entstehen sogenannte Amyloid-beta-Plaques. Eiweiße, die nicht ausreichend abgebaut werden. Die Folge: Sie verklumpen und legen sich um Nervenzellen im Gehirn. Die sterben dadurch nach und nach ab und können nicht wiederhergestellt werden. Für den Patienten bedeutet das: Gedächtnis, Konzentration und Denkvermögen werden immer schlechter. Das neue Medikament Leqembi enthält einen speziellen Antikörper. Der erkennt die Verklumpungen, bindet sich an sie und „markiert“ sie als schädlich. So soll das Immunsystem auf die gefährlichen Eiweiße aufmerksam werden und sie abbauen. Das Ziel: Es sammeln sich weniger dieser Plaques im Gehirn und Nervenzellen bleiben möglichst lange erhalten. Leqembi ist das erste zugelassene Medikament, das die Ursache und nicht nur die Symptome behandelt.

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Grenzen der Therapie

Heilen kann der Wirkstoff Alzheimer nicht. Bereits verlorene Gedächtnisleistung kommt nicht zurück. Die intravenöse Behandlung erfolgt alle zwei Wochen und ist zunächst auf 18 Monate ausgelegt. Pro Jahr kostet die Therapie rund 25.000 Euro – die Krankenkassen übernehmen die Kosten. Die EU hat den Wirkstoff im April erlaubt. Allerdings erst im zweiten Anlauf, denn das Mittel kann schwere Nebenwirkungen haben. Zum Beispiel Hirnblutungen. Der Kommission erschien das Risiko zunächst zu hoch, bei der Neubewertung urteilte sie, dass der Nutzen bei bestimmten Patienten aber überwiegen würde. Es gibt Menschen, die genetisch anfälliger für die Nebenwirkungen sind, für sie wird es Leqembi nicht geben. Generell ist das Medikament nur für Alzheimer-Patienten im Frühstadium. Der Wirkstoff soll die Hirnschädigung hinauszögern, reparieren kann er sie nicht. Der Diagnosezeitpunkt bleibt eine Herausforderung: Viele erhalten ihren Befund erst spät.